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Johann Gottlieb Fichte to Karl August Sachsen-Weimar-Eisenach, Großherzog

Durchlauchtigster Herzog,
Gnädigster Herr,
Die Akademischen Orden haben von jeher einen höchst schädlichen Einfluß auf die Bildung der Studierenden zum Fleiß, und zur Sittlichkeit gehabt, und sind daher durch mehrere Gesetze, und sogar durch ein Reichsgesez verboten: Da ich dennoch bald nach meiner Gelangung zu einem öffentlichen LehrAmte auf dieser Universität in Erfah[/]rung gebracht, daß eine beträchtliche Anzahl der allhier studirenden in dergleichen Verbindungen begriffen; so habe ich es für meine Pflicht gehalten; sowohl öffentlich, als in Privat=Unterredungen der Anhänglichkeit an diese Verbindungen entgegen zu arbeiten. Dies hat denn auch endlich den guten Erfolg gehabt, daß die Mitglieder zweier, des sogenannten Schwarzen= und des Constantisten=Ordens, mir einmüthig, und aus freiem Willen versprochen; diese Verbindung gänzlich aufzuheben; und mir zum Unterpfande ihre Bücher, und ein Verzeichniß der gegenwärtigen Mitglieder, beides jedoch im Vertrauen, und versiegelt übergeben mit dem Ersuchen, an Eur Durchlaucht, als Rector magnificentissimus unsrer Universität, und hohen MitErhalter derselben, diesen ihren freiwilligen, und freudigen Gehorsam unterthänigst zu berichten; auch Höchst demselben ihre unterthänigsten Bitten vorzulegen.
Sie erkennen, daß sie für das Vergangne allerdings Strafe [/] verdient, und sie versprechen sich weniger von ihrem jetzigen willigen Gehorsam, als von Eur Durchlaucht und der übrigen Fürstlichen Höfe Gnade und Milde völlige Amnestie des Vergangnen, besonders auch für Höchst Deroselben, und der übrigen Durchlauchtigen Herzoge Sächsisch=Ernestinischer Linie Unterthanen, die sich in diesen Verbindungen befinden möchten. Sie hoffen von Eur Durchlaucht sogar die Gnade, daß Höchst Dieselben ihre Bücher ohne weitere Untersuchung werden vernichten laßen; in dem sie zwar ihre eignen, nicht aber die Namen der ehemaligen Ordens=Mitglieder auszuliefern, und freiwillig hinzugeben das Recht hätten.
Sie haben mich autorisirt, wenn eine Commißion angeordnet, und ihnen durch dieselbe vermittelst meiner, als ihre Mittelsperson, die gehofte gnädigste Verzeihung angekündigt würde, das Verzeichniß ihrer Namen der gnädigst angeordneten Commißion zu übergeben, damit sie vorgeladen, und ihnen die eidliche Entsagung abgenommen werden könne; und eben so ihre Bücher, zu der gehoften gnädigsten Vernichtung ohne weitere Untersuchung.
Ich selbst für meine Person wage in Beziehung auf dieses Geschäft [/] Eur Herzoglichen Durchlaucht eine unterthänigste Bitte vorzutragen. Es ist nemlich der Studiosus Otto aus Heidelberg, wegen anderer Unordnungen ganz neuerlich bei dem Akademischen Senat in die Strafe des Consilium verfallen. Derselbe wird dadurch in seinem Vaterlande völlig unglüklich, hatte ohnedies nur noch bis Ostern hier zu bleiben, und verspricht von nun an das regelmäßigste Betragen. Dieser Studiosus Otto hat lange zuvor, ehe er glauben konnte, daß diese Handlung ihm je zum Vortheil gereichen würde, meine Vorstellungen in seinem Orden sehr unterstüzt, und zum freiwilligen Entschluße der seinigen sehr vieles beigetragen. Ich ersuche in dieser Rüksicht Eur Durchlaucht unterthänigst, als Rector magni[/]ficentissimus, und unter zu verhoffender Beistimmung der übrigen Durchlauchtigen Erhalter, ihm die Erlaubniß hieher zurükzukehren, und bis Ostern hier zu verbleiben, gnädigst zu ertheilen.
Ich verharre in tiefster Unterthänigkeit
Eur Hochfürstlichen Durchlaucht
unterthänigst gehorsamster Diener
Johann Gottlieb Fichte.
Phil. Prof. P. O.
Jena,
d. 18. Decembr.
1794.
Places
Corporations
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 18. Dezember 1794
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Karl August Sachsen-Weimar-Eisenach, Großherzog ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Weimar · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 2: Briefe 1793‒1795. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1970, S. 237‒238.
Manuscript
  • Provider: Landesarchiv Thüringen - Hauptstaatsarchiv Weimar
Language
  • German

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