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Johann Gottlieb Fichte to Johann Friedrich von Cotta

Jena, d. 15. 9br 95.
Ich bin schuldig, mein hochzuehrender Herr, Ihnen einige Rechenschaft zu geben, über mein bis jezt beobachtetes Stillschweigen, das Sie hoffentlich nicht ungleich ausgelegt haben.
In der Mitte des Sommers schikte ich einen Brief für Sie zum Einschluß an Hrrn. Schiller. Er ging nicht sogleich ab; und dann behielt ich ihn ganz zurük, weil meine Plane sich geändert hatten.
In die Horen habe ich keine Beiträge geliefert, wie Ihnen bekannt ist; und ich kann Ihnen zugleich nicht bergen, daß ich gar nicht absehe, wann ich welche liefern werde, oder welchen Antheil ich überhaupt fernerhin an diesem Journale nehmen werde. Aber ich habe Ihnen einen andern Vorschlag zu thun, über den ich mündlich mit Ihnen sprechen wollte. Ich hoffte, daß Sie, wie die vorige Michaelis Meße, nach Leipzig kommen, und durch Jena hindurchgehen würden. Ich weiß nicht einmal, ob Sie in L. gewesen sind, und habe deswegen aufgeschoben, zu schreiben, bis ich Sie ganz sicher in Tübingen wüste.
Ich habe den Sommer zugebracht mit Untersuchungen über das Natur= und damit verbundne Staats=Recht, und habe Entdekungen gemacht, die diese Wißenschaft auf einen ganz neuen Standpunkt setzen. Ich lese diesen Winter über dieselbe, und es soll noch im Verlauf dieses HalbJahrs ein Grundriß derselben gedrukt werden. Ich habe Ihnen den Verlag dieses Grundrißes auch nicht einmal anbieten wollen, weil er unter meinen Augen gedrukt werden muß, und bei seiner ersten Bestimmung für meine Zuhörer ein hiesiger Verleger ihn am füglichsten besorgen kann; und überhaupt, weil ich Ihnen etwas wichtigeres zudachte.
Ich denke nemlich die sehr in die Augen springenden, einer hohen Eleganz, Wärme, und Popularität fähigen Resultate meiner Untersuchungen über jene Gegenstände – etwa im Zusammenhange mit meinen zunächst anzustellenden [/] Untersuchungen über die Moral, für das größere Publikum, deßen Aufmerksamkeit sich schon lange nach jener Seite hingerichtet hat, zu bearbeiten. Ich wünsche die Herausgabe dieser Schrift für Verleger, und Verfaßer gleich ehrenvoll, und wenn es seyn kann, auch nicht unvortheilhaft zu machen, und glaube, daß bei dieser Gelegenheit zugleich eine Ordnung, und Rechtlichkeit in dem teutschen Buchhandel wenigstens vorbereitet werden könnte, die bis jezt darin nicht Statt findet.
Sie kennen den Klopstokischen SubskriptionsPlan, wenigstens aus der GelehrtenRepublik? Wie wäre es, wenn man diesen Plan, mit dem freilich die Buchhändler nicht zufrieden seyn konnten, durch die Buchhändler selbst – es versteht sich durch die rechtlichen, denn nur diese können sich dazu verstehen – ausführen ließe: und wenn Sie, und ich durch jenes Werk den Anfang machten?
Es würde, so ist meine Idee, auf mein Werk subscribiret (nicht pränumeriret) Sie und ich besorgten durch unsere Verbindungen, die auch von meiner Seite nicht klein sind, dieses Geschäft. –. Gut Pappier, u. wohlfeil (d.i. das Alphabet 1. rthr Convent. G.). Es würde etwa ⅓. Exemplare über die Anzahl der Subscribenten gedrukt, und diese wie billig theurer. (etwa p. Alphab. 1 r. 8 g.) verkauft.
Der Subscribent muß vorher wißen, worauf er subscribiret. (Dies richtete vorzüglich den Klopstokischen Plan zu Grunde, da das Publikum an seiner GelehrtenRepublik etwas ganz anderes erwartete; und für das, was es erhielt, keinen Sinn hatte.) Es müßen daher Proben gegeben werden; und ich würde in meinem Falle wichtige Hauptstüke vorher, etwa in Niethammers Phil. Journal abdruken laßen.
Ich würde sehr wünschen, daß zugleich auf eine französische Uebersetzung gedacht werde, und dieselbe, gleichfals auf Subskription, zugleich mit dem teutschen [/] Originale erschiene. Ich werde – dies ja unter uns – von Frankr. aus sehr dringend angegangen, etwas für sie über die ersten Principien des Nat. u. Saatsrechts zu schreiben; und wenn ich nicht eher könnte, so würde ich dadurch mein Wort zugleich mit lösen. Für den Absaz dürfte mirs gar nicht bange seyn.
Das Honorarium würde[n] wir nach der Menge der Subskribenten bestimmen. Sie sehen ein, welch’ eine neue Epoche durch Nachahmung dieses Verfahrens der teutschen Litteratur aufgehen müste: wie rechtlich für Verfaßer, und Verleger es ist, sagen zu können: Wir haben unser Werk auf Begehren dieser Menge namentlich genannter Männer an das Licht gestellt; und wie jämmerlich bald alle Bücher da stehen müsten, die dies nicht sagen könnten: kurz, daß der Stümper unter Autoren, und Buchhändlern immer weniger werden, und die beßern immer mehr Plaz gewinnen würden.
Ich sehe nichts, was dagegen gesagt werden könnte, als die Gefahr des Nachdruks, wodurch die über die Zahl gedrukten Exemplare liegen bleiben, und die Subscribenten sehr ungerechter Weise lädirt werden würden. Dagegen müsten denn nun, bis die Fürsten gelernt hätten, daß es ohne besondre Bitte ihre Pflicht ist, das Eigenthum des Bürgers zu schützen, Privilegien dienen. Ich zwar für meine Person kann kein Privilegium suchen, weil es meinen Grundsätzen nach, eine Inconsequenz ist. Wenn aber etwa Sie für Ihre Person über diesen Punkt weniger scrupulös wären, so hätte ich, als in Ihrer Sache, darein nichts zu sagen – Auch würde auf meine Schrift ohne Zweifel ein Kayserl. Privilegium zu erhalten seyn, da das Aussehen derselben nichts weniger seyn wird, denn demokratisch.
Ueber alle diese Dinge hätte ich nun gerne mündlich mit Ihnen gesprochen; da dies aber nicht möglich ist, so erbitte ich mir, sobald Sie sich es überlegt haben, eine Antwort. Auch ersuche ich Sie, wie sich es versteht, in jedem [/] Falle um die strengste Verschwiegenheit über den vorgelegten Plan.. Ich rechnete, daß schon zu Ostern die Schrift erscheinen könnte: daran aber ist nunmehro nicht zu denken. Wenn es nur zu Michaelis seyn kann. Ich wünsche, daß Sie nichts dagegen haben, daß meine Schuld bei Ihnen bis zu dieser Abrechnung stehen bleibe, wenn Sie auf den Plan eingehen.
Deroselben
ergebenster Diener
Fichte.
Metadata Concerning Header
  • Date: Sonntag, 15. November 1795
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Johann Friedrich von Cotta ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Tübingen · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 2: Briefe 1793‒1795. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1970, S. 433‒435.
Manuscript
  • Provider: Schiller-Nationalmuseum
Language
  • German

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