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Johanna Fichte to Johann Gottlieb Fichte

Ich muß Dir, Beste Theurste Seele schreiben, damit Du bey der Ankunft, im Vaterlande, bey den Theuren Deinigen, ein Lebenszeichen von Deiner Frau findest; mit welchem beklemten Herzen, ich von Deinem wegfahrendem Waagen, zu dem Waagen unsers schlafenden Kindes gieng, stellst Du Dir leicht vor: es thut mir so weh, daß ich nicht recht Abschied von Dir nehmen konnte, und es schien mir, als wenn Du auch nicht damit zufrieden wärest, und drum thut es mir desto weher. Nenne mich immer ein Närisches Ding; ich Liebe Dich unbeschreiblich, und das dekt alle diese Sünden zu.
Härtmännchen ruft, Vater nicht da, und da tröste ich ihn dann, daß er bald wiederkomme, und suche mich auch dadurch zu trösten, nun ist nur der unterschied, daß Männchen es vergißt, und ich Stunden, und Tage zähle.
Neues von hier, kann ich Dir nichts melden, ich gehe mit dem Kinde spazieren, so viel ich kann, um nicht krank zu werden, freue mich daß Du schönes Wetter hast, daß es Deiner Theuren Gesundheit wohl thun wird, daß Du den Lieben Vater siehst, daß Du dort gutes stiftest, und daß Du im ganzen recht zufrieden, und vergnügt sein wirst; dieses alles Bethe ich mir immer vor.
Grüße Tausendmahl den Theuren Vater von mir, und die Mutter, und übrigen Guten vergiß ja nicht. Lebewohl du Theurster Bester, ich umarme Dich von ganzem Herzen. Deine Fichtin.
Ich möchte Dir noch mehr schreiben, aber ich weiß Dir nichts anderst zu sagen, als daß ich Dich unaussprechlich Liebe, Du Einziger.
Du schreibst mir doch Lieber, ob Du ein Mägdchen mit bringst, freylich sollte sie doch, entweder Striken, oder Nehen können, das Spinnen nüzt in unsrer Haushaltung nichts. [/]
Ich glükliches Kind, treffe am Ende des Spazierganges, mit unserm Kleinen, Deinen Postillion an, welcher mir ganz treuherzig sagt, der Liebste laße mich freundlich grüßen, das hat mir so wohl gethan, daß die Thränen, welche mir immer hinter den Augen sizen, wieder zurük traten: schreibe mir doch um gotteswillen, so viel Du kannst, Bester Theurster; ich umarme Dich von ganzer Seele; Du schwebest mir immer vor. nach Dresden werd ich einen Brief, für Dich schiken, à Poste restante. ich bitte Dich ihn holen zu laßen, denn ich weiß Deine Addresse dort nicht recht.
Metadata Concerning Header
  • Date: zwischen dem 17. und 19. September 1798
  • Sender: Johanna Fichte
  • Recipient: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Rammenau · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 3: Briefe 1796‒1799. Hg. v. Hans Gliwitzky und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Peter K. Schneider und Manfred Zahn. Stuttgart 1972, S. 145‒146.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 339
Language
  • German

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