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Johanna Fichte to Johann Gottlieb Fichte

Jena d: 2: August: 99:
Ich habe Dir lange nicht geschrieben, Bester, Theurster Mann; und werde auch heute nur sehr kurz sein müßen, da ich Dir ohnehin Briefe genung schike: Diese Briefe hat man mir übergeben, Dir zu schiken, und ich hätte noch eine Menge bekommen, wenn ich sie nicht zurükhielte, und unsre Freunde bäthe, Dich nicht mit Briefen zu überladen; denn Jedermann will wißen, wie es Dir gehe, ob Du Dich in Berlin gefallest, ob Du bald wiederkommest; die Studenten jamm[ern] allgemein, daß Du ihnen nie wirst ersezt werden; daß noch kein Profeßor so auf i[hre] Moralität, und Geistesbildung gewirkt habe, und wirken werde, als Du; daß es eine [Sünde] gegen die Menschheit sey, wenn man Dich nicht zu einem neuen Wirkungskreise aufforder[e.] Dieses ist die allgemeine Stimmung, aller Rechtschaffenen.
Profeßor Cramer aus Zürich, Dein ehmaliger Schühler, hat ein Buch über die Moral geschrieben, welches er Dir in der Vorrede edicirt hat; ich weiß nicht ob er es Dir geschikt hat.
Ich bin selber bei Schüzen’s gewesen, die Dich herzlich grüßen, um nach den Briefe, der für Dich hat sollen ein[ge]schloßen sein, nachzufragen, bekamm aber zur Antwort, es sey keiner gekommen.
Wie geht es Dir mein Bester, mit Deiner theuren Gesundheit? ist Dir das dortige Clima a[ngenehm?] man sagt mir hier, daß ewige Staubwolken auf den Promenaden sind, ich fürchte daß [es Deiner] Brust nachtheilig ist; und das macht mich unruhig; da laß doch die Zeit Deiner Erholung [nicht zu] lange dauren, und komm bald wieder zu uns.
Unser Lieber Junge grüßt den Vater herzlich, er sagt immer Du bleibest auch gar zu lange weg, wenn Du auch wieder kommest, ich sage immer bald, bald, warte nur ein wenig; der Gute ist Gottlob gesund, und fängt an seine vorige Stärke wieder zu erhalten, doch hat er sie noch nicht; wild wird er sehr, dazu trag[en] die Knaben im Hause viel bey, und ich muß ihn sehr in acht nehmen; da Beyer izt die Stelle als Lehrer angenommen, aber noch nicht im Hause wohnt, so wird es künftig beßer gehn, [das] [ich sehr] wünsche; Kochen ist nun ganz abgedankt, welches er troz aller Prahlerey, daß er nur aus Gefälligkeit komme, übel auf genommen; auch war er so gefällig, für 2: Stunden des Tags, zum Un[terricht] der DeutschenSprache, für den Monath 2: Carolin zu nehmen.
Da ich keine Liebhaberin vom schreiben bin, so bist Du doch nicht böse, wenn ich nicht oft schreibe.
Lebe wohl, Bester, Theurster Fichte! und vergiß nicht Deine Gesundheit zu schonen darum [würde Dich] auch unser Kind bitten, wenn er es verstünde; aber darum bittet Dich herzlich Deine F[ichtin]
[…] umber war heute bey mir, und war höchst unzufrieden, daß Du nach Berlin gegangen bist, und nicht zu [ihm gegan]gen bist; er hatte Dir schon Zimmer, in einem seiner Gartenhäuser [zurechte] gemacht, hab ich Dir schon gesagt [daß die] Studenten Dir eine Medaille, zum Zeichen ihrer Dankbahrkeit schlagen laßen, es kömmt nur darum so [langsam] zustande, weil man kein ähnliches Portrait von Dir hat.
Herrn Professor Fichte.
abzugeben im Silbernen Monde, unter der Linde.
zu
Berlin:
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 2. August 1799
  • Sender: Johanna Fichte ·
  • Recipient: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 4: Briefe 1799–1800. Hg. v. Hans Gliwitzky und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Peter K. Schneider und Manfred Zahn. Stuttgart 1973, S. 30‒31.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 163
Language
  • German

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