Göttingen, 13 Xbr 1795.
Madame,
Ihr ausgezeichnet gütiges und vertrauliches Schreiben vom 22 8br würde ich beinahe, aus Scham, gar nicht mer, wie oft schlechte Correspondenten tun, beantwortet haben; wenn ich nicht Eine trifftige Beschönigung meiner Verspätung anzufüren hätte – meine Arbeit mit Hrn. Tychsen, aus den Manuscripten Ihres Hrn. Vaters noch einiges zu Gelde zu machen, wovon Sie wol bereits nähere Nachricht haben.
Nun schuldige Antwort, Zeile für Zeile.
a. Mein Aufsatz en question ist einmal Ihr Eigentum: folglich machen Sie damit, was Sie für gut finden. 1. Lassen Sie ihn als Anhang zum Briefwechsel, auf die gemeldte Art, drucken: nur 2. NB. melden Sie in einem Avant-propos (den niemand just mit Namen zu unterschreiben braucht), daß ich diesen Aufsatz, gleich nach des sel. Mannes Tod, an die Familie, zu ihrer Beruhigung, abgegeben hätte. 3. In diesem Avant-propos kan sogar was Gutes von mir gesagt werden, z. Ex. von meiner dankbaren und enthusiastischen Verehrung des sel. Manns: so was muß sogar eingeschaltet werden, damit ich in keinem Falle als jetziger Herausgeber des Aufsatzes im Publico erscheine.
b. Unendlich obligiren Sie mich durch die Fortsetzung Ihrer Nachrichten von Gotha. Mein Carl ist seit März hier – hauptsächlich, weil wir eine unglückliche emigrirte Vicomtesse im Haus haben, bei deren täglichen Umgang der Knabe herrlich französisch plaudern lernt. Aber dabei habe ich Gotha bei Leibe nicht aufgegeben …
c. Seit vollen 8 Jaren sage ich zweien meiner Söne (nicht einem Dritten, der zwar arbeiten kan, aber nicht mag) vor: „wär ich in meinem Alter 15 Jare zurück; bei Gott! ich ginge nach America“. …… Allein ginge ich; aber noch lieber mit einem selbstständigen Weibe, die im Nothfall meiner MannsSelbstständigkeit (ach! die manquirt uns oft) zur Krücke diente. – Doch ich Unbesonnener, was schmeiße ich da hin, das one Commentar (der nicht für einen Brief ist) übel ausgelegt werden kan! Nein, Sie, Madame, legen es nicht unrecht aus.
d. Kürzlich ward meine Frau mit einem, auch für mich statistisch interessanten Schreiben von Ihrer Fr. Mutter beehrt, welches sie nächstens beantworten wird. Indeß empfielt sie sich mit mir, Ihnen allen, gehorsamst, – und macht drauf und drein an einer neuen broderie pointée oder Miniatur Stickerei (helfen Sie dazu, daß dieser neue Name für eine neue Sache in Umlauf komme), die, wie sie und Fiorillo meinen, besser als alle vorherige wird, und die sie auf die nächste Messe – ich weiß nicht, zum Verkauf, oder blos zum Begucken (Bewundern?) – an Sie schicken wird.
Mit unveränderter Hochachtung Ihr
ganz gehorsamster Diener
Schlözer.
Madame,
Ihr ausgezeichnet gütiges und vertrauliches Schreiben vom 22 8br würde ich beinahe, aus Scham, gar nicht mer, wie oft schlechte Correspondenten tun, beantwortet haben; wenn ich nicht Eine trifftige Beschönigung meiner Verspätung anzufüren hätte – meine Arbeit mit Hrn. Tychsen, aus den Manuscripten Ihres Hrn. Vaters noch einiges zu Gelde zu machen, wovon Sie wol bereits nähere Nachricht haben.
Nun schuldige Antwort, Zeile für Zeile.
a. Mein Aufsatz en question ist einmal Ihr Eigentum: folglich machen Sie damit, was Sie für gut finden. 1. Lassen Sie ihn als Anhang zum Briefwechsel, auf die gemeldte Art, drucken: nur 2. NB. melden Sie in einem Avant-propos (den niemand just mit Namen zu unterschreiben braucht), daß ich diesen Aufsatz, gleich nach des sel. Mannes Tod, an die Familie, zu ihrer Beruhigung, abgegeben hätte. 3. In diesem Avant-propos kan sogar was Gutes von mir gesagt werden, z. Ex. von meiner dankbaren und enthusiastischen Verehrung des sel. Manns: so was muß sogar eingeschaltet werden, damit ich in keinem Falle als jetziger Herausgeber des Aufsatzes im Publico erscheine.
b. Unendlich obligiren Sie mich durch die Fortsetzung Ihrer Nachrichten von Gotha. Mein Carl ist seit März hier – hauptsächlich, weil wir eine unglückliche emigrirte Vicomtesse im Haus haben, bei deren täglichen Umgang der Knabe herrlich französisch plaudern lernt. Aber dabei habe ich Gotha bei Leibe nicht aufgegeben …
c. Seit vollen 8 Jaren sage ich zweien meiner Söne (nicht einem Dritten, der zwar arbeiten kan, aber nicht mag) vor: „wär ich in meinem Alter 15 Jare zurück; bei Gott! ich ginge nach America“. …… Allein ginge ich; aber noch lieber mit einem selbstständigen Weibe, die im Nothfall meiner MannsSelbstständigkeit (ach! die manquirt uns oft) zur Krücke diente. – Doch ich Unbesonnener, was schmeiße ich da hin, das one Commentar (der nicht für einen Brief ist) übel ausgelegt werden kan! Nein, Sie, Madame, legen es nicht unrecht aus.
d. Kürzlich ward meine Frau mit einem, auch für mich statistisch interessanten Schreiben von Ihrer Fr. Mutter beehrt, welches sie nächstens beantworten wird. Indeß empfielt sie sich mit mir, Ihnen allen, gehorsamst, – und macht drauf und drein an einer neuen broderie pointée oder Miniatur Stickerei (helfen Sie dazu, daß dieser neue Name für eine neue Sache in Umlauf komme), die, wie sie und Fiorillo meinen, besser als alle vorherige wird, und die sie auf die nächste Messe – ich weiß nicht, zum Verkauf, oder blos zum Begucken (Bewundern?) – an Sie schicken wird.
Mit unveränderter Hochachtung Ihr
ganz gehorsamster Diener
Schlözer.