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Caroline von Schelling to Julie Gotter

[Jena] Montag den 8 Aug. [18]02.
Du kanst denken, liebes Julchen, wie sehr mich die Erscheinung der Chanoinesse überrascht und erfreut hat. Sie fand mich nicht zu Haus, doch war ich zum Glück auf keinem weiten Spaziergang, wie ich sie alle Tage Stundenlang vorzunehmen pflege, sondern bey Frommans, wo ich geholt ward, und da man mir noch eine Dame ankündigte, sicherlich Dich zu erblicken gedachte, was denn ganz nach meinen Wünschen gewesen wäre, auch nach den Deinigen, wie ich aus Deinen Äußerungen schließe. Wenn ich nur so gewiß wüste, ob die Deiner Familie mit Dir übereinstimmten, und ob sich nicht noch eher die Einwendungen vermehrt haben und noch vermehren können. …
Am Ende dieser Woche hoffe ich die Chanoinesse noch einmal wieder zu sehn, und sie wird auch mündlich Nachricht von mir geben. Meine Gesundheit ist fast ununterbrochen gut.
Von hier ist wenig zu melden. Tiek aus Weimar habe ich noch nicht hier gesehn, er ist sehr beschäftigt, und macht außer den bas reliefs noch allerley berühmte Häupter. Möller ist noch da, und die beyden Herren, welche in Bamberg die verschrienen Theses aufstellten, Sauer und Stranzky, vermehren den kleinen Hof. Sie sind recht ordentlich und bescheiden und darinn sehr merkwürdig, daß nie der eine ohne den andern aus dem Hause geht. Schelling ist sehr fleißig, ohne viel zu arbeiten, und arbeitet viel, ohne in Menge zu Stande zu bringen.
[Geschäfte.] Ich werde dafür sorgen, daß Cäcilie um Ostern gewiß eine Stätte in Dresden findet. Ich umarme die Mutter.
Caroline S.
Metadata Concerning Header
  • Date: Sonntag, 8. August 1802
  • Sender: Caroline von Schelling ·
  • Recipient: Julie Gotter
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Gotha · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 339‒340.
Language
  • German

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