Jena, d. 8. Jun. 97.
Lieber Bruder,
Ich trug Bedenken Dir das Geld geradezu durch die Post zu übersenden, weil ich das ungeheure Porto fürchtete, und wollte deswegen sehen, ob es etwa durch Wechselbriefe zu übermachen wäre. Ich erfahre so eben auf meine Nachfrage auf der hiesigen sächß. Post, daß
50. Carolins, oder 300 rthr. Sächsisch,
als soviel ich hierdurch übersende, nicht mehr als 30. bis 32. g. Porto machen, und dies halte ich denn doch für Kleinigkeit, und trage kein Bedenken euch diese Unkosten zu verursachen.
Ich erwarte mit umlaufender Post den Empfangsschein, weil ich nicht weiß, wie viel der kleinen Nebenpost, durch die das Geld zu erhalten ist, zuzutrauen [seyn] werde.
Ich erwarte die Auszahlung von 4. pro Cent, welche ich [/] selbst an meine Frau, deren Schwester dieses Geld gehört, aus meinem Beutel bezahle – abgeredeter Maassen an meinen Vater, als eine kleine Pension – ganz allein zu seiner eignen Erleichterung bei seinem Alter; besonders daß er nicht mehr so schwere Lasten trage.
Du, und Bruder Gottlob steht mir für dieses Geld; und ich erwarte darüber des nächstens eine Verschreibung eures Vermögens; insoweit es dafür nöthig ist. Der Schein wird ausgestellt nicht auf 300. <thlr> sächsisch, weil dieser Werth wandelbar ist, sondern auf 50. Stük neue französische Louisd’or – Der Schein wird auf jährige Aufkündigung gemacht.
Ihr verwendet dieses Geld so, daß es soviel möglich auch meinen übrigen Brüdern mit zu Nutz komme: – es versteht sich, daß dies, da ihr beide allein mir dafür steht, nach eurer eignen Einsicht geschieht. – Aber ausdrüklich mache ich es zur Bedingung des Darlehns, daß nichts davon in Hannens Nutzen verwendet werde. [/] So viel über dieses Geschäft. Was den übrigen Inhalt Deines Briefs anbetrift, so wäre darüber viel zu sagen. Was darin unsere Mutter anbetrift, hat mich gerührt; und ich beklage die gute Frau. Gott, der ein anderes Gericht führt, als wir, wird ihr vergeben. Was Du von den übrigen Gliedern unsrer Familie, den Vater, und Dich ausgenommen, sagst, hat mich befremdet. Diese drolligen Geschöpfe haben also geglaubt, daß ich, nach ihrem ehemaligen niederträchtigen Betragen gegen mich, noch Pflichten gegen sie hätte, über deren Beobachtung sie Richter wären, und nach denselben mich beurtheilen dürften? Daß ich jezt durch meinen Besuch diese Pflichten gegen sie erfüllt habe, und daß nunmehro erst sie ihre Niederträchtigkeit mir verzeihen könnten? und Du, mein bessserer, und wie ich glaubte, vernünftigerer [/] Bruder, trägst kein Bedenken, mir dies zu schreiben, als ob Du halb, und halb derselben Meinung zugethan wärest?
Grüsse mir herzlich den Vater, und lebe wohl.
Dein
treuer Bruder
J. G. Fichte
40. Stük. französische Neue Louisd’or à 6 rthr
sächsisch 240 rthr
40. St. Laubthaler à 1 r. 12 g. 60 rthr
Summa 300 rthr
Indem ich den Brief schliessen will, fällt mir ein, daß es doch sichrer ist, ihn anderwärtshin, als nach Rammenau, zu addressieren; u. ich schike ihn daher durch Einschlag an Bursche zu Pulßnitz
Lieber Bruder,
Ich trug Bedenken Dir das Geld geradezu durch die Post zu übersenden, weil ich das ungeheure Porto fürchtete, und wollte deswegen sehen, ob es etwa durch Wechselbriefe zu übermachen wäre. Ich erfahre so eben auf meine Nachfrage auf der hiesigen sächß. Post, daß
50. Carolins, oder 300 rthr. Sächsisch,
als soviel ich hierdurch übersende, nicht mehr als 30. bis 32. g. Porto machen, und dies halte ich denn doch für Kleinigkeit, und trage kein Bedenken euch diese Unkosten zu verursachen.
Ich erwarte mit umlaufender Post den Empfangsschein, weil ich nicht weiß, wie viel der kleinen Nebenpost, durch die das Geld zu erhalten ist, zuzutrauen [seyn] werde.
Ich erwarte die Auszahlung von 4. pro Cent, welche ich [/] selbst an meine Frau, deren Schwester dieses Geld gehört, aus meinem Beutel bezahle – abgeredeter Maassen an meinen Vater, als eine kleine Pension – ganz allein zu seiner eignen Erleichterung bei seinem Alter; besonders daß er nicht mehr so schwere Lasten trage.
Du, und Bruder Gottlob steht mir für dieses Geld; und ich erwarte darüber des nächstens eine Verschreibung eures Vermögens; insoweit es dafür nöthig ist. Der Schein wird ausgestellt nicht auf 300. <thlr> sächsisch, weil dieser Werth wandelbar ist, sondern auf 50. Stük neue französische Louisd’or – Der Schein wird auf jährige Aufkündigung gemacht.
Ihr verwendet dieses Geld so, daß es soviel möglich auch meinen übrigen Brüdern mit zu Nutz komme: – es versteht sich, daß dies, da ihr beide allein mir dafür steht, nach eurer eignen Einsicht geschieht. – Aber ausdrüklich mache ich es zur Bedingung des Darlehns, daß nichts davon in Hannens Nutzen verwendet werde. [/] So viel über dieses Geschäft. Was den übrigen Inhalt Deines Briefs anbetrift, so wäre darüber viel zu sagen. Was darin unsere Mutter anbetrift, hat mich gerührt; und ich beklage die gute Frau. Gott, der ein anderes Gericht führt, als wir, wird ihr vergeben. Was Du von den übrigen Gliedern unsrer Familie, den Vater, und Dich ausgenommen, sagst, hat mich befremdet. Diese drolligen Geschöpfe haben also geglaubt, daß ich, nach ihrem ehemaligen niederträchtigen Betragen gegen mich, noch Pflichten gegen sie hätte, über deren Beobachtung sie Richter wären, und nach denselben mich beurtheilen dürften? Daß ich jezt durch meinen Besuch diese Pflichten gegen sie erfüllt habe, und daß nunmehro erst sie ihre Niederträchtigkeit mir verzeihen könnten? und Du, mein bessserer, und wie ich glaubte, vernünftigerer [/] Bruder, trägst kein Bedenken, mir dies zu schreiben, als ob Du halb, und halb derselben Meinung zugethan wärest?
Grüsse mir herzlich den Vater, und lebe wohl.
Dein
treuer Bruder
J. G. Fichte
40. Stük. französische Neue Louisd’or à 6 rthr
sächsisch 240 rthr
40. St. Laubthaler à 1 r. 12 g. 60 rthr
Summa 300 rthr
Indem ich den Brief schliessen will, fällt mir ein, daß es doch sichrer ist, ihn anderwärtshin, als nach Rammenau, zu addressieren; u. ich schike ihn daher durch Einschlag an Bursche zu Pulßnitz