Herrn Buchhändler Cotta.
P. P.
Es arbeitet ein durch Schriften in diesem Fache rühmlichst bekannter Gelehrter an einer Schrift, die etwa unter dem Titel „Urkunden der Vorwelt, Hebräische Urkunden,” oder dgl. erscheinen wird. Seine Idee ist folgende: die historischen Schriften des A. T. sind aus zu ganz verschiednen Zeiten verfaßten Schriften, (Traditionen, Volksliedern u. dergl.) compilirt: diese verschiednen Stücke laßen sich durch Sprache, Denkart, u. s. f. noch jezt unterscheiden: die ältesten sind immer die einfachsten; die neuern, und die noch neuern, u. s. f. die oft bei einer, u. eben derselben Erzählung von gar verschiedenen Altern vorkommen, setzen wunderbares, u. immer wunderbareres hinzu.
Diese Idee will er durch die Bibel (vor der Hand durch die Bücher Mosis, Josua pp) verfolgen; eine möglichst wörtliche, doch aber verständliche Uebersetzung der verschiednen Urkunden, mit seinen Bemerkungen darüber vermischt, liefern; in teutscher Sprache: also als Lesebuch. (Beweise aus der Grundsprache für Gelehrte werden in den Noten kurz geführt.)
Da noch immer ein großer Theil des Publikums sich für dergleichen Gegenstände intereßirt, theils weil sie mit dem Religiösen Glauben deßelben zusammenhän[/]gen, theils weil die Geschichte der Vorwelt an sich etwas sehr intereßantes ist; da ich den Verf. ferner als einen Mann von viel Einbildungskraft u. Popularität kenne: so ist zu hoffen, daß dies ein vom großen Publikum gesuchtes Lesebuch geben werde. Da ferner die orientalische Gelehrsamkeit des Verf. anerkannt ist, so läßt sich erwarten, daß es zugleich ein wichtiges Buch für den eigentlichen Gelehrten, u. Sprachforscher werden werde.
Es [ist] mir aufgetragen für einen Verleger zu sorgen, und ich habe sogleich an Sie gedacht, mein Herr Cotta. Ich bitte Sie daher mir sobald, als möglich Ihre Gedanken u. Vorschläge darüber zu eröfnen, der ich mit vollkommener Hochachtung bin
Ihr
ergebenster Diener
Fichte.
Jena, d. 10. Decembr. 1794.
[Schiller:] Jenes Zeugniß, das H. Fichte dem erwähnten Verfaßer und seinen Arbeiten giebt, kann ich gleichfalls bestätigen, und ich sollte denken, daß die Schrift, wovon die Rede ist, nicht bloß dem Orientalisten sondern auch dem Geschichtsforscher, dem an der richtigen Zerlegung und Ordnung der mosaischen Urkunden sehr viel liegen muß, ein angenehmes Geschenk seyn werde. Von dem Verfaßer, der auch mit den griechischen Classikern vortreflich bekannt ist, läßt sich ein nicht bloß popularer sondern auch belebter und angenehmer Vortrag erwarten
Schiller.
P. P.
Es arbeitet ein durch Schriften in diesem Fache rühmlichst bekannter Gelehrter an einer Schrift, die etwa unter dem Titel „Urkunden der Vorwelt, Hebräische Urkunden,” oder dgl. erscheinen wird. Seine Idee ist folgende: die historischen Schriften des A. T. sind aus zu ganz verschiednen Zeiten verfaßten Schriften, (Traditionen, Volksliedern u. dergl.) compilirt: diese verschiednen Stücke laßen sich durch Sprache, Denkart, u. s. f. noch jezt unterscheiden: die ältesten sind immer die einfachsten; die neuern, und die noch neuern, u. s. f. die oft bei einer, u. eben derselben Erzählung von gar verschiedenen Altern vorkommen, setzen wunderbares, u. immer wunderbareres hinzu.
Diese Idee will er durch die Bibel (vor der Hand durch die Bücher Mosis, Josua pp) verfolgen; eine möglichst wörtliche, doch aber verständliche Uebersetzung der verschiednen Urkunden, mit seinen Bemerkungen darüber vermischt, liefern; in teutscher Sprache: also als Lesebuch. (Beweise aus der Grundsprache für Gelehrte werden in den Noten kurz geführt.)
Da noch immer ein großer Theil des Publikums sich für dergleichen Gegenstände intereßirt, theils weil sie mit dem Religiösen Glauben deßelben zusammenhän[/]gen, theils weil die Geschichte der Vorwelt an sich etwas sehr intereßantes ist; da ich den Verf. ferner als einen Mann von viel Einbildungskraft u. Popularität kenne: so ist zu hoffen, daß dies ein vom großen Publikum gesuchtes Lesebuch geben werde. Da ferner die orientalische Gelehrsamkeit des Verf. anerkannt ist, so läßt sich erwarten, daß es zugleich ein wichtiges Buch für den eigentlichen Gelehrten, u. Sprachforscher werden werde.
Es [ist] mir aufgetragen für einen Verleger zu sorgen, und ich habe sogleich an Sie gedacht, mein Herr Cotta. Ich bitte Sie daher mir sobald, als möglich Ihre Gedanken u. Vorschläge darüber zu eröfnen, der ich mit vollkommener Hochachtung bin
Ihr
ergebenster Diener
Fichte.
Jena, d. 10. Decembr. 1794.
[Schiller:] Jenes Zeugniß, das H. Fichte dem erwähnten Verfaßer und seinen Arbeiten giebt, kann ich gleichfalls bestätigen, und ich sollte denken, daß die Schrift, wovon die Rede ist, nicht bloß dem Orientalisten sondern auch dem Geschichtsforscher, dem an der richtigen Zerlegung und Ordnung der mosaischen Urkunden sehr viel liegen muß, ein angenehmes Geschenk seyn werde. Von dem Verfaßer, der auch mit den griechischen Classikern vortreflich bekannt ist, läßt sich ein nicht bloß popularer sondern auch belebter und angenehmer Vortrag erwarten
Schiller.