Landsb. a d W. d. 20ten Novb 1797
Sehr geliebter Neveu
Mit Ihrem gestern erhaltenen Briefe haben Sie uns gar großes Vergnügen gemacht und insbesondre bey Mama sich gar sehr insinuirt, da Sie wissen wie sehr neugierig sie auf solche Nachrichten lauschen kann; wir waren eben beym Abendessen als Ihr Brief ankam, und da ich meine Brille nicht bey der Hand hatte, las David ihn sogleich vor, und alles war Ohr und nach geendigter Vorlesung priesen wir Sie alle und dankten für Ihre Ausführlichkeit
Heute früh konnte ich auch Ihren Auftrag an unseren Cantor bestellen der gleich nach einer halben Stunde mir einliegenden Brief brachte woraus Sie ersehen werden, daß er sehr bereit ist, seinen Sohn Ihrem Vorschlage gemäß, in das Hartungsche Institut für eine kleine Zeit zu geben – aber eben fällt mir noch eins ein, wird seine Lahmheit auch nicht vielleicht zum Anstoß gereichen? – Seine Meinung schien wohl zu seyn, daß ich seinen Brief gleich sollte mit der heutigen reitenden Post abgehen laßen; ich denke aber 2mal 24 Stunden Unterschied werden ihm doch wohl nicht zum Nachtheil gereichen |
Abends um 8. Da habe ich heute in der Berlinischen Zeitung angezeigt gefunden „Nachricht von der wahren Beschaffenheit des nächtlichen Gepolters in Tegel bey Berlin, aus dem Protocoll der Herren Coeler[,] Herbst, Carsten, Klaproth pp“ bey Carl August Nicolai 2 gr. Da nun von dieser wunderseltsamen Spukgeschichte auch hier so manche sonderbare Nachrichten – auf Autoritäten – geglaubt und verbreitet werden, und ich den Kindern schon bey der ersten ziemlich unverständlichen Erzählung Hoffnung gemacht daß sich das Räthsel wohl auflösen werde: So wünschte ich wohl diese kleine piece des nächsten und zwar in triplo zu erhalten
Der kleine Error in Calculo muß Ihnen wohl recht viele Sorge, Kummer und Angst ausgepreßt haben, da Sie gleich mit diesem Sündenbekenntniß Ihren Brief anfangen, und auch – o des zarten Gewissens – nicht eher ruhig werden können, bis sie der Benike den Auftrag gegeben, uns diese große Summe sogleich zu ersetzen; die ich aber diesmal nicht angenommen habe, da wir uns wie Sie aus meinen Aufträgen sehen, den erlittenen Schaden schon anderweits zu ersetzen wissen. Indeß wünsche und hoffe ich, daß Ihnen die wiederholten Aufträge nicht allzulästig seyn werden |
Vielleicht erfreuen Sie uns bald wieder mit einem so ausführlichen Briefe als der gestrige war, und dann können wir auch wohl noch Fortsetzungen oder Zusätze von den novis publicis erwarten, welches so ganz für Mama’s Gaumen seyn würde
Daß die Leiche des Könzgs in Berlin beygesetzt, gründet sich meinem Vermuthen nach, darauf daß beyde Aeltern, Brüder und Sohn dort beerdiget sind – und nicht in Potsdam. Die neue Verordnung wegen der Trauer habe ich zwar vor einigen Wochen in den Zeitungen gelesen, weiß aber doch nicht, ob solche damals gleich an die Collegia und in die Provinzen – zur Befolgung – geschickt worden, in dem Falle, dächte ich, müßte sie uns Predigern doch auch communicirt werden – aber ich habe auch seit mehr als 8 Wochen gar keine Zeile von Arend gesehen, so daß ich seinetwegen wirklich besorgt seyn würde, wenn nicht Frau Prediger Scheelen, die kürzlich in Cüstrin gewesen, mir versichert hätte, daß sie ihn dort bey ihrem Schwiegersohn gesund und munter gesehen[.] Der gute Maresch aber soll an der gelben Sucht laboriren
Von unserm Benike kann ich Ihnen nun auch die erfreuliche Nachricht schreiben, daß er heute wieder auf dem Rathause gewesen herzlich lieb war mirs daß das Wetter sich so herrlich aufgeheitert und er auch schon in der vorigen Woche sich wieder an die frische Luft gewöhnt hatte – mit sehr gutem Erfolg
Auf meine Anfragen erwarte ich dann auch einige Nachricht so wie Sie mir ja Hoffnung machen, meinen Brief noch näher zu beantworten – recht sehr danke ich Ihnen daß Sie wegen Doniges gleich geantwortet haben, er hätte sonst leicht denken mögen, daß an mir die Schuld läge und ich diese ihm allerdings wichtige Angelegenheit Ihnen zu schreiben vergessen hätte. Und nun Gute Nacht! |
Dienstag den 21ten
Ich dachte gestern, wieviel ich heute noch an Sie schreiben wollte, und heute habe ich kaum soviel Zeit diesen Brief zu schließen[.] Also muß ich das was ich noch zu sagen bis auf ein andermal versparen[.] Leben Sie recht wohl gegrüßt von uns allen[.] Schreiben Sie bald und vergeßen Sie ja nicht auch auf Doniges Anliegen etwas ausführlich zu antworten
Ich bin und bleibe jederzeit Ihr aufrichtig ergebenster Oheim
St.
Viele große Empfehlungen an Herrn Sack, Reinhard, Conrad[,] KammerDirektor Stubenrauch und alle die sich dort noch meiner erinnern
Sehr geliebter Neveu
Mit Ihrem gestern erhaltenen Briefe haben Sie uns gar großes Vergnügen gemacht und insbesondre bey Mama sich gar sehr insinuirt, da Sie wissen wie sehr neugierig sie auf solche Nachrichten lauschen kann; wir waren eben beym Abendessen als Ihr Brief ankam, und da ich meine Brille nicht bey der Hand hatte, las David ihn sogleich vor, und alles war Ohr und nach geendigter Vorlesung priesen wir Sie alle und dankten für Ihre Ausführlichkeit
Heute früh konnte ich auch Ihren Auftrag an unseren Cantor bestellen der gleich nach einer halben Stunde mir einliegenden Brief brachte woraus Sie ersehen werden, daß er sehr bereit ist, seinen Sohn Ihrem Vorschlage gemäß, in das Hartungsche Institut für eine kleine Zeit zu geben – aber eben fällt mir noch eins ein, wird seine Lahmheit auch nicht vielleicht zum Anstoß gereichen? – Seine Meinung schien wohl zu seyn, daß ich seinen Brief gleich sollte mit der heutigen reitenden Post abgehen laßen; ich denke aber 2mal 24 Stunden Unterschied werden ihm doch wohl nicht zum Nachtheil gereichen |
Abends um 8. Da habe ich heute in der Berlinischen Zeitung angezeigt gefunden „Nachricht von der wahren Beschaffenheit des nächtlichen Gepolters in Tegel bey Berlin, aus dem Protocoll der Herren Coeler[,] Herbst, Carsten, Klaproth pp“ bey Carl August Nicolai 2 gr. Da nun von dieser wunderseltsamen Spukgeschichte auch hier so manche sonderbare Nachrichten – auf Autoritäten – geglaubt und verbreitet werden, und ich den Kindern schon bey der ersten ziemlich unverständlichen Erzählung Hoffnung gemacht daß sich das Räthsel wohl auflösen werde: So wünschte ich wohl diese kleine piece des nächsten und zwar in triplo zu erhalten
Der kleine Error in Calculo muß Ihnen wohl recht viele Sorge, Kummer und Angst ausgepreßt haben, da Sie gleich mit diesem Sündenbekenntniß Ihren Brief anfangen, und auch – o des zarten Gewissens – nicht eher ruhig werden können, bis sie der Benike den Auftrag gegeben, uns diese große Summe sogleich zu ersetzen; die ich aber diesmal nicht angenommen habe, da wir uns wie Sie aus meinen Aufträgen sehen, den erlittenen Schaden schon anderweits zu ersetzen wissen. Indeß wünsche und hoffe ich, daß Ihnen die wiederholten Aufträge nicht allzulästig seyn werden |
Vielleicht erfreuen Sie uns bald wieder mit einem so ausführlichen Briefe als der gestrige war, und dann können wir auch wohl noch Fortsetzungen oder Zusätze von den novis publicis erwarten, welches so ganz für Mama’s Gaumen seyn würde
Daß die Leiche des Könzgs in Berlin beygesetzt, gründet sich meinem Vermuthen nach, darauf daß beyde Aeltern, Brüder und Sohn dort beerdiget sind – und nicht in Potsdam. Die neue Verordnung wegen der Trauer habe ich zwar vor einigen Wochen in den Zeitungen gelesen, weiß aber doch nicht, ob solche damals gleich an die Collegia und in die Provinzen – zur Befolgung – geschickt worden, in dem Falle, dächte ich, müßte sie uns Predigern doch auch communicirt werden – aber ich habe auch seit mehr als 8 Wochen gar keine Zeile von Arend gesehen, so daß ich seinetwegen wirklich besorgt seyn würde, wenn nicht Frau Prediger Scheelen, die kürzlich in Cüstrin gewesen, mir versichert hätte, daß sie ihn dort bey ihrem Schwiegersohn gesund und munter gesehen[.] Der gute Maresch aber soll an der gelben Sucht laboriren
Von unserm Benike kann ich Ihnen nun auch die erfreuliche Nachricht schreiben, daß er heute wieder auf dem Rathause gewesen herzlich lieb war mirs daß das Wetter sich so herrlich aufgeheitert und er auch schon in der vorigen Woche sich wieder an die frische Luft gewöhnt hatte – mit sehr gutem Erfolg
Auf meine Anfragen erwarte ich dann auch einige Nachricht so wie Sie mir ja Hoffnung machen, meinen Brief noch näher zu beantworten – recht sehr danke ich Ihnen daß Sie wegen Doniges gleich geantwortet haben, er hätte sonst leicht denken mögen, daß an mir die Schuld läge und ich diese ihm allerdings wichtige Angelegenheit Ihnen zu schreiben vergessen hätte. Und nun Gute Nacht! |
Dienstag den 21ten
Ich dachte gestern, wieviel ich heute noch an Sie schreiben wollte, und heute habe ich kaum soviel Zeit diesen Brief zu schließen[.] Also muß ich das was ich noch zu sagen bis auf ein andermal versparen[.] Leben Sie recht wohl gegrüßt von uns allen[.] Schreiben Sie bald und vergeßen Sie ja nicht auch auf Doniges Anliegen etwas ausführlich zu antworten
Ich bin und bleibe jederzeit Ihr aufrichtig ergebenster Oheim
St.
Viele große Empfehlungen an Herrn Sack, Reinhard, Conrad[,] KammerDirektor Stubenrauch und alle die sich dort noch meiner erinnern