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Caroline von Schelling to Auguste Böhmer

[Jena] Sontag Abend [6. Oct. 1799].
In der Nacht setz ich mich noch hin, damit Du liebes Seelchen morgen gewiß ein Briefchen bekömst, da Du so sehr jammerst. Du mußt bedenken, daß ich wirklich oft nicht schreiben kan, weil ich doch auch alle Deine kleinen Geschäfte neben meinen großen versehe. Nur das neueste. Diesen Mittag kam die Veit an, nachdem Friedrichs Ungeduld aufs höchste gestiegen war. Also nun ist sie da – da ist sie – merke Dirs wohl. Sie hat ein nazionales, c’est à dire jüdisches Ansehn, Haltung und so weiter. Hübsch kommt sie mir nicht vor, die Augen sind groß und brennend, der Untertheil des Gesichts aber zu abgespannt, zu stark. Größer wie ich ist sie nicht, ein wenig breiter. Die Stimme ist das sanfteste und weiblichste an ihr. Daß ich sie lieb gewinnen werde, daran zweifle ich keinesweges. Vor dem Jungen fürchte Dich nicht länger, c’est un joli petit espiègle, er wird Dir tausend Spaß machen, ich bin schon sehr gut Freund mit ihm. Er ist ganz klein und geschmeidig wie ein Page, wir wollen ihm Deine Livree anziehn.
Aber nun denk, wer Morgen kommt. Vorgestern melden sich Hoppenstedts aus Göttingen, also niemand geringers als Deine Tante Philippine an. Sie machen mit dem ältern Hoppenstedt, der die Mlle Glockenbringk zur Frau hat, eine Reise über Cassel, Eisenach usw. hieher. Durch Loders hat sie schon erfahren, daß Du nicht da bist, und ist sehr betreten drüber, sie möchte Dich gern sehn, weil sie viel Gutes von Dir gehört – nun ists recht gut, daß sie Dich nicht sieht, so kann sie nun um desto mehr von Dir glauben. Sie bleiben nur einen Tag, was mir auch, weil das Wetter schlecht und niemand hier ist, recht lieb seyn soll. Ich schreibe Dir dann noch mehr davon.
Toll möcht ich werden, daß die Tischbein hier nicht noch gewartet hat, T. hätte gewiß eine Einrichtung auf den Winter hier zugegeben. Ich will ihr die Sache nochmals vorstellen, der Winter ist doch noch lang. Unterstützt, ihr Mädchen, was ich ihr schreibe. Dir aber, Du Liebe, laß ein Wort sagen in Vernunft und Vertrauen. Du bist nun dort, Du hast das erste der Trennung überstanden. Bestehst Du nun durchaus darauf, innerhalb 14 Tagen mit Hufelands zurückzukommen? Die erste Zeit ist Dir für die Musik doch verloren gegangen, kaum hast Du damit angefangen, Du bekomst nie diese Gelegenheit wieder und wilst sie ohne weiters aufgeben? Könntest Du Dich nicht entschließen bis gegen Weinachten zu bleiben? Um Weinachten sollst Du gewiß hier seyn, darauf geb ich Dir mein mütterliches Ehrenwort. Auch will ich Dir jeden Postag schreiben. Nur – bleibst Du so kurz, so ist es wieder nichts Rechts, so ist es so gut, als hättest Du blos eine Fahrt dahin gemacht, um Dich über die Dessauer aufzuhalten. Süße Seele, bedenke es wohl. Du weist, daß wir auf Ostern Jena verlassen, und vielleicht …
[Schluß fehlt.]
Metadata Concerning Header
  • Date: Sonntag, 6. Oktober 1799
  • Sender: Caroline von Schelling ·
  • Recipient: Auguste Böhmer ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Dessau · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 563‒565.
Language
  • German

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