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Johanna Fichte to Johann Gottlieb Fichte

Jena d: 27. Sept 99:
N: 14:
Nun wirst Du Iheurste Seele, meinen Brief N. 13: schon erhalten haben, und auch ein Wort, von unserm Hartmann, drin vernommen haben; glaube nur nicht, daß ich nicht oft mit ihm, von Dir rede, und daß Du ihm fremd seyest, er freut sich, daß Du nun bald zu ihm kommest, er will mit Dir fechten, und spazieren gehn, so wie ich täglich mit ihm gehe: Schlegel kamm am 21: dieses M: mit einem Zettel von Deiner Hand, der mir anzeigte, daß ich 16: th. hiesiges Geld, für Fracht zu zahlen hätte, welches ich auch gethan habe, in der Hoffnung sie wieder zu bekommen.
Vor einigen Tagen, hab ich einen Brief von meiner Schwester bekommen, in welchem es sich ganz ängstlich nach uns erkundiget, weil es in den Zeitungen gelesen, daß Du um Deine Stelle gekommen. Daß der Onckel tod ist, weißt Du schon, [das] aber nicht, daß wenn alle Habseligkeiten verkauft sind, ich weiß nicht, ob 1000: th: oder Mark heraus kommen, daß die Dänische <R:> ihm 50: th: versprochen hat, und daß das unglükliche Kind, mit 90: th: jährlich, unmöglich leben kann; die ganze Geschichte, thut mir sehr weh, und Du bist gewis mit mir einig, daß es unsre höchste Pflicht ist, ihm das Geld von unserm seligen Vater zuzustellen, für einmahl, werden wir dieses nicht können, aber das können wir, und müßen wir thun, ihm das Intreße deßelben schiken, Du wirst mich fragen: Lieber, wie viel es betrage; ersten’s 600: Gulden, zweyten’s 585: Gulden, macht 1185: Gulden[.]
Du schreibst mir Lieber, nie kein Wort, von unsern Eltern, ich fürchte, daß dort gewis ein Unglük; von irgend einer Art ist, weil Du mir nie auf meine Frage hierüber antwortest. Ziehe mich aus der Ungewißheit.
Du mußt doch gestehn, daß Reinh. u Jac. die beyden einzigen Menschen sind, die sich im ernste, um uns bekümmern, und dies verdient doch allen Dank; es scheint daß [/] Jacobi, doch wirklich dort Einfluß hat, und da kannst Du die Sache, gewis einleiten, wenn Du nur recht willst; und wolle doch auch, ich bitte Dich Lieber, Guter, Fichte, wir haben’s gewis nöthig, glaub’s mir; denn hin zu reisen, auf das bloße Ungefehr, ist doch gewis nicht rathsam, in diesem durch Krieg verhertem Lande, die Französen sind dort gewesen, und haben wieder braf geplündert; und nun stehn die Kayserlichen Dort; und werden nicht weniger nehmen.
Ich bin neugierig, die Antwort an Kannt zu lesen, der alte Mann, hat diesen Schritt, glaub ich, aus Ängstlichkeit, gethan, und nicht aus Eitelkeit, wie manche glauben; Ja wohl, ich würde sagen, Fichte Du bist recht Stolz, und erlaube mir, daß ich es auch izt sage, denn ich glaube, daß dieser Stolz, den niemand vertragen will, die eigentliche Ursache, von allem Unheil ist, [das] uns verfolgt; daß ein guthmüthiger, weicher Reinhold, der Dich liebt, zu kreuze kriecht, ja das glaub ich wohl, das kommt daher, weil er Der ist, der er ist, und Dich liebt, das ist aber gar nicht der Fall, bey allen andren; und darum geht man so abscheulich mit Dir um, und dieses schadet nicht nur uns, sondern der guten Sache, welche Dir doch am Herzen liegen muß: Du wärest hier ein allgewaltiger Mann, geworden, wenn Dein Stolz, die Menschen nicht beleidigt hätte; verzeih Theurster Fichte, ich kann die Wahrheit einmahl nicht verschweigen, denn wenn ich sie auch gegen Dich verschweigen müßte, so wäre ich ja das allerarmseligste, und unglüklichste Geschöpf; und das willst Du nicht, daß ich das werde. [/]
Montag abend
Ich sage Dir nur noch in Eyle, Beste Seele, daß es Michelj ist, und daß ich mich mit den hiesigen Leuten, an denen ich die Meubels versprochen hatte, herum zanken muß, um sie izt zu behalten; Lebe wohl Beste Seele, vergiß den 22: October nicht; nun wirst Du doch in 6: Wochen hier sein, mit Gottes Hilfe, Darauf freue ich mich von ganzer Seele.
Pour Fichte.
Metadata Concerning Header
  • Date: 27. bis 30. September 1799
  • Sender: Johanna Fichte
  • Recipient: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 4: Briefe 1799–1800. Hg. v. Hans Gliwitzky und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Peter K. Schneider und Manfred Zahn. Stuttgart 1973, S. 97‒99.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 177
Language
  • German

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