Erschlossener Brief

Karl Leonhard Reinhold to Johann Gottlieb Fichte

Erschließung durch Herausgeber Hans Jacob, Reinhard Lauth, Bd. III,2.
Reinhold gestand in seiner Antwort auf Fichtes Brief Nr. 272., daß er sich mit seinen Unterstellungen im Briefe vom 7. Jan. 1795 (Nr. 264.) übereilt habe. Dennoch hätte Fichte ihm keinen solchen Antwortbrief (Nr. 272.) schreiben sollen; er hätte ihn nicht nach der Strenge allgemeiner Grundsätze, sondern nach der Gemütsstimmung, in der er damals den Brief geschrieben habe, beurteilen, er hätte sich an seine Stelle versetzen sollen. Fichte sei in seinen Beweisen zu scharf, zu „wüthend” gewesen. – Fichte fand, daß in diesem Brief erneut sich Empfindlichkeit und Bitterkeit äußerten. Reinhold beschuldigte Fichte, in Nr. 272. indirekt die Ansicht geäußert zu haben, seiner eigenen Anhänglichkeit an sein System liege Wahrheitsliebe, Reinholds Anhänglichkeit an das seine aber Eigenliebe zum Grunde. Er habe auch insinuiert, es seien Neid und Eifersucht, die Reinhold in den Schriften über die Wissenschaftslehre Dunkelheit finden ließen. Wenn Fichte auf seinem Katheder ausrotte, was er, Reinhold, gepflanzt habe, solle ihm das nach Fichtes Meinung darum gleichgültig sein, weil er gepflanzt und Fichte ausgerottet habe. Fichte mache die Anerkennung seines Systems zum Kriterium der Wahrheitsliebe Reinholds. (Vergl. Fichtes Ausführungen in Brief Nr. 283.)
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  • Date: April 1795
  • Sender: Karl Leonhard Reinhold
  • Recipient: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Place of Dispatch: Kiel · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 2: Briefe 1793‒1795. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1970, S. 289.

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