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Friedrich Schleiermacher to Alexander von Dohna

Schlobitten, 17. Mai 1793.
Bester Graf. Unser Freund Hermes hat wol schon den Auftrag von mir bekommen, mich Ihrem gütigen Andenken aufs angelegentlichste zu empfehlen, aber ich hoffe Sie werden es mir verzeihen, daß ich den Auftrag auch selbst noch ausrichte. Daß ich Ihnen aufrichtige Achtung und Freundschaft gewidmet habe wegen einer Menge achtungswürdiger Eigenschaften, an deren Recension Hermes und ich uns oft ergözt haben, daß ich mich | immer besonders auf die Zeiten gefreut habe, welche Sie hier zubrachten, und im Grunde des Herzens so ganz in die allgemeine Freude einstimmte, welche dann herrschte; auch das erschwert mir den Abschied von Schlobitten beträchtlich. Aber jedes Schicksal muß im Zusammenhang genommen sein gutes haben, und so auch dieses. Mein aufrichtiges Bestreben ist immer gewesen Ihren kleinen Brüdern so nüzlich zu seyn als möglich; wenn es mir auch nicht gelungen ist alles mit ihnen zu erreichen was ich gewünscht habe, wenn ich gleich in manchen Dingen mit ihnen nicht über die ersten Gründe hinausgekommen bin und mir auch ihre Liebe, in einem Hause wo sie schon so viel zu lieben haben, nicht so habe erwerben können wie es vielleicht mancher andere gekonnt hätte, so hoffe ich doch, daß mein Aufenthalt bei ihnen nicht unnüz gewesen ist, und wünsche von Herzen, daß auch meine Entfernung ihnen möge nüzlich werden, wenn sie auf dem leichteren Wege, den sie nun nach mancher überwundenen Schwierigkeit vor sich haben, auch einen leichteren und angenehmeren Führer bekommen, dem die Erinnerung an alle diese überwundenen Schwierigkeiten bei ihnen nicht so im Wege steht. Möchten sie so brave und vortrefliche Männer werden als meine herzliche Liebe es ihnen wünscht, so will ich mich gern darüber beruhigen, daß ich nicht länger dazu beitrage.
Von Ihnen, bester Graf, habe ich immer geglaubt, daß Sie mir ein wenig gut wären und es ist meine herzliche Bitte, daß Sie mir das so lange erhalten, als es eine so gänzliche Entfernung nur zulassen will. Mir ahndet als ob Sie von der ganzen hiesigen mir unvergeßlich schäzbaren Familie der erste seyn werden, den mich mein gutes Glück wiedersehn läßt; laßen Sie es dann mit einem freundschaftlichen Blick geschehn, welcher mir zeigt daß ich Ihre gute Meinung nicht verloren habe. Und so segne Sie der Himmel, lieber Graf, mit allem Guten; Ihre angestrengten Bestrebungen nach allem was einen Mann vollkommen macht können nicht ungekrönt bleiben; möge nur ein gutes Schicksal Ihnen den beschwerlichen Weg erleichtern | den Sie in Ihrem Fach vor sich haben, und Sie in eine Lage sezen um so viel als die Welt empfänglich ist von dem Guten auszuführen was Sie Sich gewiß immer vorsezen werden. Ihre richtige Vernunft verbietet Ihnen etwas um der Glükseligkeit willen zu thun; möge sie Ihnen desto mehr mit allen wahren Gütern des Lebens entgegenkommen! Das sind die herzlichen Wünsche
Ihres Sie aufrichtig hochschätzenden Schleiermacher.
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 17. Mai 1793
  • Sender: Friedrich Schleiermacher ·
  • Recipient: Alexander von Dohna ·
  • Place of Dispatch: Schlobitten ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 1. Briefwechsel 1774‒1796 (Briefe 1‒326). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1985, S. 295‒296.

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