[Marburg] Mittwochen
Mittag d. 18ten Aug. [1790].
Ich bekomme eben Dein Zettelchen. Die La Roche hat mir geantwortet, was ich Dir beylege – also nur eine kurze Geduld. … Schlegel hat sich nicht über Dich beklagt – er sagt nur – ich wollte, Ihre Schwester wäre glücklicher als sie ist; Sie scheint zu wenig Zutraun zu mir zu haben, sich mir ordentlich mitzutheilen, geneckt werd ich desto mehr. Du hast doch Unrecht ihm so zu begegnen, und ich kan nicht entriren. Wir haben am Sontag eine recht hübsche Parthie gehabt, nahe an 100 Personen, beyweitem nicht alle unsre gute Gesellschaft. Der Plaz himimlisch, auf einer Ebne mit hohen einzelen über unsern Häuptern sich wölbenden Eichen am Fuß des Schloßes Frauenberg, mit einer über alle Beschreibung himmlischen Aussicht – unter Zelten gegeßen, alles ungenirt und splendid. Nachmittags, wie die Bauern sich versammelten, wurden die Dirnen in den Tanz gezogen; die Herren borgten Bauern Kittel, welches einigen, zumal dem kleinen Gr. Degenfeld, sehr gut stand. Es wurden Saturnalien gefeyert, die nah an Bachanalien gränzten, aber zu rechter Zeit Einhalt gethan. Wann wird Louise klug werden? die verwünschte Zudringlichkeit ist der Grund alles Übels. Hier giebts ein Mamsellchen, die genau so ist, wie Louise in dem Alter von 12 Jahr war – ich glaube sie zu sehn – sie hatte Bauern Kleidung an auf dem Fest und wuste sich viel damit. Sag nur der Dahmen, aus allen ihren Projeckten könne nichts werden, und wenn sie sie auch so spiz schleifte, daß sie durch ein Nadelöhr gingen. Grüß Louise. Ich weiche nicht von hier – ich zittre vor jeder Rückkehr – es ist genug einmal überwunden zu haben, und die Siegerinn könte ihre Kräfte erschöpft haben. Ich will niemand wiedersehn – nicht dort. Armes Herz. Arme Schwester. Meine Empfelung an Tatter – er wird sich hoffentlich nicht einbilden, daß ich ihm heute schreibe – auch nicht künftig. Ich hätte aber alle seine Briefe, auch den heutigen. Adieu, Liebe.
Mittag d. 18ten Aug. [1790].
Ich bekomme eben Dein Zettelchen. Die La Roche hat mir geantwortet, was ich Dir beylege – also nur eine kurze Geduld. … Schlegel hat sich nicht über Dich beklagt – er sagt nur – ich wollte, Ihre Schwester wäre glücklicher als sie ist; Sie scheint zu wenig Zutraun zu mir zu haben, sich mir ordentlich mitzutheilen, geneckt werd ich desto mehr. Du hast doch Unrecht ihm so zu begegnen, und ich kan nicht entriren. Wir haben am Sontag eine recht hübsche Parthie gehabt, nahe an 100 Personen, beyweitem nicht alle unsre gute Gesellschaft. Der Plaz himimlisch, auf einer Ebne mit hohen einzelen über unsern Häuptern sich wölbenden Eichen am Fuß des Schloßes Frauenberg, mit einer über alle Beschreibung himmlischen Aussicht – unter Zelten gegeßen, alles ungenirt und splendid. Nachmittags, wie die Bauern sich versammelten, wurden die Dirnen in den Tanz gezogen; die Herren borgten Bauern Kittel, welches einigen, zumal dem kleinen Gr. Degenfeld, sehr gut stand. Es wurden Saturnalien gefeyert, die nah an Bachanalien gränzten, aber zu rechter Zeit Einhalt gethan. Wann wird Louise klug werden? die verwünschte Zudringlichkeit ist der Grund alles Übels. Hier giebts ein Mamsellchen, die genau so ist, wie Louise in dem Alter von 12 Jahr war – ich glaube sie zu sehn – sie hatte Bauern Kleidung an auf dem Fest und wuste sich viel damit. Sag nur der Dahmen, aus allen ihren Projeckten könne nichts werden, und wenn sie sie auch so spiz schleifte, daß sie durch ein Nadelöhr gingen. Grüß Louise. Ich weiche nicht von hier – ich zittre vor jeder Rückkehr – es ist genug einmal überwunden zu haben, und die Siegerinn könte ihre Kräfte erschöpft haben. Ich will niemand wiedersehn – nicht dort. Armes Herz. Arme Schwester. Meine Empfelung an Tatter – er wird sich hoffentlich nicht einbilden, daß ich ihm heute schreibe – auch nicht künftig. Ich hätte aber alle seine Briefe, auch den heutigen. Adieu, Liebe.