Landsb. d. 11ten Novb
Recht vielen herzlichen Dank, mein lieber Neveu für die ausführlichen Nachrichten und so umständlichen Beantwortungen meiner Ihnen vorgelegten Fragen. Das war mir so ganz wie ichs wünschte, aber sehen Sie das ist eine schlimme Sache, wenn mans so recht gut macht, so werden die Leute immer dreister und bürden einem immer noch mehr auf. Dies werden Sie jetzt erfahren: denn da komme ich nun schon wieder mit neuen Fragen – aber dafür will ich Sie auch hiemit von allen Beschreibungen der pompe funebre ganz feierlich dispensiren, daran ich nun schon in den Zeitungen satt und übersatt habe; es müßten denn solche Anecdoten seyn, die in den Zeitungen nicht vorkomen, diese werden uns imer sehr angenehm seyn und besonders der Mama, die dergleichen doch gar zu gern anhöret. Da habe ich nun schon ein paarmal die Berlinischen Blätter in den Zeitungen erwähnt gefunden und gesehen daß Herr Biester der Verfasser. Vermuthen kann ich nun zwar wohl daß diese Zeitschrift an die Stelle der vormaligen Berlinischen Monatsschrift getreten sey, wundere mich aber doch, daß Sie mich mit diesem Product noch gar nicht bekannt gemacht, auch desselben mit keiner Silbe erwähnt haben, und doch sollten Sie wohl etwas Mitleiden mit uns armen Provinzialen haben, da ja doch alle dergleichen Neuigkeiten nur dann erst bey uns bekannt werden, wenn sie längst aufgehört haben Neuigkeiten zu seyn Noch veranlaßt mich die lezte Sonnabend Zeitung zu einer 2ten Frage: Ob der Genz der Verfasser des dort angezeigten Schreibens an Seine Königliche Majestät bey der Thronbesteigung – Ihr Freund | der, wenn ich mich recht erinnre, beym Departement der auswärtigen Geschäfte angestellt ist[.] Und nun eine andre Frage: Ist die Nachricht gegründet, daß ein junger Graf Finckenstein unseren Minister Jacobi nach Rastadt begleitet – und ist das nicht ein Bruder des hiesigen Fähnrichs?
Auch dafür danke ich Ihnen sehr, daß Sie mir von dem Hartungschen Instztut und dessen ersten Anfange eine so umständliche Nachricht gegeben – nun fragt sich nur noch, ob unser Doniges einige Zeit auf seine Kosten bey jenem Institut sich noch ferner ausbilden soll – ob solches nicht allzu kostspielig – und dann auch, ob seine Lahmheit (mit der es jedoch wie mich dünkt seit einiger Zeit etwas sich gebessert hat) ihm dort nicht etwa zum Nachtheil gereichen dürfte. Hierüber erwarte ich und erbitte mir Ihren guten Rath
Gestern hat hier einen großen Ball – der Kupferschmidt Ritter1 gegeben, zu welchem denn wie natürlich, Benike’s auch eingeladen ob und wie sie sich da divertirt haben, weiß ich bis jetzt noch nicht, indem Emilie heute nicht zu mir gekomen, weil sie gestern – zuviel getanzt, oder vielleicht – heute zu lange geschlafen hat
Und nun muß ich, ehe ichs vergesse – vor allen Dingen an die französischen Pain d’epices und an den Almanac françois erinnern – dann aber auch die Bücher, worum ich gebeten habe, nicht zu vergessen, denn freilich bey den mancherley Festivitäten – doch die einen sind ja nun schon, da ich dieses schreibe, vorbey
Donnerstag den 8ten
Da hat er bis diesen Abend gelegen dieser Brief, da ich immer noch darauf gerechnet, aus einem vielleicht unrecht verstandnen Wink, den ich von unsrer Benike erhielt – daß ich mit gestriger Post das Erwartete bekommen würde. Nun, da es nicht erfolgt ist, wird die vorstehende Erinnerung um desto weniger für überflüßig gelten können |
Ich habe eben der Mama, welche schönstens grüßen läßt, die Beschreibung des feyerlichen Pomps vorgelesen, da ich anjetzt gewöhnlich die Zeitungen erst spät bekomme. Ich bin nun zwar, wie Sie so meine Art kennen, etwas gleichgültig gegen allen solchen Pomp; allein ich muß gestehen, daß mir doch in der Nachricht vieles überaus wohlgefallen hat – vorzüglich die vom Herrn KriegsRath Genz abgefaßte Inschrift – und dann auch die Cantate worin ebenfalls einzelne ganz herrliche Stellen – und das Ganze muß wegen der Musik, dächte ich – außerordentlichen Eindruk haben machen können – wenn nur nicht soviele es am wollen fehlen ließen
Da finde ich auch in den BücherAnzeigen eine Schrift worüber ich von Ihnen mir – gelegentlich, wenn sie Ihnen etwa zu Handen komen sollte, eine kleine Nachricht ausbitte: der Titel ist: Literarische Spitzruthen, oder die Hochadeligen und berüchtigten Xenien mit erläuternden Anmerkungen ad modum Min-Ellii & Ramleri 8 Weimar, Jena und Leipzig da zugleich im Anhang Wielands Urtheil über Schillers Musenalmanach – so scheint es doch wohl etwas interessantes zu seyn
Wenn Sie nun noch so einige Anecdoten in petto haben, so werden Sie uns mit deren Mittheilung gar groß Vergnügen machen. Unser Minister von Thulemeyer muß noch wohl unpäßlich seyn, da er im Leichenzuge sowenig als Finckenstein erschienen[.] Im Dom sind Sie doch wahrscheinlich gewesen, ich denke die Musik müße noch wohl bessere Wirkung gethan haben als das Monument, welches wegen des guten Geschmaks sich sehr schön mag ausgenommen haben, nur dächte ich müßte doch der Platz ziemlich eng dazu gewesen seyn – und dann kann ich mir auch von der Estrade die um das zahlreiche Orchestre zu fassen, von dem Orgelchor herabgelaßen ist keinen recht schicklichen Begriff machen
Und nun nochmals recht viele Complimente von uns allen[.] Leben Sie recht wohl – und daß Sie an dem bevorstehenden Fest nicht allzuviel zu thun bekommen mögen wünscht von Herzen
Ihr aufrichtig ergebener Oheim
St.
1 Es hat derselbe bereits im Sommer sich mit der jüngsten Tochter des Predigers Mack in Polenzig bey Drossen verheirathet; die andre Schwester hat Herr Eiselen auf dem Kupferhammer. – Da nun keiner der Honoratioren von hier bey der Hochzeit – so ist dieser Ball gleichsam die Nachhochzeit
Recht vielen herzlichen Dank, mein lieber Neveu für die ausführlichen Nachrichten und so umständlichen Beantwortungen meiner Ihnen vorgelegten Fragen. Das war mir so ganz wie ichs wünschte, aber sehen Sie das ist eine schlimme Sache, wenn mans so recht gut macht, so werden die Leute immer dreister und bürden einem immer noch mehr auf. Dies werden Sie jetzt erfahren: denn da komme ich nun schon wieder mit neuen Fragen – aber dafür will ich Sie auch hiemit von allen Beschreibungen der pompe funebre ganz feierlich dispensiren, daran ich nun schon in den Zeitungen satt und übersatt habe; es müßten denn solche Anecdoten seyn, die in den Zeitungen nicht vorkomen, diese werden uns imer sehr angenehm seyn und besonders der Mama, die dergleichen doch gar zu gern anhöret. Da habe ich nun schon ein paarmal die Berlinischen Blätter in den Zeitungen erwähnt gefunden und gesehen daß Herr Biester der Verfasser. Vermuthen kann ich nun zwar wohl daß diese Zeitschrift an die Stelle der vormaligen Berlinischen Monatsschrift getreten sey, wundere mich aber doch, daß Sie mich mit diesem Product noch gar nicht bekannt gemacht, auch desselben mit keiner Silbe erwähnt haben, und doch sollten Sie wohl etwas Mitleiden mit uns armen Provinzialen haben, da ja doch alle dergleichen Neuigkeiten nur dann erst bey uns bekannt werden, wenn sie längst aufgehört haben Neuigkeiten zu seyn Noch veranlaßt mich die lezte Sonnabend Zeitung zu einer 2ten Frage: Ob der Genz der Verfasser des dort angezeigten Schreibens an Seine Königliche Majestät bey der Thronbesteigung – Ihr Freund | der, wenn ich mich recht erinnre, beym Departement der auswärtigen Geschäfte angestellt ist[.] Und nun eine andre Frage: Ist die Nachricht gegründet, daß ein junger Graf Finckenstein unseren Minister Jacobi nach Rastadt begleitet – und ist das nicht ein Bruder des hiesigen Fähnrichs?
Auch dafür danke ich Ihnen sehr, daß Sie mir von dem Hartungschen Instztut und dessen ersten Anfange eine so umständliche Nachricht gegeben – nun fragt sich nur noch, ob unser Doniges einige Zeit auf seine Kosten bey jenem Institut sich noch ferner ausbilden soll – ob solches nicht allzu kostspielig – und dann auch, ob seine Lahmheit (mit der es jedoch wie mich dünkt seit einiger Zeit etwas sich gebessert hat) ihm dort nicht etwa zum Nachtheil gereichen dürfte. Hierüber erwarte ich und erbitte mir Ihren guten Rath
Gestern hat hier einen großen Ball – der Kupferschmidt Ritter1 gegeben, zu welchem denn wie natürlich, Benike’s auch eingeladen ob und wie sie sich da divertirt haben, weiß ich bis jetzt noch nicht, indem Emilie heute nicht zu mir gekomen, weil sie gestern – zuviel getanzt, oder vielleicht – heute zu lange geschlafen hat
Und nun muß ich, ehe ichs vergesse – vor allen Dingen an die französischen Pain d’epices und an den Almanac françois erinnern – dann aber auch die Bücher, worum ich gebeten habe, nicht zu vergessen, denn freilich bey den mancherley Festivitäten – doch die einen sind ja nun schon, da ich dieses schreibe, vorbey
Donnerstag den 8ten
Da hat er bis diesen Abend gelegen dieser Brief, da ich immer noch darauf gerechnet, aus einem vielleicht unrecht verstandnen Wink, den ich von unsrer Benike erhielt – daß ich mit gestriger Post das Erwartete bekommen würde. Nun, da es nicht erfolgt ist, wird die vorstehende Erinnerung um desto weniger für überflüßig gelten können |
Ich habe eben der Mama, welche schönstens grüßen läßt, die Beschreibung des feyerlichen Pomps vorgelesen, da ich anjetzt gewöhnlich die Zeitungen erst spät bekomme. Ich bin nun zwar, wie Sie so meine Art kennen, etwas gleichgültig gegen allen solchen Pomp; allein ich muß gestehen, daß mir doch in der Nachricht vieles überaus wohlgefallen hat – vorzüglich die vom Herrn KriegsRath Genz abgefaßte Inschrift – und dann auch die Cantate worin ebenfalls einzelne ganz herrliche Stellen – und das Ganze muß wegen der Musik, dächte ich – außerordentlichen Eindruk haben machen können – wenn nur nicht soviele es am wollen fehlen ließen
Da finde ich auch in den BücherAnzeigen eine Schrift worüber ich von Ihnen mir – gelegentlich, wenn sie Ihnen etwa zu Handen komen sollte, eine kleine Nachricht ausbitte: der Titel ist: Literarische Spitzruthen, oder die Hochadeligen und berüchtigten Xenien mit erläuternden Anmerkungen ad modum Min-Ellii & Ramleri 8 Weimar, Jena und Leipzig da zugleich im Anhang Wielands Urtheil über Schillers Musenalmanach – so scheint es doch wohl etwas interessantes zu seyn
Wenn Sie nun noch so einige Anecdoten in petto haben, so werden Sie uns mit deren Mittheilung gar groß Vergnügen machen. Unser Minister von Thulemeyer muß noch wohl unpäßlich seyn, da er im Leichenzuge sowenig als Finckenstein erschienen[.] Im Dom sind Sie doch wahrscheinlich gewesen, ich denke die Musik müße noch wohl bessere Wirkung gethan haben als das Monument, welches wegen des guten Geschmaks sich sehr schön mag ausgenommen haben, nur dächte ich müßte doch der Platz ziemlich eng dazu gewesen seyn – und dann kann ich mir auch von der Estrade die um das zahlreiche Orchestre zu fassen, von dem Orgelchor herabgelaßen ist keinen recht schicklichen Begriff machen
Und nun nochmals recht viele Complimente von uns allen[.] Leben Sie recht wohl – und daß Sie an dem bevorstehenden Fest nicht allzuviel zu thun bekommen mögen wünscht von Herzen
Ihr aufrichtig ergebener Oheim
St.
1 Es hat derselbe bereits im Sommer sich mit der jüngsten Tochter des Predigers Mack in Polenzig bey Drossen verheirathet; die andre Schwester hat Herr Eiselen auf dem Kupferhammer. – Da nun keiner der Honoratioren von hier bey der Hochzeit – so ist dieser Ball gleichsam die Nachhochzeit