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Johann Gottlieb Fichte to Samuel Gotthelf Fichte

Jena, d. 4. Xbr. 99.
Ich komme zu Hause an, u. finde – meine Schwägerin, meiner Frau unverheirathete Schwester. Der Plan, den wir ehemals hatten, wäre nun ausführbar von unsrer Seite, wenn er es von der Deinigen noch ist. Den Vorsatz, den Du mir bei Deiner Anwesenheit in Berlin mittheiltest, könnte ich nur unter Voraussetzung der Unmöglichkeit einer Heirath, wie sie für Deine Lage wünschenswürdig ist, billigen. Diese Unmöglichkeit findet nicht mehr Statt, nachdem meine Schwägerin da ist, und ohne dies mit uns leben wird.
Diese Schwägerin ist ein gutes, sanftes braves Geschöpf. Ihr Aeusseres ist nicht ohne Annehmlichkeit. Sie erhält 50 <r.> schweres G<e>ld Pension von dem Könige von Dännemark: ihr baares Vermögen wird sich gegen zwei Tausend Thaler belaufen: an Kleidern, Wäsche, Betten, SilberGeschirr aber hat sie einen sehr beträchtlichen Vorrath.
Die Möglichkeit, wie sie als Deine Frau leben könnte, sehen wir so an.
1.). Du müstest ein anderes Haus kaufen, das Du ohne dies zu Deiner Fabrik brauchest: u. von der Mutter Dich trennen; es sey nun, daß sie in das andere Haus zöge, oder Du mit Deiner Haushaltung.
2.). Sie wird in Kleidung, u. Betragen bescheiden seyn, und sich in ihren neuen Stand zu richten suchen. Sie wird ihre prächtigen Kleider nicht tragen die sie hat: aber ihren Schnitt, und überhaupt die Lebensart des höhern Bürgerstandes muß sie beibehalten. – Im übrigen z. B. Eßen, u. Trinken ist sie mehr als bescheiden [/]
3.) Arbeiten, wozu körperliche Stärke gehört, kann sie natürlich nicht treiben. Aber sie wird sich sehr leicht darin schiken, das, was zur Aufsicht, u. Anordnung mehrerer weiblicher Geschäfte bei einer Bandfabrik gehört, zu erlernen. In weiblichen Arbeiten, Nähen, Striken, u. dergl. ist sie begreiflicher weise geschikter, als bei euch irgend ein Weib.
Jezt ist die erste Frage bloß die, ob Du frei bist, oder Dich machen kannst. Hier auf antworte mir mit umlaufender Post.
Die zweite wird seyn, ob ihr euch gefallet. Ich werde dann schon Gelegenheit verschaften, daß ihr euch kennen lernt. Ich hoffe das beste. Meine Frau sagt mir, u. ich bemerke es selbst, daß auf sie Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit, Biederkeit den meisten Eindruk macht. Dadurch, rechne ich, sollst Du ihr gefallen. Von Deiner Seite zweifle ich am Gefallen nicht.
Ich pflege nie mehr zu schreiben, als zur Sache gehört. Dies ist nun geschehen: also lebe wohl u. grüße Eltern, u. Geschwister.
F
Meine Frau meint, daß das nöthige doch noch nicht gesagt sey: ich habe nämlich von ihr noch nicht gegrüßt, u. den Empfang Deines Briefes noch nicht attestirt. Dessen will ich mich hierdurch erledigen. Auch läßt Hartmännchen grüßen. [/] Beinah hätte ich einen zweiten Auftrag vergessen.
Den Platz zur Bude in Leipzig habe ich besprochen. Deine Vorstellungen über diese Dinge müssen nothwendig unrichtig seyn; denn noch immer war dieser Plaz, und Gott weiß, wie viele Plätze, zu bekommen.
Er liegt auf dem Alten Neumarkte, am FürstenHause: u. hat zur Breite der Bude 5. Ellen, die Tiefe nach Belieben. Es hat dort nie eine Bude gestanden. Ganz daneben stehen auch keine, u. dürfen keine zu stehen kommen, indem da zwei Fenster sind,die nicht verbaut werden dürfen. Weiter nach der Grimmischen StrassenEcke über diese zwei Fenster stehen ein paar BandBuden: u. in der Grimmischen Strasse gehen dann die Bandbuden fort. Höher auf den Alten NeuMarkt hinauf stehen auch keine Bandbuden, so daß die Deinige die lezte, oder wenn man den Alten NeuMarkt herunter kommt, die erste würde[.] Ich glaube sonach, daß der Plaz so gelegen, u. bequem ist, als er seyn kann. Bezahlt wird nichts; ausser, sagte mein Schneider, bei der Ankunft ein paar Gulden Trinkgeld an den Hausknecht.
Du meldest Dich bei Deiner Ankunft bei dem SchneiderMeister Juch, wohnhaft im Salzgäßgen, N.406. 4. Treppen hoch, hinten heraus: der Dir zugleich eine Bude verschaffen will. – Dieses Blatt hebe Dir auf; denn ich behalte nun die Charte, auf welche ich mir diese Umstände notirt hatte, nicht länger auf, u. könnte Dir sonach <die> Nachricht nicht wieder geben, wenn Du sie verlierest.
Herrn Samuel Gotthelf Fichte
zu
Rammenau
p. Dresden, u. Bischofswerda.
Metadata Concerning Header
  • Date: Mittwoch, 4. Dezember 1799
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Samuel Gotthelf Fichte
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Rammenau · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 4: Briefe 1799–1800. Hg. v. Hans Gliwitzky und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Peter K. Schneider und Manfred Zahn. Stuttgart 1973, S. 163‒165.
Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • Classification Number: Mscr. Dresd. App. 1499, Nr. 23
Language
  • German

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