[Königstein] 16 May [1793].
Vorgestern kam Ihr Brief und die Einlage von Humbold – der sich doch des hofmännischen Tons nicht enthalten kan – vielleicht weil er glaubte, sein Schreiben käme nicht ungesehn zu mir. Sie sehn, daß der Trost gering ist, den er giebt – und meine Lage wird täglicher unleidlicher.
Die wahre Beschaffenheit der Dinge begreift Ihr alle nicht, wies scheint. Hier ist nur von willkührlichen Verfahren, von falschen Gerüchten die Rede. Geißel soll ich seyn darum: Mainzer Bürger sind als Geißeln nach Strasburg geführt – man sucht sie frey zu machen, ehe Mainz übergeht, um nicht da etwa Verbrecher entwischen laßen zu müßen. Man will die Weiber schrecken, denen man genaue Verbindungen, wenn auch nicht avouirte, mit Französischen Bürgern zutraut. Mich soll Forster erlösen. – Das kan F. nicht, und ich werds nie von ihm fordern – denn wir stehn nicht in diesem Verhältniß.
Nachher wird man auf Chicanen zurückkommen – das nimt Zeit weg – und indeßen schmacht ich hier, in der nahen Abhängigkeit elender Menschen, denen jede Gefälligkeit mit Geld abgekauft werden muß. – Wir haben unsern braven Commendanten verlohren, und auf der Stelle die Wirkung davon empfunden.
Ich hoffe dennoch jezt auf eine günstige Wendung und nahe Befreyung. Hoff ich zu viel – so ists auch gut.
Es versteht sich, daß ich in keinem Verhör fremde Dinge einmischen werde noch eingemischt habe. Glauben Sie mir, wir benehmen uns männlicher, wie unglückliche Weiber gewöhnlich thun. Meine Ideen über dies ganze Wesen sind ziemlich klar. – Könt ich nur ein zarteres Gefühl in mir betäuben, und über die Entweihung meines Nahmens hinweg gehn! Hätt ich die Rolle gespielt, die man mir schuld giebt, so würd ich dazu vermuthlich Stirn genug haben.
Ich habe eine große Begierde Meyers Schriften zu lesen – könte Ettinger sie nicht frey nach Frankfurt spediren, an Varrentrap[p] und We[n]ner nehmlich Ihr Exemplar – ich wills Ihnen wieder bringen! Ich weiß nicht, wie ich sie soll aus Frankfurt bekommen, da ich den Titel nicht weiß, ihn auch im Meßkatalog nicht finde. Meyer wird mich seit diesem Abendtheuer detestiren – er hätte recht, wenn ich mirs zugezogen hätte. – Von Schillers Freund hab ich Briefe und schrieb an ihn. Adieu, lieber Gotter und Louise.
(Nachschrift): Lieber Gotter – sie sagen, man wolle mich auf Bedingungen frey geben, das ist also vermuthlich Caution, eine hübsche Freyheit hab ich da zu erwarten – jezt an eisernen, dann an goldnen Ketten. Noch weiß ich nichts officielles.
Expediren Sie doch die Briefe. Man muß nun in Frankreich um mein Schicksaal wißen – im Moniteur steht ja, qu’on a mené à la forteresse de K. la veuve Böh. amie du Citoyen Forster. – Das ist tröstlich, ich bin seine Freundinn, aber nicht im französischen Sinn des Worts.
Vorgestern kam Ihr Brief und die Einlage von Humbold – der sich doch des hofmännischen Tons nicht enthalten kan – vielleicht weil er glaubte, sein Schreiben käme nicht ungesehn zu mir. Sie sehn, daß der Trost gering ist, den er giebt – und meine Lage wird täglicher unleidlicher.
Die wahre Beschaffenheit der Dinge begreift Ihr alle nicht, wies scheint. Hier ist nur von willkührlichen Verfahren, von falschen Gerüchten die Rede. Geißel soll ich seyn darum: Mainzer Bürger sind als Geißeln nach Strasburg geführt – man sucht sie frey zu machen, ehe Mainz übergeht, um nicht da etwa Verbrecher entwischen laßen zu müßen. Man will die Weiber schrecken, denen man genaue Verbindungen, wenn auch nicht avouirte, mit Französischen Bürgern zutraut. Mich soll Forster erlösen. – Das kan F. nicht, und ich werds nie von ihm fordern – denn wir stehn nicht in diesem Verhältniß.
Nachher wird man auf Chicanen zurückkommen – das nimt Zeit weg – und indeßen schmacht ich hier, in der nahen Abhängigkeit elender Menschen, denen jede Gefälligkeit mit Geld abgekauft werden muß. – Wir haben unsern braven Commendanten verlohren, und auf der Stelle die Wirkung davon empfunden.
Ich hoffe dennoch jezt auf eine günstige Wendung und nahe Befreyung. Hoff ich zu viel – so ists auch gut.
Es versteht sich, daß ich in keinem Verhör fremde Dinge einmischen werde noch eingemischt habe. Glauben Sie mir, wir benehmen uns männlicher, wie unglückliche Weiber gewöhnlich thun. Meine Ideen über dies ganze Wesen sind ziemlich klar. – Könt ich nur ein zarteres Gefühl in mir betäuben, und über die Entweihung meines Nahmens hinweg gehn! Hätt ich die Rolle gespielt, die man mir schuld giebt, so würd ich dazu vermuthlich Stirn genug haben.
Ich habe eine große Begierde Meyers Schriften zu lesen – könte Ettinger sie nicht frey nach Frankfurt spediren, an Varrentrap[p] und We[n]ner nehmlich Ihr Exemplar – ich wills Ihnen wieder bringen! Ich weiß nicht, wie ich sie soll aus Frankfurt bekommen, da ich den Titel nicht weiß, ihn auch im Meßkatalog nicht finde. Meyer wird mich seit diesem Abendtheuer detestiren – er hätte recht, wenn ich mirs zugezogen hätte. – Von Schillers Freund hab ich Briefe und schrieb an ihn. Adieu, lieber Gotter und Louise.
(Nachschrift): Lieber Gotter – sie sagen, man wolle mich auf Bedingungen frey geben, das ist also vermuthlich Caution, eine hübsche Freyheit hab ich da zu erwarten – jezt an eisernen, dann an goldnen Ketten. Noch weiß ich nichts officielles.
Expediren Sie doch die Briefe. Man muß nun in Frankreich um mein Schicksaal wißen – im Moniteur steht ja, qu’on a mené à la forteresse de K. la veuve Böh. amie du Citoyen Forster. – Das ist tröstlich, ich bin seine Freundinn, aber nicht im französischen Sinn des Worts.