Jena, d. 14. November. 95.
Deine Gesinnung, mein lieber Bruder, die in Deinem Briefe sich zeigt, freut mich, und ich wünsche Dir von Herzen Glük dazu. Auch ist es mir sehr angenehm, daß diejenigen, die Dich umgeben, gleichfals in die Lage sich geschikt haben.
An sich – ich gestehe es Dir aufrichtig – sehe ich auch dabei kein Unglük, wenn Du Soldat würdest; es versteht sich auf einige Zeit. Wenn Du Dich appliciertest, könntest Du eine Unter Offizier, eine Fourier Stelle, u. s. w. erhalten: (nur wäre dabei zu wünschen, und nöthig, daß Du eine beßere festere Hand schriebest.) Auch dieser Stand giebt eine eigne Bildung, eine eigne Bearbeitung, eine Gefügigkeit in die Welt, die Dir besonders, so wie ich Dich kenne, sehr nüzlich seyn würde. Da aber allerdings dadurch Dein anderweitiger Plan aufgehalten würde, und was die Hauptsache dabei ist, da Du eine Abneigung gegen diesen Stand hast, so billige ich auch die Weise, wie Du Dich davon befreien willst. Ich würde Deinen Brief noch eher beantwortet haben, wenn nicht die Ueberlegung, ob ich Dir mit Vernunft jetzo die begehrten 30. Rthr schiken könnte, mich einige Zeit aufgehalten. Meine Lage ist die: Ich habe zwar eine gute Einnahme gehabt; aber durch Vergeßlichkeiten war eine solche Unordnung in meinem Hause eingerißen, daß ich an 100 rthlr. [/] Schulden habe bezahlen müßen, auf die ich nicht gerechnet, und von denenich kein Wörtlein gewußt; überhaupt, daß ich seit 14. Tagen über 200 rthr. Schulden bezahlt habe. Bedenke selbst welche Unordnung besonders der erste Umstand in einer Haushaltung verursacht, in der ich schlechterdings, es koste was es wolle, von nun an strenge Ordnung haben will. So unbedeutend nun 30. rthr. an sich mir seyn mögen, so sehe ich doch nicht mit Sicherheit vorher, daß ich sie, bis ich wieder Geld bekomme
* *
*
Ich hatte den Brief so weit geschrieben, als mir eine unerwartete Schuld einging, die jenes deficit ersezt, und mich in den Stand sezt, Deinem Begehren selbst zu willfahren. Ich mag den Brief nicht umschreiben; und so mag denn der Anfang stehen bleiben, um Dir einen Beweiß zu geben, daß Du nicht etwa unbedachter Weise auf mich rechnest. Ich wollte Dir rathen, die 30. rthr. in Deiner Gegend, auf mein Wort zu borgen; allenfalls auch auf einen Wechsel von mir, zahlbar zur JubilateMesse. Ich kann es jezt baar schicken; u. so ist es besser.
Aber so erneure ich denn auch meine Versicherung, daß auf mich gar nicht zu rechnen ist. Habe ich etwas übrig, so kann ich es dann wohl zum Vortheil der Meinigen anwenden; aber mein eignes Hauswesen in Unordnung bringen, oder mich in Schulden steken, das thue ich jezt, und in Ewigkeit nicht. –
Ich hoffe, daß der Hauskauf schon gemacht ist. Mit der Werbung wird es nun wohl auch nicht so große Noth haben, weil Sachsen Friede geschloßen hat.
Ein Wink, den Du mir über die Lage der Unsrigen giebst, betrübt mich: ärgert, u. empört mich. Ich kann diese zanksüchtigen Menschen recht herzlich haßen. Es bleibt dabei, daß ich künftigen Herbst meinen Vater zu sehen hoffe, sehr darauf mich freue den lieben, guten, würdigen zu sehen: aber ich werde nie über eine Schwelle treten, innerhalb welcher es solche Menschen giebt.
Der Deinige
Fichte.
N. Sch. Ich denke Dir dieses Geld keinesweges zu schenken; sondern ich denke es Dir nur zu borgen: u. es mag auf dem Hause, unter uns, stehen bleiben.
Beantworte mir doch nach genauer Erkundigung folgende Fragen: [/] Sind bei Euch auf gute Art, und wohlfeil liegende Gründe zu erkaufen: z. B. Bauergüter, die von Hofdiensten frei gemacht werden könnten; oder beträchtliche Stüke von den herrschaftl. Gründen: Wir möchten es, um gewißer Ursachen Willen, gern wißen.
Meine Frau grüßt Dich herzlich; u. dankt für Deinen Brief.
An Herrn
Samuel Gotthelf Fichte
in
Rammenau b. Bischofswerda
über Leipzig u. Dresden.
Inliegend 5 Stück Carolin.
Deine Gesinnung, mein lieber Bruder, die in Deinem Briefe sich zeigt, freut mich, und ich wünsche Dir von Herzen Glük dazu. Auch ist es mir sehr angenehm, daß diejenigen, die Dich umgeben, gleichfals in die Lage sich geschikt haben.
An sich – ich gestehe es Dir aufrichtig – sehe ich auch dabei kein Unglük, wenn Du Soldat würdest; es versteht sich auf einige Zeit. Wenn Du Dich appliciertest, könntest Du eine Unter Offizier, eine Fourier Stelle, u. s. w. erhalten: (nur wäre dabei zu wünschen, und nöthig, daß Du eine beßere festere Hand schriebest.) Auch dieser Stand giebt eine eigne Bildung, eine eigne Bearbeitung, eine Gefügigkeit in die Welt, die Dir besonders, so wie ich Dich kenne, sehr nüzlich seyn würde. Da aber allerdings dadurch Dein anderweitiger Plan aufgehalten würde, und was die Hauptsache dabei ist, da Du eine Abneigung gegen diesen Stand hast, so billige ich auch die Weise, wie Du Dich davon befreien willst. Ich würde Deinen Brief noch eher beantwortet haben, wenn nicht die Ueberlegung, ob ich Dir mit Vernunft jetzo die begehrten 30. Rthr schiken könnte, mich einige Zeit aufgehalten. Meine Lage ist die: Ich habe zwar eine gute Einnahme gehabt; aber durch Vergeßlichkeiten war eine solche Unordnung in meinem Hause eingerißen, daß ich an 100 rthlr. [/] Schulden habe bezahlen müßen, auf die ich nicht gerechnet, und von denenich kein Wörtlein gewußt; überhaupt, daß ich seit 14. Tagen über 200 rthr. Schulden bezahlt habe. Bedenke selbst welche Unordnung besonders der erste Umstand in einer Haushaltung verursacht, in der ich schlechterdings, es koste was es wolle, von nun an strenge Ordnung haben will. So unbedeutend nun 30. rthr. an sich mir seyn mögen, so sehe ich doch nicht mit Sicherheit vorher, daß ich sie, bis ich wieder Geld bekomme
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Ich hatte den Brief so weit geschrieben, als mir eine unerwartete Schuld einging, die jenes deficit ersezt, und mich in den Stand sezt, Deinem Begehren selbst zu willfahren. Ich mag den Brief nicht umschreiben; und so mag denn der Anfang stehen bleiben, um Dir einen Beweiß zu geben, daß Du nicht etwa unbedachter Weise auf mich rechnest. Ich wollte Dir rathen, die 30. rthr. in Deiner Gegend, auf mein Wort zu borgen; allenfalls auch auf einen Wechsel von mir, zahlbar zur JubilateMesse. Ich kann es jezt baar schicken; u. so ist es besser.
Aber so erneure ich denn auch meine Versicherung, daß auf mich gar nicht zu rechnen ist. Habe ich etwas übrig, so kann ich es dann wohl zum Vortheil der Meinigen anwenden; aber mein eignes Hauswesen in Unordnung bringen, oder mich in Schulden steken, das thue ich jezt, und in Ewigkeit nicht. –
Ich hoffe, daß der Hauskauf schon gemacht ist. Mit der Werbung wird es nun wohl auch nicht so große Noth haben, weil Sachsen Friede geschloßen hat.
Ein Wink, den Du mir über die Lage der Unsrigen giebst, betrübt mich: ärgert, u. empört mich. Ich kann diese zanksüchtigen Menschen recht herzlich haßen. Es bleibt dabei, daß ich künftigen Herbst meinen Vater zu sehen hoffe, sehr darauf mich freue den lieben, guten, würdigen zu sehen: aber ich werde nie über eine Schwelle treten, innerhalb welcher es solche Menschen giebt.
Der Deinige
Fichte.
N. Sch. Ich denke Dir dieses Geld keinesweges zu schenken; sondern ich denke es Dir nur zu borgen: u. es mag auf dem Hause, unter uns, stehen bleiben.
Beantworte mir doch nach genauer Erkundigung folgende Fragen: [/] Sind bei Euch auf gute Art, und wohlfeil liegende Gründe zu erkaufen: z. B. Bauergüter, die von Hofdiensten frei gemacht werden könnten; oder beträchtliche Stüke von den herrschaftl. Gründen: Wir möchten es, um gewißer Ursachen Willen, gern wißen.
Meine Frau grüßt Dich herzlich; u. dankt für Deinen Brief.
An Herrn
Samuel Gotthelf Fichte
in
Rammenau b. Bischofswerda
über Leipzig u. Dresden.
Inliegend 5 Stück Carolin.