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Caroline von Schelling to Luise Gotter, Friedrich Wilhelm Gotter

Königstein d. 19 Aprill [17]93.
Ich danke Ihnen, lieber Gotter, für die Maasregel, sich an den Hrn. Coadjutor zu wenden – es war das, warum ich Sie bitten wollte. Es ist doch das härteste, was einem Weibe begegnen kan, in eine so ernstliche Gefangenschaft zu gerathen – ehe sie das verdient, muß sie sich mehr wie Unbesonnenheiten der Denkart vorzuwerfen haben, und Hr. von Dalberg, der die Menschen kent, wird fühlen, daß diese sogar nicht von ihr, sondern von dem Einfluß ihrer Freunde abhangen – er kan nicht wollen, daß sie darum zu Grunde gerichtet werden soll, wie ichs durch eine lange Gefangenschaft unausbleiblich werden würde. Ich bin nicht Verbrecherin, weder mittelbar noch unmittelbar – aber allerdings hab ich Bekanten gehabt, die es sind, und die mich nun verdächtig machen. Ich hatte mich auf ewig von ihnen zu trennen geglaubt, und es hat nie zwischen ihnen und mir eine solche Verbindung statt gefunden, von der ich mich nun als Märtyrerin betrachten könte.
Man hat mir von einem Ausweg gesagt, der mich bald befreyen könte, nehmlich wenn man Caution für mich annehmen wollte. Was halten Sie als Jurist davon? Schrecklich ists, von der Dauer der Belagerung von Mainz abhangen zu sollen – und es heißt doch, daß man nicht eher förmlich untersuchen wird. Können nicht die Franzosen bey dem Mangel an auswärtigen Nachrichten rasend genug seyn, sich lange vertheidigen zu wollen?
Liebe Louise, wenn ich doch in dem Zimmerchen säße, was Du so gütig für mich bereitet hattest! Ich fühle Deine innige Theilnahme – wird es mir wohl so gut werden dir mündlich zu danken? Wird Deine Freundschaft nicht ermüden? Du siehst, ich mache denen, die mich lieben, keine Freude, und werde ihnen vielleicht noch viel Sorgen machen. Gott segne Dich Liebe – freue Dich Deiner Freiheit, und daß Du Deine Kinder selbst spazieren führen kanst. Ich mache mir beynah ein Gewißen daraus Augusten mein Schicksaal theilen zu laßen. Grüß Wilhelmine herzlich.
Dein Mann soll dem Hrn. von Dalberg bezeugen, wie lange ich schon mit ihm wegen meiner Abreise in Unterhandlung gestanden, und ihn, wie er in Frankfurt war, gebeten habe, mir einen Paß vom Herzog von Braunschweig zu verschaffen.
  • Schelling, Caroline von  Anteilnahme  erbitten  Karl Theodor, Mainz, Erzbischof
  • Schelling, Caroline von  Anteilnahme  erbitten  Gotter, Friedrich Wilhelm
  • Schelling, Caroline von  Anteilnahme  vermitteln lassen  Gotter, Friedrich Wilhelm
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 19. April 1793
  • Sender: Caroline von Schelling ·
  • Recipient: Luise Gotter · , Friedrich Wilhelm Gotter ·
  • Place of Dispatch: Königstein im Taunus · ·
  • Place of Destination: Gotha · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 282‒283.
Language
  • German

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