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Johann Gottlieb Fichte to Samuel Gotthelf Fichte

Jena, d. 26. 8br. 98
Lieber Bruder,
Ich möchte, daß Du noch vor der Frankfurter Messe einen Brief von mir hättest, damit Du allenthalben Deine Maasregeln darnach nehmen könntest, drum schreibe ich Dir jezt.
Das nothwendigste zuerst. Die Mustercharte habe ich an einen gewissen Kaufmann in Eisenach geschikt. Er hat mir geantwortet, daß ich mich nicht besser hätte addressiren können, als an ihn, daß er in einiger Zeit nach Jena kommen und mit mir mündlich weiter aus der Sache sprechen werde; daß die Waare zwar gut gearbeitet – dies bezieht sich wohl besonders auf die Schurichschen Wollen Proben, die noch jedermann, der sie bei mir gesehen, äusserst wohl gefallen haben, – daß sie aber viel zu theuer sey. Ueber den lezten Punkt erwarte ich seine weitere Erklärung, und Deine Antwort, ob sie, im Falle einer grossen Lieferung, wohlfeiler abgelassen werden könne.
Ich habe an unserm soeben gewesenen Jahrmarkte meiner Frau den Auftrag gegeben, sich in den Bandbuden umzusehen, Preiß, u. Güte der Waaren zu erkundigen, und zu erforschen, woher die Kleinhändler ihre Waaren beziehen. Da hat nun meine Frau 3. Stükel schmales weisses Band (doch nicht so schmal als unsre Pfennigschnür) (das Stük hält 16. Ellen, u. das Band 24. Faden.) für 8. g. gekauft, u. erfahren, daß hier herum alles aus Erfurt gezogen wird, wo sich bis 15. grosse Bandfabriken befinden sollen, deren Unternehmer viele hunderttausend im Vermögen hätten (sagen nemlich die Kleinhändler.) So habe ich selbst auf der Leipziger Messe [/] eine mächtige, u. sehr gut gefüllte Erfurter Bude (sie steht mitten auf dem Markte) gesehen. – Es ist mir selbst warscheinlich, daß die Erfurter das Garn wohlfeiler haben, als es in unsrer Gegend ist, indem in dem Erfurter Gebiet viel gesponnen wird, aber sonst keine Leinweberei ist, und die Lebensmittel gar wohlfeil sind. Auf diese Vergleichung bezieht sich vielleicht des Eisenacher Kaufmanns Ausspruch. Ich werde über alles dieses mich näher erkundigen. Alle diese Umstände nun rathen uns vor der Hand gar sehr das piano gehen an; denn was hilft es eine Menge Waare zu verfertigen, wenn man nicht Preis halten kann, u. sie verschleudern kann.
Kurz – über alles dies werde ich sehr genaue Erkundigungen einziehen; eben so, wie über den muthmaaßlichen Erfolg des Beziehens der Leipziger Messe. Sehen wir nicht die Möglichkeit,etwas dort zu machen, vorher ein, so rathe ich nicht dazu: denn die Unkosten einer solchen Messe mögen, nach den Klagen aller Kaufleute, u. nach der unverhältnißmässigen Theurung aller Waaren in Leipzig gegen andere Meßorte, (z. B. Naumburg, unsern Jahrmarkt) wozu die Krämer geradezu dies als Grund anführen, sehr gros seyn. Eine Bude zwar ist, an einem sehr vortheilhaften Platze, besprochen. Das Standgeld beträgt die Messe über nur 12. g. aber eine Bude müste angekauft werden.
Ich habe etw<as Gold>, u. 20 Xzer eingewechselt, wechsele noch, und Du kannst Geld haben, sobald Du es verlangst; ohngefähr noch 400 rthr. Die 160. rthr. hast Du doch richtig erhalten? Wechselbriefe kann ich nicht schiklich bekommen. Dresden ist viel zu wenig Handelsort. Auf Leipzig kann ich sehr leicht assigniren[.] [/] Jezt zu andern Punkten.
1.) Es blieb unter uns ganz unausgemacht, wie hoch als Capital Dir Deine Arbeit angeschlagen werden sollte. Mir ist als die für beide Theile, besonders aber für Dich, billigste Modification beigefallen, daß wir völlig zu gleichen Theilen gehen, bis und wenn mein an baarem Gelde zugeschoßnes Capital 3000 rthr beträgt; dann Du fort die Actien von 3000 rthr Capital beziehst; für das aber, was ich sodann über 3000 rthr. an baarem Gelde zuschiesse, oder in Gewinnst stehen lasse, ich im Vortheil bin.
2.). Zu dem Ankauf des bewußten Hauses, wenn er schiklich, u. vortheilhaft geschehen kann u. zu dem Hausbaue, wie er unter uns beredet wurde, rathe ich noch immer. Nur mußt Du theils wissen, daß ich jezt nur noch ohngefähr 400 rthr. zur M<a>sse geben kann. Es ist also Deine Sache zu sorgen, daß wir durch unzeitigen Ankauf, u. Bau, uns nicht des nöthigen Capitals für den Handel berauben[.] Das erste Geld, worauf ich wieder rechne, ist ein Capital meiner Frau, das in der Schweiz steht , und wovon wir jezt noch nicht wissen, wie, u. wann es beziehen. Doch wird darüber nächstens eine Erkundigung statt finden; u. sobald wir etwas sicheres wissen, werde ich Dir es zu Wissen thun.
Theils ist unsere Abrede über das Eigenthum dieser Häuser noch viel zu schwankend. Der Gebrauch zwar gehört, wie ich auch schon mündlich mich geäussert, zur Masse der Compagnie; ich nehme darüber keine besondren Interessen, sondern der Werth des Ankaufs, u. Baues wird mir nur überhaupt als Handelscapital fortgeführt. Aber – wenn einst die Compagnie ihre Endschaft erreicht, wer ist dann der Eigenthümer? Darüber denke ich nun so: Eins von den beiden Häusern, wie wir uns nun dann vereinigen werden, soll Dein, das andere mein seyn; es versteht sich, nach Theilung des grösseren Werths, welchen das Eine, oder das andere hat. In den Gerichtsbüchern zwar muß das erkaufte Haus auf Deinen Namen geschrieben werden, u. Du den Kauf aufbewahren; aber in dem Compagniecontracte wird der soeben angegebne Punkt bemerkt. [/]
3.) Wegen Deiner Bedürfnisse zum täglichen Leben aus der Compagnie꓿Casse, die bei mir nicht statt finden, – um der Ungleichheit, die dadurch zwischen uns beiden entstehen müßte, abzuhelfen, habe ich mancherlei hin, u. her gedacht, aber noch nichts bestimmtes gefunden. Ich werde aber sicher noch auf etwas vernünftiges, u. billiges mich entsinnen, u. es Dir dann mittheilen.
Gegen die Zeit, da Du von der Frankfurter Messe zurükseyn kannst, erhältst Du von mir das noch übrige Geld, (wenn Du es nicht eher begehrst) einen Handelscontract, den Du unterschreibst; und eine bestimmtere Norm, wie das Haupthandelsbuch geführt werden muß.
Grüsse Eltern, und Geschwister, u. lebe recht wohl.
Dein treuer Bruder
F.
d. 3. 9br.
Dieser Brief ist, um meiner vielen Geschäfte willen, liegen geblieben. Ich hoffe aber, daß du ihn noch vor der Messe erhältst. Das Geld für Dich hat sich seit dem gemehrt; doch fehlen mir noch gegen 200. rthr. sächsisches. Schreibe mir ja, wenn Du es haben mußt.
Metadata Concerning Header
  • Date: 26. Oktober bis 3. November 1798
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Samuel Gotthelf Fichte
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Rammenau · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 3: Briefe 1796‒1799. Hg. v. Hans Gliwitzky und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Peter K. Schneider und Manfred Zahn. Stuttgart 1972, S. 152‒155.
Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • Classification Number: Mscr. Dresd. App. 1499, Nr. 18
Language
  • German

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