Es scheint, mein Verehrungswürdiger Herr Geheimer Rath, daß Jena eine unglükliche Stadt für mich sey, und daß ich dazu bestimmt sey, immerfort Ihres Raths und Ihrer Unterstützung zu bedürfen. Ich war nicht 12. Stunden daselbst, als sich eine neue Verfolgung gegen mich erhob, und aus einem andern Tone.
Ich habe geeilt nach Jena zu kommen, um die Vielen – ich kann es in diesem Zusammenhange ohne Ruhmredigkeit sagen – die um meinetwillen geblieben sind, um meinetwillen kommen, über die Gewißheit meiner Rükkehr nach Jena, die noch immer zweifelhaft gemacht worden, in Sicherheit zu stellen. Ich ließ deswegen auch sogleich am schwarzen Brete anschlagen, um meine Ankunft kund zu machen. Was geschieht? Der Famulus communis Linz trägt meinen AnschlagZettel zum zeitigen Dekan der phil. Facultät Hofrath Hennings zur Revision. Bin ich den[n] wirklich Profeßor oder bin ich’s nicht? oder bin ich <nur> so vogelfrei, daß selbst solche Leute sich alles gegen mich erlauben? Ich habe ihn verklagt, und halte mich für berechtigt, auf ernstliche Genugtuung zu dringen[.]
Und was thut Herr Hennings? Er wekt eine längst eingeschlafne, und selbst durch mein bisheriges, ohne Einspruch geschehnes Verfahren, und das meines Vorgängers, Hrrn. Reinhold, u. aller Professoren, abrogierte Einrichtung von der Stundenverlegung, nach der das von mir Nachmittags angekündigte Naturrecht von 10-11. Uhr gelesen werden sollte, wie auch ein Gesez, von dem keiner, absolut keiner etwas weiß, daß ich nicht vor Haltung eines Consistorium über den Anfang der Lectionen hätte anschlagen sollen, gegen mich auf; [/] behält meinen AnschlagZettel zurük, und derselbe ist bis jezt noch nicht angeheftet. Ich habe mich klagend an den Pro=Rektor gewandt, und will sehen, ob dieser ihn wird anheften laßen.
Hrr. Hennings hat in Absicht seiner Drohung meinen AnschlagZettel abreißen zu laßen, sein Wort nur zu gut gehalten; er hat ihn lieber gar nicht anschlagen laßen. Derselbe droht, falls ich meine Vorlesungen über das Naturrecht nicht verlege – welches ich darum, weil die, für welche ich es eigentlich lese, schon vor einem ViertelJahre gerade die von mir angesezte Stunde verlangt haben, und weil ich bei der von dem Dekan geforderten Stunde meinen schönen Vormittag zerreißen würde, nicht kann – daß mir das Lesen bis nach ausgemachter Sache mit Gewalt würde inhibirt werden. Ich habe gegen dergleichen gewaltsame Schritte bei dem ProRektor an die durchlauchtigen Erhalter appellirt: und erwarte die Antwort deßelben, ob ich gar etwa vorläufig mich nach dem Schutze der Höfe umsehen muß; indem es mir, und ich darf hinzu setzen, ganz gewiß auch der Akademie sehr nachtheilig wäre, wenn ich in meinen Vorlesungen sollte gestört werden.
Ich wollte Ihnen, Verehrungswürdigster, vorläufig diesen meinen Empfang in Jena melden; und mir Ihren Rath ausbitten, was ich zu thun habe, um, falls der akademische Senat mich nicht sicher stellen wollte, mich schleunig genug – denn die Zeit der Eröfnung der Vorlesungen naht heran – des Schutzes der Höfe zu versichern, oder wenigstens zu wißen, woran ich bin.
Ich bin genöthigt in FamilienAngelegenheiten – mein guter Schwie[/]gerVater ist in der Abendstunde, da ich mit Ihnen in Rohrbach noch in Gesellschaft war, gestorben, und den dritten Tag nachher reis’te ich zu seiner Beerdigung, und zum Trösten meiner armen Frau – 3. Tage abwesend zu seyn. Darf ich Sie aber dennoch bitten, mir ein paar Zeilen zu schreiben, die ich bei meiner Ankunft in Jena zu meiner Beruhigung, Belehrung, und Berathung finde?
Mit voller Verehrung
Jena
Ihr
innigst ergebner
Fichte
d. 10. October 1795.
Eben erhalte ich die Antwort vom Pro=Rektor zurük; er könne mir – ich verlangte von ihm Sicherheit vor gewaltsamen Störungen – jezt keine bestimmte Antwort geben; ich solle mich aber nicht an die Höfe wenden, weil dieselben doch alte Observanzen nicht so geradezu würden abbringen können. – Uebersetze ich dies recht, so heißt es: ich habe allerdings alles zu erwarten, und es sey allerdings nöthig mich an die Höfe zu wenden. Ich bitte daher um so inständiger um Bescheid, Sonntags Abend bin ich wieder in Jena. Sollte keine Post gehen; hätten Sie dann wohl die Gütigkeit mir durch einen Expreßen, auf meine Kosten, zu antworten.
Vergeben Sie mir die viele Mühe, die ich Ihnen machen muß.
Ich habe geeilt nach Jena zu kommen, um die Vielen – ich kann es in diesem Zusammenhange ohne Ruhmredigkeit sagen – die um meinetwillen geblieben sind, um meinetwillen kommen, über die Gewißheit meiner Rükkehr nach Jena, die noch immer zweifelhaft gemacht worden, in Sicherheit zu stellen. Ich ließ deswegen auch sogleich am schwarzen Brete anschlagen, um meine Ankunft kund zu machen. Was geschieht? Der Famulus communis Linz trägt meinen AnschlagZettel zum zeitigen Dekan der phil. Facultät Hofrath Hennings zur Revision. Bin ich den[n] wirklich Profeßor oder bin ich’s nicht? oder bin ich <nur> so vogelfrei, daß selbst solche Leute sich alles gegen mich erlauben? Ich habe ihn verklagt, und halte mich für berechtigt, auf ernstliche Genugtuung zu dringen[.]
Und was thut Herr Hennings? Er wekt eine längst eingeschlafne, und selbst durch mein bisheriges, ohne Einspruch geschehnes Verfahren, und das meines Vorgängers, Hrrn. Reinhold, u. aller Professoren, abrogierte Einrichtung von der Stundenverlegung, nach der das von mir Nachmittags angekündigte Naturrecht von 10-11. Uhr gelesen werden sollte, wie auch ein Gesez, von dem keiner, absolut keiner etwas weiß, daß ich nicht vor Haltung eines Consistorium über den Anfang der Lectionen hätte anschlagen sollen, gegen mich auf; [/] behält meinen AnschlagZettel zurük, und derselbe ist bis jezt noch nicht angeheftet. Ich habe mich klagend an den Pro=Rektor gewandt, und will sehen, ob dieser ihn wird anheften laßen.
Hrr. Hennings hat in Absicht seiner Drohung meinen AnschlagZettel abreißen zu laßen, sein Wort nur zu gut gehalten; er hat ihn lieber gar nicht anschlagen laßen. Derselbe droht, falls ich meine Vorlesungen über das Naturrecht nicht verlege – welches ich darum, weil die, für welche ich es eigentlich lese, schon vor einem ViertelJahre gerade die von mir angesezte Stunde verlangt haben, und weil ich bei der von dem Dekan geforderten Stunde meinen schönen Vormittag zerreißen würde, nicht kann – daß mir das Lesen bis nach ausgemachter Sache mit Gewalt würde inhibirt werden. Ich habe gegen dergleichen gewaltsame Schritte bei dem ProRektor an die durchlauchtigen Erhalter appellirt: und erwarte die Antwort deßelben, ob ich gar etwa vorläufig mich nach dem Schutze der Höfe umsehen muß; indem es mir, und ich darf hinzu setzen, ganz gewiß auch der Akademie sehr nachtheilig wäre, wenn ich in meinen Vorlesungen sollte gestört werden.
Ich wollte Ihnen, Verehrungswürdigster, vorläufig diesen meinen Empfang in Jena melden; und mir Ihren Rath ausbitten, was ich zu thun habe, um, falls der akademische Senat mich nicht sicher stellen wollte, mich schleunig genug – denn die Zeit der Eröfnung der Vorlesungen naht heran – des Schutzes der Höfe zu versichern, oder wenigstens zu wißen, woran ich bin.
Ich bin genöthigt in FamilienAngelegenheiten – mein guter Schwie[/]gerVater ist in der Abendstunde, da ich mit Ihnen in Rohrbach noch in Gesellschaft war, gestorben, und den dritten Tag nachher reis’te ich zu seiner Beerdigung, und zum Trösten meiner armen Frau – 3. Tage abwesend zu seyn. Darf ich Sie aber dennoch bitten, mir ein paar Zeilen zu schreiben, die ich bei meiner Ankunft in Jena zu meiner Beruhigung, Belehrung, und Berathung finde?
Mit voller Verehrung
Jena
Ihr
innigst ergebner
Fichte
d. 10. October 1795.
Eben erhalte ich die Antwort vom Pro=Rektor zurük; er könne mir – ich verlangte von ihm Sicherheit vor gewaltsamen Störungen – jezt keine bestimmte Antwort geben; ich solle mich aber nicht an die Höfe wenden, weil dieselben doch alte Observanzen nicht so geradezu würden abbringen können. – Uebersetze ich dies recht, so heißt es: ich habe allerdings alles zu erwarten, und es sey allerdings nöthig mich an die Höfe zu wenden. Ich bitte daher um so inständiger um Bescheid, Sonntags Abend bin ich wieder in Jena. Sollte keine Post gehen; hätten Sie dann wohl die Gütigkeit mir durch einen Expreßen, auf meine Kosten, zu antworten.
Vergeben Sie mir die viele Mühe, die ich Ihnen machen muß.