Magnifice Academiae Pro-Rector,
Eur Magnificenz melde ich hierdurch, daß in voriger Woche in der Nacht vom Sonnabend auf den Sonntag Leute vor meinem Haushofe sich eingefunden, an dem Thore gerüttelt, Schimpf Reden, u. Verwünschungen gegen mich ausgestoßen; daß den Sonntag Abend beim Herausgehen aus dem Akademischen Clubb meine Frau, von Personen, die aus dem Hirsche gekommen, durch Zurufung schandbarer Ausdrücke insultirt, daß gleich darauf meine Fenster eingeworfen worden.
Ich melde dies nicht, um eine Untersuchung zu veranlaßen, ob mir dieselbe gleich, wenn sorgfältig Erkundigungen eingezogen würden, möglich scheint, da ein Gerede (deßen Wahrheit ich kenne, aber zur Zeit noch niemand nennen kann) unter den Studierenden geht, daß ein gewißer Orden den Sonntag mir die Fenster einwerfen wollen, durch das Zureden eines gewißen Mannes aber daran verhindert worden; da ferner die Besucher des Hirsches bekannt sind, und man wohl erfahren könnte, wer halb 11. Uhr dort weggegangen.
Aber darum melde ich es. Ich habe Ursache zu vermuthen, daß heut Abend, oder höchstwarscheinlich morgen Abend die Sache wiederholt werden wird, und ich bitte daher um Schutz, auf den ich sicher rechnen könne. Das leztere darum. In der Neu=Jahrs=Nacht [/] war mir derselbe versprochen. Ich rechnete darauf, ohne von meiner Seite die geringsten Vorkehrungen zu treffen. Ohnerachtet jener Veranstaltungen wurde zu verschiednen Stunden der Nacht nach meinen Fenstern geworfen, zulezt mit guter Muße die Thüre gegen 3. Viertel Stunden lang forcirt, alle Fenster meines Wirths, welche allein sie erreichen konnten, eingeschlagen, und hätte die Thür nachgegeben, so hätte ich alles zu erwarten gehabt.
Kann ein zuverläßiger Schutz mir nicht zugesichert werden, so erkläre ich hierdurch, daß ich mich selbst vertheidigen werde; und zwar nach folgenden Grundsätzen. – Wer in der Nacht meine Thore zu erbrechen sucht, intentirt einen gewaltsamen Einbruch. Ich kenne die Leute, mit denen ich es zu thun habe. Ich weiß, daß persönliche Mishandlungen, und allenfals auch Mord ihren Grundsätzen gemäß sind. Sie haben das leztere zu verschiednen Malen verschiednen angedroht, und sie haben das erstere vor nicht zu langer Zeit verübt – zwar nicht an einem Profeßer, aber man sieht ja, daß ihre Bosheit Gradweise steigt. In diesen Grundsätzen werde ich mich vertheidigen, und mache die Policey verantwortlich für alles, was daraus entstehen kann.
Noch erkläre ich, weil auch dies mir zur Sache zu gehören scheint, folgendes. Ich habe aus sehr überlegten Gründen, und auf den vollgültigsten Beruf dasjenige gethan, wodurch ich den Haß jener Leute erregt; und ich bin fest [/] entschloßen, um keines Schritts Breite von meinem Wege abzuweichen. – Ich bin aber ebenso fest entschloßen, Behandlungen von dieser Art nicht gleichgültig, oder als einen unschuldigen Scherz aufzunehmen, oder sie zu betrachten, als etwas von Universitäten unzertrennliches. Sie werden, soviel ich einsehe, nur dadurch unzertrennlich davon, daß man sie so ansieht, diejenigen, welche, wie Stadt= und Landkundig ist, dergleichen verüben, nicht bestraft, und die Verbindungen, welche die alte Barbarei verewigen, duldet. Ist Fenster Einwerfen, und Insultiren des Frauenzimmers auf der Straße eine alte Gerechtigkeit, so hat jeder, der sich das nicht will gefallen laßen, und dem man diese Bedingung nicht in seine Vocation gesezt hat, das vollgültige Recht, nicht an einem Orte zu leben, wo eine solche alte Gerechtigkeit herrscht. Ich habe dies höhern Orts schon erklärt, und ich hielt nicht für überflüßig, es auch hier zu erklären.
Ich bin mit pflichtschuldiger Hochachtung
Eur Magnificenz
gehorsamster Diener
J G. Fichte.
Jena
d. 21. Februar. 1795.
Sr. Magnificenz
dem Herrn Profeßor Voigt
d. Z. ProRektor.
Eur Magnificenz melde ich hierdurch, daß in voriger Woche in der Nacht vom Sonnabend auf den Sonntag Leute vor meinem Haushofe sich eingefunden, an dem Thore gerüttelt, Schimpf Reden, u. Verwünschungen gegen mich ausgestoßen; daß den Sonntag Abend beim Herausgehen aus dem Akademischen Clubb meine Frau, von Personen, die aus dem Hirsche gekommen, durch Zurufung schandbarer Ausdrücke insultirt, daß gleich darauf meine Fenster eingeworfen worden.
Ich melde dies nicht, um eine Untersuchung zu veranlaßen, ob mir dieselbe gleich, wenn sorgfältig Erkundigungen eingezogen würden, möglich scheint, da ein Gerede (deßen Wahrheit ich kenne, aber zur Zeit noch niemand nennen kann) unter den Studierenden geht, daß ein gewißer Orden den Sonntag mir die Fenster einwerfen wollen, durch das Zureden eines gewißen Mannes aber daran verhindert worden; da ferner die Besucher des Hirsches bekannt sind, und man wohl erfahren könnte, wer halb 11. Uhr dort weggegangen.
Aber darum melde ich es. Ich habe Ursache zu vermuthen, daß heut Abend, oder höchstwarscheinlich morgen Abend die Sache wiederholt werden wird, und ich bitte daher um Schutz, auf den ich sicher rechnen könne. Das leztere darum. In der Neu=Jahrs=Nacht [/] war mir derselbe versprochen. Ich rechnete darauf, ohne von meiner Seite die geringsten Vorkehrungen zu treffen. Ohnerachtet jener Veranstaltungen wurde zu verschiednen Stunden der Nacht nach meinen Fenstern geworfen, zulezt mit guter Muße die Thüre gegen 3. Viertel Stunden lang forcirt, alle Fenster meines Wirths, welche allein sie erreichen konnten, eingeschlagen, und hätte die Thür nachgegeben, so hätte ich alles zu erwarten gehabt.
Kann ein zuverläßiger Schutz mir nicht zugesichert werden, so erkläre ich hierdurch, daß ich mich selbst vertheidigen werde; und zwar nach folgenden Grundsätzen. – Wer in der Nacht meine Thore zu erbrechen sucht, intentirt einen gewaltsamen Einbruch. Ich kenne die Leute, mit denen ich es zu thun habe. Ich weiß, daß persönliche Mishandlungen, und allenfals auch Mord ihren Grundsätzen gemäß sind. Sie haben das leztere zu verschiednen Malen verschiednen angedroht, und sie haben das erstere vor nicht zu langer Zeit verübt – zwar nicht an einem Profeßer, aber man sieht ja, daß ihre Bosheit Gradweise steigt. In diesen Grundsätzen werde ich mich vertheidigen, und mache die Policey verantwortlich für alles, was daraus entstehen kann.
Noch erkläre ich, weil auch dies mir zur Sache zu gehören scheint, folgendes. Ich habe aus sehr überlegten Gründen, und auf den vollgültigsten Beruf dasjenige gethan, wodurch ich den Haß jener Leute erregt; und ich bin fest [/] entschloßen, um keines Schritts Breite von meinem Wege abzuweichen. – Ich bin aber ebenso fest entschloßen, Behandlungen von dieser Art nicht gleichgültig, oder als einen unschuldigen Scherz aufzunehmen, oder sie zu betrachten, als etwas von Universitäten unzertrennliches. Sie werden, soviel ich einsehe, nur dadurch unzertrennlich davon, daß man sie so ansieht, diejenigen, welche, wie Stadt= und Landkundig ist, dergleichen verüben, nicht bestraft, und die Verbindungen, welche die alte Barbarei verewigen, duldet. Ist Fenster Einwerfen, und Insultiren des Frauenzimmers auf der Straße eine alte Gerechtigkeit, so hat jeder, der sich das nicht will gefallen laßen, und dem man diese Bedingung nicht in seine Vocation gesezt hat, das vollgültige Recht, nicht an einem Orte zu leben, wo eine solche alte Gerechtigkeit herrscht. Ich habe dies höhern Orts schon erklärt, und ich hielt nicht für überflüßig, es auch hier zu erklären.
Ich bin mit pflichtschuldiger Hochachtung
Eur Magnificenz
gehorsamster Diener
J G. Fichte.
Jena
d. 21. Februar. 1795.
Sr. Magnificenz
dem Herrn Profeßor Voigt
d. Z. ProRektor.