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Caroline von Schelling to Auguste Böhmer

[Jena] Montag d. 14 Ort. [1799].
Gestern, mein liebes Hühnchen, ist Deine liebe Tante endlich dagewesen, ich hatte sie 8 Tage zu früh erwartet. Sie hat sich wirklich ganz ausgelassen gefreut mich zu sehn und betrübt Dich nicht zu finden. Erst gegen Mittag kamen sie. Der Superintendent Hoppenstedt, nebst seiner Frau, einer gebohrnen Glockenbringk, nicht viel älter und größer wie Du, ein artiges Weiblein, und der Doktor H. aus Göttingen mit Philippine, die furchtbar häßlich ist, so daß Sophie gut neben ihr aussah. … Ihr Mann hat mir besser gefallen wie der Superintendent. Ich hoffe, es hat ihnen gut bey uns gefallen. Ich hatte Lodern und Paulussens gebeten, nebst Sophie, und so machten wir einen ziemlich großen und lebendigen Tisch. Die Veit hatte sich sehr schön gemacht, wie sie denn uns allen, auch den gleichgültigen Personnnagen, immer besser gefällt. Ich war im neuen Kleide auch verwegen hübsch. Nach Tisch gingen wir spazieren, dann Thee, dann wieder Souper und Punsch, wo Friedrich und ich uns betranken. Heut Nacht sind sie fort nach Leipzig. Sie waren wirklich recht vergnügt, und ich soll Dich vielmals grüßen. Auch die kleine Frau hätte Dich gern gesehn, gewiß um noch ein bischen mit Dir zu spielen. – Vorgestern habe ich eine andere Parthie vorgenommen. Ich habe die Fichte gebeten zu Mittag, ach Gott! und da haben wir mit ihr spazieren gehn müßen und sie ist geblieben bis Abends 8 Uhr. Frommans kamen den Nachmittag. Die Tage war das Wetter ziemlich; heut regnets aber fürchterlich. Schlegel reist die folgende Nacht mit Loder nach Leipzig und nimt dieß mit, damit es früher komt. Er will Unger in Leipzig sprechen.
Von Hufelands weiß ich nun noch weiter nichts neueres. Jetzt müssen sie in Berlin seyn und sehn den Hamlet, wozu ich alle Lust verloren habe. Auch von Tieks noch nichts. Wir treiben sehr stark das Italienische, jeden Abend 7 Uhr giebt uns der heilige in Gott andächtige Vater Friz eine Stunde, Schelling und mir. Die Veit ist dabey. Dir wird Friz oder Wilhelm eine Zeitlang besonders Stunden geben müssen. Wir sind schon zu weit. Was Du lezt gegen Schelling sagtest, war gar nit hübsch. Wenn Du Dich gegen ihn so sträubst, so werd ich glauben, daß Du auf Dein Mütterchen eifersüchtig bist. Er ließ Dir das mit der spröden Mamsell natürlich nicht sagen, das war ich, und was ist denn unverständlich darinn? Hast Du nicht zuweilen herbe Maniren wie ein saurer Apfel? Einen Beweis von Schellings Liebenswürdigkeit muß ich Dir erzählen, er hat mir heimlich schwarze Federn auf meinen Hut kommen lassen, der mir recht wohl steht. Nun denk! Ich war ganz verblüft.
Tischbein hat uns freundlich von Dresden geschrieben, aber was seine Plane sind, können wir nicht daraus sehn. Schreib nur ja, was Du weißt, übermorgen bekomme ich doch gewiß Briefe von Dir.
Philipp geht in das Kirstensche Institut, und inkommodirt uns ganz und gar nicht.
Ich schicke Dir einen Brief von der Gottern, aus dem Du ersehn kanst, wie es mit dem Confirmazionswerke steht. Will Löfler nicht selbst den Unterricht geben, so weiß ich im Grunde nicht, warum Du dorthin solltest. Schreib doch Cecilien einmal.
Der Sohn Dieterich hat 20 000 rh. in der Lotterie gewonnen, da er eben auf dem Punkt stand wegen Wechsel, die er nicht bezahlen konnte, arretirt zu werden. Hätten wir sie doch! Leb wohl, Liebe Liebe. Alle grüßen Dich und alle. Hört die Tischbein wohl ein bischen auf meinen Vorschlag? Wir würden uns sehr freun. Welch einen Weinachtsabend gäbe das!
Die Lady Augusta Murray ist wirklich in Berlin. Die Veit hat sie oft gesehn und kennt auch die Nuys persönlich. Haben wir uns schon für Carolinens Conterfey der Nuys bedankt? Es sieht ihr wirklich gleich. Wilhelm hat es auch gleich zu sich genommen. Ist die Tischbein bald fertig?
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 14. Oktober 1799
  • Sender: Caroline von Schelling ·
  • Recipient: Auguste Böhmer ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Dessau · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 565‒567.
Language
  • German

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