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Johann Gottlieb Fichte to Johanna Fichte

Jena, d. 30. Jun. 1794.
Ohnerachtet ich keine Zeit habe, so schreibe ich Dir doch, um Dir es unmöglich zu machen, wieder so zu klagen.
Wir sind ja vom Anfange an, nicht so übereingekommen, daß ich Dir alle 8. Tage schreiben solle; sondern so wie ich könne. Ich habe aber öfter geschrieben, als ich versprochen hatte; und nun habe ich diesen Dank? – Das ist nicht recht, und billig. Es ist Dir gar nicht unbekannt, daß unter allen möglichen Dingen in der Welt nichts mir ungelegner ist, als unbillige, und unnöthige Klagen. – Du hast überdem keinen Brief eben darum bekommen, weil Du damals auch geklagt hattest, und ich bereite Dich hierdurch nochmals vor, den Posttag, wo Du wieder klagst, sicher keine Briefe zu bekommen. Es ist zu Deiner eignen Befestigung nöthig, daß ich es so halte.
Was die Tischgesellschaft anbelangt, so ist das schon arrangirt: und ich kann dabei nicht zurük, will es auch nicht. Wegen des Trennens, und was der Dinge mehr sind, so überlaß Du das nur mir.
Es ist mir lieb, daß Du mir geschrieben hast, daß Du mir vorher kein Geld schiken könnest, damit ich dar nach meine Maasregeln nehmen kann. Ich will es schon einrichten, daß ich alles ohne das mache. Ich hatte vorzüglich noch eine gewiße andre Idee, über die ich Dir in einem meiner vorhergegangnen Briefe einen Wink gegeben. Das muß nun bleiben.
Ich freue mich sehr darauf, Dich bald zu sehen. Ich wünschte sehnlich, daß Du schon da wärest. Richte ja ein, daß kein Verzug dazwischen komme.
Ein Dutzend Stühle, u. ein Sopha habe ich schon bestellt; ich muß mich nach meiner Wohnung richten, und zur Zeit habe ich noch keine; hoffe aber in dieser Woche noch eine zu miethen. Was ich bis jezt bestellt habe, und noch um ein beträchtliches mehr, kann ich bezahlen. Sollte zulezt etwas bleiben, so kann es mit der Bezahlung warten, bis Du kommst. – 5. Wochen sind vom Ende August bis Michaelis nun wohl nicht. Uebrigens würde es auch nichts schaden, wenn wir auch gleich nicht ganz möblirt wären. [/]
Ich habe seit einer Woche eine Köchin, und habe die Küche, u. den Tisch schon selbst in Ordnung gebracht – freilich habe ich manches z.B. Tischzeug, Silber, Gläser u.s.w. geborgt – aber was in der Küche ist, – desgleichen ein Service von Steingut habe ich selbst gekauft. Du wirst Deine Freude haben, wenn Du meine Einrichtung sehen wirst.
Wieviel bringst Du an silbernen Löffeln, überhaupt an Silber mit? – das schreib mir doch mit umlaufender Post. Ich habe schon silberne Löffel im Handel gehabt; habe aber dann, weil ich mich erinnerte, daß Du hast, den Handel unterlaßen.
Mit dem Eßen will ich mich gar nicht bequemen, wie Du Dich ausdrükst. – Von Deiner Kocherei wollen wir vor der Hand nur eben nicht reden. Beßer ist einmal beßer. Du weißst, daß ich dabei auch nicht sonderlich zufrieden war. Die Vergleichung Deiner Kocherei mit der hiesigen erspare ich Dir. – Aber warum sollen wir uns denn bequemen? Ich hoffe doch nicht aus leidigem Geiz. – Ich habe auf dem Gasthofe bezahlt 21. Batzen die Woche, und schlecht gegeßen. Ich laße jezt selbst kochen, und eße recht gut. Ich kann jezt noch nicht recht übersehen, ob es um vieles höher kommt; es scheint aber nicht. – Meine Köchin kocht recht sehr gut.
Wenn ich Deinen guten Vater nicht grüßen laße, so geschieht es gewiß nicht, darum, als ob ich nicht an ihn gedächte, sondern weil ich es im Verlauf des Briefes schon gethan zu haben glaube. Ob ich während dem Schreiben verdrießlich gewesen bin, weiß ich nicht. Ich glaube nicht.
Mit der Hofräthin Schmidt, Deiner Tante kannst Du es halten, wie Du willst. Du bist in diesem Stüke, sowie in allem, was Dich unmittelbar angeht, völlig Deine eigne Beherrscherin, wie Du weißst; und ich Dich so oft gebeten habe, es doch seyn zu wollen. Nur wünschte ich, daß Du Dir Unannehmlichkeiten erspartest, die der Umgang mit einem solchen Charakter, über den ich nun mehreres gehört habe, nothwendig haben muß. – Ich nehme jezt gar keine Notiz von Ihrer Existenz; und [/] dürfte auch wohl nachher keine nehmen, die ich nicht um des Anstands Willen schlechthin muß.
Den Geheimen Rath Schmidt in Weimar (Bruder von Kl. Fanny, welche in Eisenach verheirathet ist, hier in der Nähe ein Landgut hat, und die ich ehestens besuchen werde) habe ich verwichnen Sonnabend kennen lernen; und er hat sich der Verwandschaft erinnert, und sie mir angekündigt. Er gehört unter meine Obern; und als solchem macht ich ihm die Visite. Er ist im Ministerium. – Weiter weiß ich wenig von ihm.
Mit dem Arbeiten ist es bei weitem nicht so arg, wie es seyn sollte. Daß ich mich aber nicht krank, sondern gesund arbeite, das weißt Du längst; und Du solltest daher nicht ein solches Erheben anfangen.
Werde stärker, gute liebe Seele [.] Ich bin Deiner Schwächen jezt entwöhnt; Du weißst, daß es etwas schwer hält, [daß] ich deren gewöhne. Lege [Sie] also lieber ab; laß [Sie] in Zürich, wo sie hingehören, und bringe sie nicht mit nach Jena.
Daß man von Jena aus Nachricht von mir nach Zürich giebt, ist gut. Ich habe aber Ursache zu wünschen, daß nicht auch unrichtige darunter seyn möchten. – So hüte Dich z.B. es zu glauben, wenn etwa in diesen Tagen nach Zürich sollte geschrieben werden; ich sey um meiner Lehre Willen in Weimar zur Verantwortung gezogen worden; es sey mir untersagt worden, dies, u. jenes zu schreiben, u.s.w. In ganz Teutschland bin ich jezt das allgemeine Stichwort, und es werden allenthalben wunderliche Gerüchte von mir herumgeboten. Das aber ist recht schön; es beweist, daß ich doch nicht so gar unmerkwürdig bin. – Die Wahrheit meines Verhältnißes zu unsrer Regierung aber ist die, daß man unbeschränktes Vertrauen in meine Rechtschaffenheit, und Klugheit sezt; mir ausdrüklich auf getragen hat, ganz meiner Ueberzeugung nach zu lehren, und mich gegen alle Beein[/]trächtigungen kräftigst schützen wird.
Eine kleine Tracaßerie, die man mir gemacht hatte, schlägt zu dem Vortheil aus, daß ich die kräftigste Versicherung des Schutzes erhalten; und daß ich 30.Louisd’or dabei verdiene. Nemlich ich laße 5. meiner Vorlesungen druken, die ich außerdem noch nicht hätte druken laßen, und nehme für den Bogen 6. Louisd’or – sage – sechs Louisd’or. Frage doch einmal Papagen, ob ich den Handel verstünde? ob ich die Buchhändler zu kriegen wüßte?
Hiermit Gott befohlen: leb recht wohl, und bleibe gesund, und komme bald zu Deinem
Fichte.
Ich wünsche, daß die Hofmannischen – Du weißst schon was – Dich nicht incommodiren. Wenn es ohne Deine Unbequemlichkeit geschieht, so ist mir’s recht lieb. Denn, denn – kurz Du kommst nach Jena.
Die Fräulein v. Koppenfels hat mir dringend aufgetragen, Dich von ihr recht, recht herzlich zu grüßen. Sie – ihr Vater will schlechterdings uns auf seinem Landgute sehen, und ich habe es versprechen müßen. Ich sehe wohl, daß er sich gegen Dich für die Artigkeit abfinden will, die ein jezt so wichtiger Mann, wie ich, seiner Frau erzeigt hat. – Sie hat durch mich ordentlich ein reliéf bekommen. Das unter uns!
Man wird Dir viele Höflichkeiten erzeigen, aus mancherlei Gründen. Wir werden das alles gehörig zu nehmen wißen.
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 30. Juni 1794
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Johanna Fichte ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Zürich · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 2: Briefe 1793‒1795. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1970, S. 158‒161.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 101
Language
  • German

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