d 29ten Septbr 1793
Ohngeachtet mir die Unwißenheit, in welcher ich Deinetwegen lebe, sehr peinigend, und Dein Stilschweigen welches mich in der That befremdet fast zum Zorn reizen könte, so kan ich nicht umhin Dir mein Lieber zu sagen wie viel ich mich im Geist mit Dir, Deiner jezigen, und künftigen Lage beschäftige, und mir von keiner richtige Begriffe machen kann, ja selbst nicht über das, was, Du in der Vergangenheit warst – da mir doch vieles davon dunkel geblieben seyn muß – da ich ohnmöglich glauben kann, daß diese verschiednen Meinungen mit dem Grafen sich so auf einmahl dargestelt, sondern gleichsam ein Ausbruch, von einer lang gegährten Materie, die denn doch manches unangenehme für Dich schon seit mehreren Zeiten gehabt haben muß – Gott könte ich doch über das alles mir Dir sprechen! und über so manches was mir von Deinem Aufenthalt in dem mir so interressanten Hause unerklärbar geblieben; und da ich eben davon spreche erlaube mir einige Fragen die ich aus Bescheidenheit nicht so öfters wiederholen wolte, deren Beantwortung Du mir aber jetzt nicht verweigern wirst, da Dein Verhältniß mit den Gegenständen ein Ende hat; was waren das für Papiere die Du schon zu Anfange Deines dortigen Aufenthalts der Comtesse Caroline mittheilst, über welche sie vor der verstorbnen Generalin einen geheimnißvollen Schleyer warf? waren es von Dir gemachte Vorschriften wegen ihres Betragens – oder andre lehrreiche AufSäze? hast Du dem Graf Louis Deine innige Verehrung für Friderique ohne Hülle dargelegt – und hat sie etwas davon erfahren? in wie fern mußtest Du sie bey der Comtesse von Carwinden in Schlodien vertheidigen – ich kan mir nicht vorstellen was für Verdacht man auf diese liebe Seele werfen konte! ist Graf Wilhelm mit seinen accademischen Lauf noch nicht fertig – von diesen und Allexander wünschte ich mir ausführlichre | Beschreibung, so wohl was sie ihrer Seele nach sind, als was ihre künftige Bestimung seyn wirdt – wie Schade! daß Du mit Louis außer aller Gemeinschaft bist, wirst Du mit niemand aus dem Hause Briefe wechseln! welche Frage? aber still! eben mit diesem guten edlen jungen Menschen, der mir eben gar zu liebenswürdig vorkomt; wie Dir bey der Entfernung von allen denen lieben, jedes einzeln betrachtet, zu Muthe seyn muß, und der GlükSeeligkeiten alle, die Dir oft so reichlich zufloßen, die Hofnung, diese täuschende Göttin, die unsre Phantasie am GängelBande hält, flüstert Dir wie Du selbst mir schriebst den Trost zu, sie alle wiederzusehn, freue Dich des so lange Du noch ein RettungsBretchen hast – wir wollen uns beide dran anklamern, so vest wir können, daß auch wir das frohe Fest des Wiedersehns noch feiern werden, o! dan mein Lieber denn wirds der Fragen, der Erläuterungen, und Mittheilungen manche geben – dann würdest Du mir vielleicht auch zur Bekantschaft mit Henrietten verhelfen, Du weist doch daß ihr Mann StadtSindicus in Steinau im Glogauischen, vor einigen Wochen hatte er in Kniegniz (das Gut des Hern von Schlößel) bey ihm zu thun, hat sehr viel nach mir gefragt, und wünscht nichts als daß ich mit Seiner Frau bekant würde, behauptet vest, wir würden Freunde, da er wüste daß gewis Sympathie unter uns herscht, hat mich auch grüßen laßen – Du kanst Dir vorstellen daß dadurch der Wunsch mit diesem vortreflichen FraunZimer bekant zu werden, noch lebhafter geworden, so daß das Fünkchen welches unter der Asche glimen muste nun zur hellen Flamme geworden – begierig bin ich ob mirs in dieser Welt so gut werden wirdt – |
den 16 October). Gestern vor 8 Tage lieber Bruder, bewilkomnete ich unsern guten Vater in Oberpeile, verlebte 2 Tage sehr glücklich mit ihm in der Cotwizischen Familie, welche ich Dir zu kennen wünschte da sie mich nicht allein als Freunde und Gönner des guten Schleyer sehr interressiren, sondern für sich selbst sehr schäzbar sind – manche traute Unterhaltung genoß ich mit unserm Alten allein auch in Geselschaft des vortreflichen Barons – theils mit der lieben sanften Baronin allein, die wie ich Dir schon einmahl schrieb, wenig in Geselschaft spricht, aber das was sie sagt, hat das, Gepräge der Warheit – zeugt von so hellen Einsichten und rechtschafnen Gesinungen, o! eine vernünftige und doch zärtliche Mutter von 4 Kindern, die einer seltnen Erziehung genießen. Viel könte ich Dir von ihnen sagen da genauere Kentniße von diesem Hause und jedem einzelnen Theile mich imer vester an sie bindet, doch mit der Feder geht das nicht so –; wie inigen Theil der Baron auch an Euch beiden nimt, ob er Euch zwar nicht kent, (denn auch im May war er nicht zu Hause) das kanst Du Dir nicht so vorstellen! auch Ihm ist Dein ehmaliger Graf als ein sonderbahrer launiger Mensch bekant, deshalb suchte Er auch mich zu trösten, die ich natürlich weit bekümerter war als der Vater, auch Er meinte daß Sak nicht so sehr verwundert noch weniger ungehalten seyn würde – mancherley Plane machte ich mit dem Vater die aber imer nicht ausführbar waren – Gott sey Dank! daß ich nun Heute schon nebst einigen liebevollen Zeilen vom Vater, Deinen Brief an ihn erhalten und nun denn doch weit beruhigter bin – wiewohl der angenehme Aufenthalt beym Onkel, Dich stets magnetisch ziehen wirdt! o! welch ein Tausch! mit Reinhardt – ist das nicht der alte Grisgram | in deßen Hause Du vor 3 Jahren so eigne Fata, auch mit einer mürrischen Köchin hattest? – freilich ein eignes logis in Berlin wirdt auch ziemlich theuer sein – aber wer wirdt auch so in die Zukunft denken – Gott sei Dank, daß Du nun wieder in Thätigkeit versezt wirst – ists nun auch schon entfernter von hier als ichs wünschte, so bist Du doch Deiner eigentlichen Bestimung näher – daß ich mit besondrer Sehnsucht einer recht langen Epistel von Dir entgegen sehe, kanst Du Dir wohl vorstellen, denn ich habe noch manches zur Beantwortung von Dir in petto! o schreibe ja recht ausführlich; daß Du durch ein gewißes etwas, und auch durch Deinen Vortrag den HochEhrwürdigen Sak so sehr eingenommen, ist mir wegen Deines Fortkomens wohl sehr lieb – daß der Gedanke eines Adjunctus in Landsberg der süßeste Gegenstand Deiner RuheStunden seyn mag glaube ich gern, und ist es Deine Bestimung – dan führen gewis Dich krume und grade Wege hin – und fändest du dort eine Copie der Fraise, dann wäre es ja herlich das Lied allerliebst ausgedacht! nicht wahr! nun wenn Du eine PfarrStelle wilst, so ist ja dieser apendix unumgänglich nothwendig und wenn ich dan diese auserwählte einmahl zu sehen bekome o Gott! ich weis in der That nicht, soll ich bey dieser Vorstellung lachen, oder weinen? aber nein! ich will mich doch herzlich freuen, wenn es nehmlich Dein eigner Wunsch ist – wenn Dir der Alweise, Albeglüker, über kurz oder lang eine verständige gefühlvolle Frau, und thätige HausMutter zuführt die unter ernsten Geschäften, das Leben Dir lieblich versüßt und mit Dir wallt, bis in jene Wohnungen – |
den 30ten October 1793
In der That mein Bester fühle ich mich – oder vielmehr dis schwache Werkzeug viel zu unvermögend Dir einigermaaßen die Gefühle zu schildern welche sich am vergangnen Sonnabend beym Empfang und Eröfnung des so reichlich versehnen Pakts meiner bemächtigten – aus der mir so peinlichen Ungewißheit ward ich zwar schon durch Deine Briefe an den Vater gerißen, aber nun o! seit so langem Hunger etwas an mich geschriebenes zu sehen, und mit einer Art von Begierde die ich Jahre lang nicht gehabt – nicht hegen durfte, o! das kann ein andrer nicht begreifen, vielweniger mit empfinden – ich ich finde auch keine Ausdrüke mich hierüber zu erklären, so wie ich in der Music öfters eine Stelle anders wünschte um den Sinn der Worte beßer auszudrüken, so gehts auch, gewiße Empfindungen zu schildern – ich bin hier nicht im Enthusiasmus wie wäre das auch jetzt der Fall? eben so wenig als ich für Carln so etwas hege, eigentlich bin ich böse, daß er mir auf 4 Briefe noch nicht geantwortet – bey dem allen aber, fühle ich ein unaussprechliches etwas – welches mit denen Gefühlen für Dich gleichsam in einer Linie, aber dan doch in einer andren Sphaere – vielleicht machst Du eine spöttische Miene, und verstehst es doch nicht recht –; doch wieder zu Dir, voll warmen lautern Dankes für Deine Mittheilungen und Äußrungen mancher Art, die mir zu manchen neuen Blicken Anlaß gegeben, auch finde ich vieles schon von meinen Fragen befriedigt aber nicht alles, bitte daher sie nicht aus der Acht zu laßen – und auch wohl zu erwägen, daß noch manches aus meinen dortigen Briefen noch zu beantworten ist; Brinkman oder Selmar, scheint also doch nicht mehr Dein Mann zu seyn, da auch eure Verhältniße sehr verschieden; Peistel den ich Vorgestern von ohngefähr am dritten Orte sah – erkundigte sich sehr theilnehmend nach Dir, freute sich daß Du in Berlin, da Du bey jenen großen Männern Deiner Bestimung eher nahe kommen möchtest versichert Dich seines öftern Andenkens – sprach sehr warm von Selmar, und bittet Dich ihn seiner fortdaurenden Freundtschaft zu versichern und der öftern RükErinerung froh verfloßner Stunden – |
den 3ten November
Morgen muß ich Deine Briefe an den Vater schiken, und Heute habe so wenig Zeit zum schreiben, und doch möchte ich noch viel aus Deinen Briefen beantworten, also das was mir Heute eben am nächsten ist – da ich mit Abfertigung eines Briefes nach Steinau beschäftigt bin, dies liegt 4 Meilen von hier, der halbe Weg nach Breslau, die FuhrLeute futtern gemeiniglich da – jetzt bist Du wohl berichtigt – wir stehen in fleißigen [traulichen] BriefWechsel zusammen, o sie schreibt so ungezwungen, und doch so ganz das Gepräge ihres edlen gefühlvollen Herzens, wünschte Dir schon einen Brief, aber noch mehr sie selbst zu sprechen, im enthousiasmus schrieb ich nicht von ihr, ich war schon lange von ihr zurük, auch reiste ich nicht in solchen hochgespanten Erwartungen hin wie ich Dir auch geschrieben daß wir uns beide das Geständniß machten, unsre gegenseitigen Erwartungen übertroffen zu sehn wirklich mein lieber waren 8 Tage hinlänglich, uns in die inersten Falten des Herzens zu sehn, und mit kalter Vernunft entscheiden zu können – wenn auch uns einst ein günstiges oder ungünstiges SchikSaal auf einige Tage wieder vereinigt, dann sprechen wir davon, und andren Dingen weitläuftiger – jedoch dis solst Du noch wißen daß sie mir bald in den ersten Tagen, als sie mein ganzes Wesen oder äußre Haushaltung vernommen, mir mit einer freundtschaftlichen wehmutsvollen Miene vorschlug meinen Tisch zu verbeßern, und um dies leichter auszuführen mir einen Thaler monatlich versprach welchen ich pünktlich erhalte, tiefgebeugte inige stumme Freude, beantwortete diesen Vorschlag, und das Verbot kein Wort mehr davon zu sagen noch je zu schreiben, war mir das stärkste Siegel ihres wahren großmüthigen Herzens; den Tisch werde in meiner jezigen Lage nicht leicht ändern, davor aber laße ich mir Abends wenn ich nicht bey der von Seidliz bin, oder auch Mittags was holen, wenn mirs nicht schmekt, thue auch sonst mir etwas zu guthe –; nicht um die Stegman zu verschönern, sondern wegen Deines Theilnehmens an mir |
den 9ten November
Daß ich Dir von dem Mann meiner Friderike nicht schrieb, ist keinesweges Beweis daß er mir nicht interressant wäre, welches er schon als Wanderstab meiner JugendFreundin mir sein müste, und auch in der That meine Erwartungen übertroffen, da ich mir nichts als einen guten LandWirth vorstelte – dis ist er auch wirklich seinen Kentnißen nach als in der Ausführung, und doch dabei einen so gut ausgebildeten Verstand, daß er einen nicht mit dergleichen Gesprächen belästigt, wie das andre, die es hierin weit gebracht in alle Töhne hinein bringen, so wohl den Sachkundiger als den, der sich minder darum bekümert – er scheint von allen Sachen einige Kentniße zu haben, doch prahlt er damit nicht, kurz und gut, sind seine Antworten, etwas Satire, weis er, doch nicht, zu beißend einzustreuen; in keiner Absicht schwärmt er, vielleicht sprichst Du dazu sei er zu alt, er ist zwar 34 – indes dafür bürgt, wie für jede Thorheit das Alter nicht – mit seiner Frau und Kindern geht er zwar ernst aber doch liebreich um, in den lezten Tagen meines Aufenthalts erfuhr ich erst daß Er Maçon aber seit einigen Jahren schon keine Loge mehr besucht, hierüber sprachen wir sehr ofenherzig und seine Äußerungen hatten meinen ganzen Beifall – von Dir sprach er mit warmer Theilnahme doch auch sehr drollig über Deine Duodez Figur, und fast riesenmäßigen geistischen FortSchritten, überhaupt habe Deiner dort viel gedacht – und könte viel davon sagen – aber ich will nicht – wolte auch erst auf Deine Einladung warten, von Stegman zu sprechen – daß er gleich nach seiner Abreise von Breslau die Güter mit seiner Mutter hat übernehmen müßen, und also schon sehr jung dis Fach hat behaupten müßen, und seine fernere Bildung ohne HülfLeistung großer oder feiner Männer selbst beendigt hat – dis wirdt Dir alles neu seyn, und soltest Du Ihn sprechen – Dich angenehm überraschen – Sein äußeres wirdt Dir noch im Andenken seyn, zu schämen braucht Sie sich seiner nicht – gegen mich that er sehr freundtschaftlich und bieder. |
den 18 November
Dein Brief an Karln, ist in der That äußerst launig – hat mir viel Lachens verursacht, nichts desto weniger aber ist gewis eben so viel Satire darin, als Du in dem seinen zu finden glaubst, und wenn ichs sagen darf noch schärfere – der arme Junge muß sehr lange drauf warten, denn eben hatte ich eine StrafPredigt an ihn abgefertigt und ihm vermeldet daß er auch nicht eine Zeile bekäme bis er mir geschrieben – und mein Wort kann ich in dieser, wie in jeder andern Sache ohnmöglich brechen. 4 Episteln hat er von mir, der böse Mensch! – hier fält mir ein daß Du mir noch viel zu beantworten hast, wie stehts hast Du den Früauf gekant, von welchen ich Dir schrieb? und kenst Du, den jungen Anders, Daniel genant, der Theologie studirt hat, auch sehr musicalisch ist, dieser ist als Docent nach Neuwied in die Anstalt gekomen; bitte schreib mir ob Du Garven kenst! den Professor in Nisky, es giebt viel wegen seiner Verheiratung, einige haben ihn schon ausgeschlagen andre hingegen will er nicht – begierig bin ich wie es noch ablaufen wirdt, er soll viel Vorzüge haben. Seine Gedichte sind unter dem Nahmen Lirischer Gedichte herausgegeben, Selmar hat es gethan; daß Bayer sich am BodenSee, ein Gut gekauft, und sich ein Schweizer Mädchen genomen, wirst Du wohl schon wißen er besucht jetzt in Sachsen, vermuthlich um seiner StiefMutter und seinen Freunden, sein Weibchen zu zeigen – |
Lieber Tag! seh ich Dich wieder! sey mir festlicher gegrüst! Du der würdig meiner Lieder, meiner Tage erster bist, heitrer lacht mir Heut die Sonne, schöner deucht, die Zukunft mir – froh fühl ich des Lebens Wonne, bist du lieber Tag – doch hier
Mit diesem Vers, deßen Melodie dem Sinn so vortreflich angemeßen, erwachte ich Heute lieber Bruder! kein Wunder! da dieser feierliche 21te November schon seit geraumer Zeit meine ganze Seele beschäftigt – eindrüklich ist Er auch Dir wegen 1782, das folgende Jahr will ich hier nicht in Erwägung bringen, sonst möchten TrauerTöne, statt lauten Jubels unwilkürlich auf diesem Blatt sich abdrüken – ich bringe Dir aus treuem Herzen, Heut manches stille Wünschen dar! zwar kann ich nichts als Wünsche geben doch werden sie gen Himel schweben, und fromme Wünsche werden wahr! mehr zu sagen, wagt dieses schwache WerkZeug die Feder nicht – auch entheiligt mann die Gefühle die der Schöpfer in uns legte, wenn man sie nicht recht darstellen kann, könen so leicht mißdeutet werden – oder verliehren doch viel von ihrem Werth. Einen GeburtsTag hast Du wenn ich nicht irre schon in Berlin begangen – denn kurz vorher erhielt ich in der KrankenStube einen Brief – in welchem Du mir den Antrag nach Schlobitten meldetest – nicht darum! sondern wegen seines anderweitigen Inhalts bleibt mir diese Epistel unvergeßlich – o Gott! – traurig ist mir Dein Rath – mich mit dem Vergangnen zu ergözen, da mich das gegenwärtige Deiner Laage noch nicht angenehm beschäftigen kann! ob Du nur jetzt jemand zum trauten UmGange gefunden – der sich in Dich versteht – | Was meine theilnehmende Seele jetzt sehr beschäftigt, ist der fröhliche Thon, der in dem von Seidlizschen Hause regiert – da ich denn mit Lisetten manch trautes Gespräch über die angenehme nunmehr gewiße Zukunft habe, das heist ihr Bruder ist Bräutigam. Die Verlobung war zwar noch nicht, doch wirdt sie wahrscheinlich nach Weinachten seyn, und die nähere Verbindung wohl nach Ostern da er sich denn Seinen anvertrauten Schaz mitbringen wirdt, es ist eine Sachsen, eine Fräulein von Schweiniz aus Kleinwelke, 20 Jahr, schön, aber nicht reich, desto mehr wahre unvergängliche Vorzüge hat sie aber – sie ist hier gar nicht bekant auch selbst ihrer Schwägern nicht, von ihr aber schon längst geschäzt – nächstens mehr davon, Du kanst Dir vorstellen, daß ich nahen Theil dran nehme – schon als der Sohn meiner lieben WohlTätern, und als Bruder meiner vortreflichen Lisette, ist mir Seidliz nicht gleichgültig, und wäre auch dis nicht, so müste ich anders denken, Sein rechtschafnes edles Betragen, und andre wahre Verdienste weniger als ich es thue zu schäzen. Daß Louis Vater habe Dir wohl schon geschrieben, auch der KammerHerr ist seit 8 Tagen abermals mit einem Sohn erfreut worden, sie wolte wie das erstemahl, in Dirsdorf Wochen liegen, besucht hier, wirdt krank – und liegt also hier in ihrer Eltern Hause, natürlich ist das Kind in der Stube von Cunow getauft worden – sie genießt die Pflege beider Mütter, und viel Besuch – ich werde auch einmahl zu ihr gehen. Noch einen recht warmen Dank! für Deinen Schatten ein wenig verändert finde ich Deine Züge, viel tiefdenkender o! wie lieb ist es mir, ich muß sehen, daß ich noch des Vaters und Karls bekome, viel Beitrag zur GlükSeeligkeit Deiner
Lotte
Ohngeachtet mir die Unwißenheit, in welcher ich Deinetwegen lebe, sehr peinigend, und Dein Stilschweigen welches mich in der That befremdet fast zum Zorn reizen könte, so kan ich nicht umhin Dir mein Lieber zu sagen wie viel ich mich im Geist mit Dir, Deiner jezigen, und künftigen Lage beschäftige, und mir von keiner richtige Begriffe machen kann, ja selbst nicht über das, was, Du in der Vergangenheit warst – da mir doch vieles davon dunkel geblieben seyn muß – da ich ohnmöglich glauben kann, daß diese verschiednen Meinungen mit dem Grafen sich so auf einmahl dargestelt, sondern gleichsam ein Ausbruch, von einer lang gegährten Materie, die denn doch manches unangenehme für Dich schon seit mehreren Zeiten gehabt haben muß – Gott könte ich doch über das alles mir Dir sprechen! und über so manches was mir von Deinem Aufenthalt in dem mir so interressanten Hause unerklärbar geblieben; und da ich eben davon spreche erlaube mir einige Fragen die ich aus Bescheidenheit nicht so öfters wiederholen wolte, deren Beantwortung Du mir aber jetzt nicht verweigern wirst, da Dein Verhältniß mit den Gegenständen ein Ende hat; was waren das für Papiere die Du schon zu Anfange Deines dortigen Aufenthalts der Comtesse Caroline mittheilst, über welche sie vor der verstorbnen Generalin einen geheimnißvollen Schleyer warf? waren es von Dir gemachte Vorschriften wegen ihres Betragens – oder andre lehrreiche AufSäze? hast Du dem Graf Louis Deine innige Verehrung für Friderique ohne Hülle dargelegt – und hat sie etwas davon erfahren? in wie fern mußtest Du sie bey der Comtesse von Carwinden in Schlodien vertheidigen – ich kan mir nicht vorstellen was für Verdacht man auf diese liebe Seele werfen konte! ist Graf Wilhelm mit seinen accademischen Lauf noch nicht fertig – von diesen und Allexander wünschte ich mir ausführlichre | Beschreibung, so wohl was sie ihrer Seele nach sind, als was ihre künftige Bestimung seyn wirdt – wie Schade! daß Du mit Louis außer aller Gemeinschaft bist, wirst Du mit niemand aus dem Hause Briefe wechseln! welche Frage? aber still! eben mit diesem guten edlen jungen Menschen, der mir eben gar zu liebenswürdig vorkomt; wie Dir bey der Entfernung von allen denen lieben, jedes einzeln betrachtet, zu Muthe seyn muß, und der GlükSeeligkeiten alle, die Dir oft so reichlich zufloßen, die Hofnung, diese täuschende Göttin, die unsre Phantasie am GängelBande hält, flüstert Dir wie Du selbst mir schriebst den Trost zu, sie alle wiederzusehn, freue Dich des so lange Du noch ein RettungsBretchen hast – wir wollen uns beide dran anklamern, so vest wir können, daß auch wir das frohe Fest des Wiedersehns noch feiern werden, o! dan mein Lieber denn wirds der Fragen, der Erläuterungen, und Mittheilungen manche geben – dann würdest Du mir vielleicht auch zur Bekantschaft mit Henrietten verhelfen, Du weist doch daß ihr Mann StadtSindicus in Steinau im Glogauischen, vor einigen Wochen hatte er in Kniegniz (das Gut des Hern von Schlößel) bey ihm zu thun, hat sehr viel nach mir gefragt, und wünscht nichts als daß ich mit Seiner Frau bekant würde, behauptet vest, wir würden Freunde, da er wüste daß gewis Sympathie unter uns herscht, hat mich auch grüßen laßen – Du kanst Dir vorstellen daß dadurch der Wunsch mit diesem vortreflichen FraunZimer bekant zu werden, noch lebhafter geworden, so daß das Fünkchen welches unter der Asche glimen muste nun zur hellen Flamme geworden – begierig bin ich ob mirs in dieser Welt so gut werden wirdt – |
den 16 October). Gestern vor 8 Tage lieber Bruder, bewilkomnete ich unsern guten Vater in Oberpeile, verlebte 2 Tage sehr glücklich mit ihm in der Cotwizischen Familie, welche ich Dir zu kennen wünschte da sie mich nicht allein als Freunde und Gönner des guten Schleyer sehr interressiren, sondern für sich selbst sehr schäzbar sind – manche traute Unterhaltung genoß ich mit unserm Alten allein auch in Geselschaft des vortreflichen Barons – theils mit der lieben sanften Baronin allein, die wie ich Dir schon einmahl schrieb, wenig in Geselschaft spricht, aber das was sie sagt, hat das, Gepräge der Warheit – zeugt von so hellen Einsichten und rechtschafnen Gesinungen, o! eine vernünftige und doch zärtliche Mutter von 4 Kindern, die einer seltnen Erziehung genießen. Viel könte ich Dir von ihnen sagen da genauere Kentniße von diesem Hause und jedem einzelnen Theile mich imer vester an sie bindet, doch mit der Feder geht das nicht so –; wie inigen Theil der Baron auch an Euch beiden nimt, ob er Euch zwar nicht kent, (denn auch im May war er nicht zu Hause) das kanst Du Dir nicht so vorstellen! auch Ihm ist Dein ehmaliger Graf als ein sonderbahrer launiger Mensch bekant, deshalb suchte Er auch mich zu trösten, die ich natürlich weit bekümerter war als der Vater, auch Er meinte daß Sak nicht so sehr verwundert noch weniger ungehalten seyn würde – mancherley Plane machte ich mit dem Vater die aber imer nicht ausführbar waren – Gott sey Dank! daß ich nun Heute schon nebst einigen liebevollen Zeilen vom Vater, Deinen Brief an ihn erhalten und nun denn doch weit beruhigter bin – wiewohl der angenehme Aufenthalt beym Onkel, Dich stets magnetisch ziehen wirdt! o! welch ein Tausch! mit Reinhardt – ist das nicht der alte Grisgram | in deßen Hause Du vor 3 Jahren so eigne Fata, auch mit einer mürrischen Köchin hattest? – freilich ein eignes logis in Berlin wirdt auch ziemlich theuer sein – aber wer wirdt auch so in die Zukunft denken – Gott sei Dank, daß Du nun wieder in Thätigkeit versezt wirst – ists nun auch schon entfernter von hier als ichs wünschte, so bist Du doch Deiner eigentlichen Bestimung näher – daß ich mit besondrer Sehnsucht einer recht langen Epistel von Dir entgegen sehe, kanst Du Dir wohl vorstellen, denn ich habe noch manches zur Beantwortung von Dir in petto! o schreibe ja recht ausführlich; daß Du durch ein gewißes etwas, und auch durch Deinen Vortrag den HochEhrwürdigen Sak so sehr eingenommen, ist mir wegen Deines Fortkomens wohl sehr lieb – daß der Gedanke eines Adjunctus in Landsberg der süßeste Gegenstand Deiner RuheStunden seyn mag glaube ich gern, und ist es Deine Bestimung – dan führen gewis Dich krume und grade Wege hin – und fändest du dort eine Copie der Fraise, dann wäre es ja herlich das Lied allerliebst ausgedacht! nicht wahr! nun wenn Du eine PfarrStelle wilst, so ist ja dieser apendix unumgänglich nothwendig und wenn ich dan diese auserwählte einmahl zu sehen bekome o Gott! ich weis in der That nicht, soll ich bey dieser Vorstellung lachen, oder weinen? aber nein! ich will mich doch herzlich freuen, wenn es nehmlich Dein eigner Wunsch ist – wenn Dir der Alweise, Albeglüker, über kurz oder lang eine verständige gefühlvolle Frau, und thätige HausMutter zuführt die unter ernsten Geschäften, das Leben Dir lieblich versüßt und mit Dir wallt, bis in jene Wohnungen – |
den 30ten October 1793
In der That mein Bester fühle ich mich – oder vielmehr dis schwache Werkzeug viel zu unvermögend Dir einigermaaßen die Gefühle zu schildern welche sich am vergangnen Sonnabend beym Empfang und Eröfnung des so reichlich versehnen Pakts meiner bemächtigten – aus der mir so peinlichen Ungewißheit ward ich zwar schon durch Deine Briefe an den Vater gerißen, aber nun o! seit so langem Hunger etwas an mich geschriebenes zu sehen, und mit einer Art von Begierde die ich Jahre lang nicht gehabt – nicht hegen durfte, o! das kann ein andrer nicht begreifen, vielweniger mit empfinden – ich ich finde auch keine Ausdrüke mich hierüber zu erklären, so wie ich in der Music öfters eine Stelle anders wünschte um den Sinn der Worte beßer auszudrüken, so gehts auch, gewiße Empfindungen zu schildern – ich bin hier nicht im Enthusiasmus wie wäre das auch jetzt der Fall? eben so wenig als ich für Carln so etwas hege, eigentlich bin ich böse, daß er mir auf 4 Briefe noch nicht geantwortet – bey dem allen aber, fühle ich ein unaussprechliches etwas – welches mit denen Gefühlen für Dich gleichsam in einer Linie, aber dan doch in einer andren Sphaere – vielleicht machst Du eine spöttische Miene, und verstehst es doch nicht recht –; doch wieder zu Dir, voll warmen lautern Dankes für Deine Mittheilungen und Äußrungen mancher Art, die mir zu manchen neuen Blicken Anlaß gegeben, auch finde ich vieles schon von meinen Fragen befriedigt aber nicht alles, bitte daher sie nicht aus der Acht zu laßen – und auch wohl zu erwägen, daß noch manches aus meinen dortigen Briefen noch zu beantworten ist; Brinkman oder Selmar, scheint also doch nicht mehr Dein Mann zu seyn, da auch eure Verhältniße sehr verschieden; Peistel den ich Vorgestern von ohngefähr am dritten Orte sah – erkundigte sich sehr theilnehmend nach Dir, freute sich daß Du in Berlin, da Du bey jenen großen Männern Deiner Bestimung eher nahe kommen möchtest versichert Dich seines öftern Andenkens – sprach sehr warm von Selmar, und bittet Dich ihn seiner fortdaurenden Freundtschaft zu versichern und der öftern RükErinerung froh verfloßner Stunden – |
den 3ten November
Morgen muß ich Deine Briefe an den Vater schiken, und Heute habe so wenig Zeit zum schreiben, und doch möchte ich noch viel aus Deinen Briefen beantworten, also das was mir Heute eben am nächsten ist – da ich mit Abfertigung eines Briefes nach Steinau beschäftigt bin, dies liegt 4 Meilen von hier, der halbe Weg nach Breslau, die FuhrLeute futtern gemeiniglich da – jetzt bist Du wohl berichtigt – wir stehen in fleißigen [traulichen] BriefWechsel zusammen, o sie schreibt so ungezwungen, und doch so ganz das Gepräge ihres edlen gefühlvollen Herzens, wünschte Dir schon einen Brief, aber noch mehr sie selbst zu sprechen, im enthousiasmus schrieb ich nicht von ihr, ich war schon lange von ihr zurük, auch reiste ich nicht in solchen hochgespanten Erwartungen hin wie ich Dir auch geschrieben daß wir uns beide das Geständniß machten, unsre gegenseitigen Erwartungen übertroffen zu sehn wirklich mein lieber waren 8 Tage hinlänglich, uns in die inersten Falten des Herzens zu sehn, und mit kalter Vernunft entscheiden zu können – wenn auch uns einst ein günstiges oder ungünstiges SchikSaal auf einige Tage wieder vereinigt, dann sprechen wir davon, und andren Dingen weitläuftiger – jedoch dis solst Du noch wißen daß sie mir bald in den ersten Tagen, als sie mein ganzes Wesen oder äußre Haushaltung vernommen, mir mit einer freundtschaftlichen wehmutsvollen Miene vorschlug meinen Tisch zu verbeßern, und um dies leichter auszuführen mir einen Thaler monatlich versprach welchen ich pünktlich erhalte, tiefgebeugte inige stumme Freude, beantwortete diesen Vorschlag, und das Verbot kein Wort mehr davon zu sagen noch je zu schreiben, war mir das stärkste Siegel ihres wahren großmüthigen Herzens; den Tisch werde in meiner jezigen Lage nicht leicht ändern, davor aber laße ich mir Abends wenn ich nicht bey der von Seidliz bin, oder auch Mittags was holen, wenn mirs nicht schmekt, thue auch sonst mir etwas zu guthe –; nicht um die Stegman zu verschönern, sondern wegen Deines Theilnehmens an mir |
den 9ten November
Daß ich Dir von dem Mann meiner Friderike nicht schrieb, ist keinesweges Beweis daß er mir nicht interressant wäre, welches er schon als Wanderstab meiner JugendFreundin mir sein müste, und auch in der That meine Erwartungen übertroffen, da ich mir nichts als einen guten LandWirth vorstelte – dis ist er auch wirklich seinen Kentnißen nach als in der Ausführung, und doch dabei einen so gut ausgebildeten Verstand, daß er einen nicht mit dergleichen Gesprächen belästigt, wie das andre, die es hierin weit gebracht in alle Töhne hinein bringen, so wohl den Sachkundiger als den, der sich minder darum bekümert – er scheint von allen Sachen einige Kentniße zu haben, doch prahlt er damit nicht, kurz und gut, sind seine Antworten, etwas Satire, weis er, doch nicht, zu beißend einzustreuen; in keiner Absicht schwärmt er, vielleicht sprichst Du dazu sei er zu alt, er ist zwar 34 – indes dafür bürgt, wie für jede Thorheit das Alter nicht – mit seiner Frau und Kindern geht er zwar ernst aber doch liebreich um, in den lezten Tagen meines Aufenthalts erfuhr ich erst daß Er Maçon aber seit einigen Jahren schon keine Loge mehr besucht, hierüber sprachen wir sehr ofenherzig und seine Äußerungen hatten meinen ganzen Beifall – von Dir sprach er mit warmer Theilnahme doch auch sehr drollig über Deine Duodez Figur, und fast riesenmäßigen geistischen FortSchritten, überhaupt habe Deiner dort viel gedacht – und könte viel davon sagen – aber ich will nicht – wolte auch erst auf Deine Einladung warten, von Stegman zu sprechen – daß er gleich nach seiner Abreise von Breslau die Güter mit seiner Mutter hat übernehmen müßen, und also schon sehr jung dis Fach hat behaupten müßen, und seine fernere Bildung ohne HülfLeistung großer oder feiner Männer selbst beendigt hat – dis wirdt Dir alles neu seyn, und soltest Du Ihn sprechen – Dich angenehm überraschen – Sein äußeres wirdt Dir noch im Andenken seyn, zu schämen braucht Sie sich seiner nicht – gegen mich that er sehr freundtschaftlich und bieder. |
den 18 November
Dein Brief an Karln, ist in der That äußerst launig – hat mir viel Lachens verursacht, nichts desto weniger aber ist gewis eben so viel Satire darin, als Du in dem seinen zu finden glaubst, und wenn ichs sagen darf noch schärfere – der arme Junge muß sehr lange drauf warten, denn eben hatte ich eine StrafPredigt an ihn abgefertigt und ihm vermeldet daß er auch nicht eine Zeile bekäme bis er mir geschrieben – und mein Wort kann ich in dieser, wie in jeder andern Sache ohnmöglich brechen. 4 Episteln hat er von mir, der böse Mensch! – hier fält mir ein daß Du mir noch viel zu beantworten hast, wie stehts hast Du den Früauf gekant, von welchen ich Dir schrieb? und kenst Du, den jungen Anders, Daniel genant, der Theologie studirt hat, auch sehr musicalisch ist, dieser ist als Docent nach Neuwied in die Anstalt gekomen; bitte schreib mir ob Du Garven kenst! den Professor in Nisky, es giebt viel wegen seiner Verheiratung, einige haben ihn schon ausgeschlagen andre hingegen will er nicht – begierig bin ich wie es noch ablaufen wirdt, er soll viel Vorzüge haben. Seine Gedichte sind unter dem Nahmen Lirischer Gedichte herausgegeben, Selmar hat es gethan; daß Bayer sich am BodenSee, ein Gut gekauft, und sich ein Schweizer Mädchen genomen, wirst Du wohl schon wißen er besucht jetzt in Sachsen, vermuthlich um seiner StiefMutter und seinen Freunden, sein Weibchen zu zeigen – |
Lieber Tag! seh ich Dich wieder! sey mir festlicher gegrüst! Du der würdig meiner Lieder, meiner Tage erster bist, heitrer lacht mir Heut die Sonne, schöner deucht, die Zukunft mir – froh fühl ich des Lebens Wonne, bist du lieber Tag – doch hier
Mit diesem Vers, deßen Melodie dem Sinn so vortreflich angemeßen, erwachte ich Heute lieber Bruder! kein Wunder! da dieser feierliche 21te November schon seit geraumer Zeit meine ganze Seele beschäftigt – eindrüklich ist Er auch Dir wegen 1782, das folgende Jahr will ich hier nicht in Erwägung bringen, sonst möchten TrauerTöne, statt lauten Jubels unwilkürlich auf diesem Blatt sich abdrüken – ich bringe Dir aus treuem Herzen, Heut manches stille Wünschen dar! zwar kann ich nichts als Wünsche geben doch werden sie gen Himel schweben, und fromme Wünsche werden wahr! mehr zu sagen, wagt dieses schwache WerkZeug die Feder nicht – auch entheiligt mann die Gefühle die der Schöpfer in uns legte, wenn man sie nicht recht darstellen kann, könen so leicht mißdeutet werden – oder verliehren doch viel von ihrem Werth. Einen GeburtsTag hast Du wenn ich nicht irre schon in Berlin begangen – denn kurz vorher erhielt ich in der KrankenStube einen Brief – in welchem Du mir den Antrag nach Schlobitten meldetest – nicht darum! sondern wegen seines anderweitigen Inhalts bleibt mir diese Epistel unvergeßlich – o Gott! – traurig ist mir Dein Rath – mich mit dem Vergangnen zu ergözen, da mich das gegenwärtige Deiner Laage noch nicht angenehm beschäftigen kann! ob Du nur jetzt jemand zum trauten UmGange gefunden – der sich in Dich versteht – | Was meine theilnehmende Seele jetzt sehr beschäftigt, ist der fröhliche Thon, der in dem von Seidlizschen Hause regiert – da ich denn mit Lisetten manch trautes Gespräch über die angenehme nunmehr gewiße Zukunft habe, das heist ihr Bruder ist Bräutigam. Die Verlobung war zwar noch nicht, doch wirdt sie wahrscheinlich nach Weinachten seyn, und die nähere Verbindung wohl nach Ostern da er sich denn Seinen anvertrauten Schaz mitbringen wirdt, es ist eine Sachsen, eine Fräulein von Schweiniz aus Kleinwelke, 20 Jahr, schön, aber nicht reich, desto mehr wahre unvergängliche Vorzüge hat sie aber – sie ist hier gar nicht bekant auch selbst ihrer Schwägern nicht, von ihr aber schon längst geschäzt – nächstens mehr davon, Du kanst Dir vorstellen, daß ich nahen Theil dran nehme – schon als der Sohn meiner lieben WohlTätern, und als Bruder meiner vortreflichen Lisette, ist mir Seidliz nicht gleichgültig, und wäre auch dis nicht, so müste ich anders denken, Sein rechtschafnes edles Betragen, und andre wahre Verdienste weniger als ich es thue zu schäzen. Daß Louis Vater habe Dir wohl schon geschrieben, auch der KammerHerr ist seit 8 Tagen abermals mit einem Sohn erfreut worden, sie wolte wie das erstemahl, in Dirsdorf Wochen liegen, besucht hier, wirdt krank – und liegt also hier in ihrer Eltern Hause, natürlich ist das Kind in der Stube von Cunow getauft worden – sie genießt die Pflege beider Mütter, und viel Besuch – ich werde auch einmahl zu ihr gehen. Noch einen recht warmen Dank! für Deinen Schatten ein wenig verändert finde ich Deine Züge, viel tiefdenkender o! wie lieb ist es mir, ich muß sehen, daß ich noch des Vaters und Karls bekome, viel Beitrag zur GlükSeeligkeit Deiner
Lotte