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Caroline von Schelling to Luise Gotter

Jena d. 24 Oct. [17]98.
Lieber will ich nur nothdürftig schreiben, als es noch einen Postag länger anstehn lassen, Dich wieder von hieraus zu begrüßen, meine beste Luise. Du kannst wohl denken, daß ich hier mancherley zu thun vorgefunden, und nun kamen mir auch gleich die holländischen Gäste dazwischen, und der Tag vergeht, ohne daß ich die Hälfte von dem gethan, was ich habe thun wollen. Rechne also nicht auf große Relationen von dem vergangnen halben Jahr. Ich wünschte aber herzlich sie Dir und Minchen mündlich machen zu können. Sollte ich eine Gelegenheit finden, so komme ich einmal eigens dazu herübergefahren.
Sehr froh bin ich, daß die Nachrichten von unsrer guten Cecile Gesundheit beruhigend lauteten. Du kannst mir keine größere Liebe erzeigen, als wenn Du mir ihre Besserung bestätigest. … Es thut mir gar zu weh, daß sie ein so trübes Andenken von ihrem Jenaer Aufenthalt behalten muß. Wenn man an einem Orte nur krank gewesen, so kann man sich nicht denken, wie einem gesund da zu Muth wäre. Diese Eindrücke muß Cecile noch einst in einem schönen Sommer auslöschen. Ihr habt uns ja nun einigermaßen fest hier, und Du bist eine wunderliche Seele, daß Du, statt mir darüber ein freundliches Wort zu sagen, von unsern Grundsätzen sprichst. Erstlich weiß ich nicht, daß Schlegel es verredet sich je irgendwo zu binden, wenn er gleich zu Gunsten der Unabhängigkeit viel gesagt und sie vorgezogen haben mag, besonders zur Antwort darauf, daß Ihr Euch gar keinen ordentlichen Mann denken könnt, der nicht eine Civilbedienung hat. Zweitens wird wahrlich durch den Professor seine Unabhängigkeit nicht gefährdet. Es ist ja gleichsam nur eine Erlaubniß Collegia zu lesen, wenn er dazu Lust hat, die ihn nicht verhindern kann seine Zeit auch anders anzuwenden und Jahre lang abwesend zu seyn. Also sey nur ruhig, wir sind noch die nehmlichen. Der Mensch geht seinen Weg und die Grundsäze laufen beyher und mögen sehn, wie sie fortkommen. Verlaß Dich nicht auf Grundsäze und kränke Dich nicht, wo sie dahinten bleiben, allein auf Menschen verlaß Dich immerdar, die Du so kennst, wie uns.
Schlegel ist sehr fleißig. Es wird ein geschäftiger Winter werden, so daß wir selbst die Geselligkeit dabey einschränken müssen, der wir ja auch im Sommer so schön gelebt haben.
Wenn ein Aufsaz von Schlegel: die Gemälde genannt, gedruckt seyn wird, so will ich sehn ihn Dir zu schicken, weil er ein Denkmal unsres Dresdner Aufenthalts ist, an dem Du gewiß theilnehmen wirst.
… Fast alle meine Bekannte fand ich abwesend. Die Paulus ist noch in Schwaben. Ihr Mann holt sie jetzt. Schleußner hat dort seine Laufbahn beschlossen.
Gleich nach unsrer Ankunft zog uns die Aufführung des Vorspiels zum Wallenstein nach Weimar hinüber. Es ist exzellent gespielt worden, und war so merkwürdig, als das neu eingerichtete Schauspielhaus freundlich und glänzend. Wird das nicht die Gothaner herüber locken? Wir haben diesen Winter noch 2 Schauspiele von Schiller auf dieser Bühne zu erwarten. Hast Du von Iffland keine Nachricht? Wünschest Du, daß wir ihm etwas schreiben? Er ist jetzt etwas geplagt. Der Hamlet hat noch nicht können aufgeführt werden, vielleicht im Frühjahr. Von sich selbst hat er indeß 3 Stücke geliefert. Die brauchen keine neue Einrichtungen und Dekorazionen.
Lebe wohl, theuerste liebe Freundin. Ich umarme Deine Kinder und die Tante.
Metadata Concerning Header
  • Date: Mittwoch, 24. Oktober 1798
  • Sender: Caroline von Schelling ·
  • Recipient: Luise Gotter ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Gotha · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 466‒468.
Language
  • German

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