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Caroline von Schelling an Luise Gotter

Jena d. 19ten Jun. [18]01.
Meine liebe Freundin, das Schreiben wäre wohl eben so gut an mir wie an Dir gewesen, ich dachte aber das wesentliche ist doch, wenn Julchen nur schreibt; sie ist da, und nicht ungern. Und manche Stellen sind in Deinem Briefe, die Du nur hättest können ungeschrieben lassen, von zur Last seyn usw. Ich möchte nun gern das Blättchen wenden und mit andern Vorschlägen Dir dienen als mit schicklichen Gelegenheiten Julchen wieder zurückzubringen. Wenn diese nehmlich in die Rubrik des zur Last seyns gehören, und Du keine ernstliche Einwendung dagegen hast, daß Julchen noch bey mir bleibt vors erste, so werde ich mich freuen, wenn ich ihr nur nicht lästig werde, und es für eine so große Verbindlichkeit ansehn, daß sie bleibt, als Du immer, daß ich sie behalte. Julchen und ich können uns in der That alleweil sehr gut gegenseitig nützen. Was ein Töchterchen vom Hause zu thun pflegt, das nimmt sie mir ab, eine Hülfe, die ich auch nicht mehr entbehren kann, da meine Gesundheit fast unter jeder körperlichen Bewegung leidet, besonders da ich dergleichen nie mit der gehörigen Gemächlichkeit zu verrichten weiß. Ich will es dagegen nicht an geistlicher Unterstützung und Unterhaltung zum Dank für ihre leibliche gebrechen lassen. …
Schlegel kommt erst im Julius, aber, wie er mir nun bestimmt glaubt versichern zu können, dann gewiß. Er würde mir es so nicht verzeihen, wenn ich Julchen wegließe, ehe er käme. Dann wird es auch noch heitrer und angenehmer für sie werden und mehr Zerstreuung geben, die ich für mich selbst fliehe, allein ihr so herzlich gern gönne. Wir leben recht still zusammen, besonders in den lezten 14 Tagen, wo Luise in Weimar war. Gestern kam sie zurück und Cäcilie und Minchen Conta begleiteten sie. Das Wetter war Cecilen wieder nicht günstig, wie es seit einiger Zeit niemanden ist, es macht sich wie vor dem Jahre; wir heizen täglich ein. Dies thut meiner Gesundheit kein Gutes, ich befinde mich auch schlecht genug in diesem Augenblick selbst. Sehr leid that es mir, daß Julchen bey mir aushalten muste und ich ihr Marie Stuart nicht zeigen konnte, ich war nicht im Stande selbst hinzufahren, und es fand sich keine andre Gelegenheit, da die Meisten es schon gesehn haben. Es werden schon Entschädigungen kommen.
Was Du mir von Perthes Anerbieten schreibst, ist mir in dem jezigen Zeitpunkt recht erwünscht gewesen, wo Schlegel mit eignen Angelegenheiten alle Hände voll zu thun hat, und nur zu sehr erfährt, welch ein Volk die Buchhändler geworden sind, seitdem sie auch die Literatur leiten wollen. Die kannst gewiß seyn, daß er Dir keine bessern Bedingungen jetzt zu schaffen wüßte. Nimm diese ja an. Sein Prozeß mit Unger war nach dem lezten Brief noch nicht entschieden, ich erwarte morgen neue Nachrichten.
… Bey der ersten Gelegenheit will ich einmal Meyer über ihr [Cäciliens] Talent befragen, der ihre Zeichnungen gesehn hat und der ein wahrer Kenner, obgleich kein Mahler ist. Meyer hat sich, wie ich hörte, gegen die Idee mit Tischbein geäußert, weil der kein Künstler sey, wie man im höchsten Sinn das Wort nimmt. Das wißen wir freylich auch – nur wo sind die rechten zu finden? …
Lebe wohl, meine gute.
  • Schelling, Caroline von  Gastfreundschaft  bekräftigen  Gotter, Julie
  • Schelling, Caroline von  charakterisieren  Gotter, Julie
  • Schelling, Caroline von  Ankunft  ankündigen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schelling, Caroline von  aufschieben  Schiller, Friedrich: Maria Stuart
  • Schelling, Caroline von  Verlagskontakt  zustimmen  Perthes, Friedrich Christoph
Briefkopfdaten
  • Datum: Freitag, 19. Juni 1801
  • Absender: Caroline von Schelling ·
  • Empfänger: Luise Gotter ·
  • Absendeort: Jena · ·
  • Empfangsort: Gotha · ·
Druck
  • Bibliographische Angabe: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 171‒173.
Sprache
  • Deutsch

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