Landsb. a. d. W. d. 26ten Jan. 98
Was lange währt, wird gut! ist doch ein hübsches Sprüchlein von deßen Richtigkeit ich aufs neue überzeugt ward, als ich vorgestern Ihren lieben Brief erhielt, worauf ich allerdings schon einige Posttage geharret hatte – unter uns gesagt war ich – böse oder neidisch – als am Sonntage die Benike da sie mit einer kleinen Gesellschaft bey uns war, einen langen Brief von Ihnen erhielt – und ich nichts. Aber nun hat Ihr letzter Brief nebst Zubehör alles wieder gut gemacht, und ich will denn auch ein klein Brieflein gegen Sonntag Abend fertig machen
Die Nachrichten vom OberConsistorio und von dem gar schnakischen Wöllner haben mich sehr divertirt – die KabinetsOrdre hatte ich schon gelesen aber das sonderbare Benehmen des (ci-devant denn lange dürfte ers doch wohl hoffentlich nicht mehr seyn) Chefs waren mir dem größeren Theile nach noch unbekannt – und wenn Sie mir künftig noch Supplementa oder auch jenes Schreiben in extenso mittheilen können, so soll es mir sehr lieb und angenehm seyn
Die Jahrbücher der preußischen Monarchie haben schon durch die ausführliche Anzeige in dem hamburgischen Correspondenten wo auch einige Stücke angeführt waren – sehr meine Aufmerksamkeit rege gemacht, auch bin ich ihnen schon hier auf der Spur, nur daß vielleicht noch wohl 14 Tage vergehen, ehe ich sie habhaft werde[.] Wo ich mich nicht irre, so sind ja die Herren Kosmann und Heinsius auch die Herausgeber der vorher schon bestandenen Denkwürdigkeiten. Können Sie mir aber nicht auch besonders von dem ersteren einige nähere Nachricht geben[?] Jenes Urtheil Herr Kosmann den die Philosophen für einen Statistiker und die Statistiker für einen Philosophen halten – worauf beziehet sich das? |
Entweder es muß jetzt der Zugang zu König und Königin jedermann geöffnet seyn, – oder der Herr Kosmann muß – ich weiß selbst nicht wenn nemlich die Nachricht gegründet, die gleichwohl in öffentlichen Blättern stand, daß er von der Königin sich ihr Medaillon erbeten und erhalten, um den Kupferstich für sein Werkchen zu setzen. Sonst gehen hier so mancherley Nachrichten und Anecdoten herum die, wenn sie auch nicht alle ganz zuverläßig – doch dem größten Theil nach – sich sehr gut anhören laßen. Eine aber von einem lange verschwiegen gehalten – und nun endlich entdekten Schatz – scheint mir besonders zu den weniger zuverläßigen [zu] gehören – und da aus der älteren Brandenburgischen Geschichte die schöne Gießerin hervorgeholt ist als Pendant zur Gräfin so fiel mir ein ob nicht vielleicht der Schatz zu Angermünde zu jener Anecdote die Veranlaßung gegeben haben möchte.
Die CabinetsOrdre an die DepartementsChefs habe ich, wie Sie vermuthen, richtig von Cüstrin schon vor einigen Wochen erhalten aber – was mich sehr wunderte – nicht gedrukt, sondern geschrieben da doch sonst alle Befehle, die wir erhalten, uns gedrukt zugefertigt werden
Daß Sie mir die Schrift des Herrn Genz mitgeschickt – ist mir sehr lieb, ohnerachtet ich gar nicht das finde, was ich mir davon vorgestellt hatte – aber freilich habe ich auch nur erst darin geblättert – gleich der Anfang fiel mir sehr auf, wo er vom erheben seiner Stimme – und mehr dergleichen. Wie so ganz anders ist doch auch selbst der Ausdruck in Sacks Rede – von der Memorialpredigt kann ich heute noch nichts sagen Morgen ein mehreres. |
den 27.
Hatte ich doch bald vergessen Ihnen zu schreiben, welch eine neue Sonne unserem guten Doniges aufgehet oder aufgegangen ist. Vor etwa 14 Tagen erhielt ich von Stargard einen Brief vom dasigen Prediger Holzendorf mit Anzeige wie Ein hochpreißliches KirchenDirectorium ihm den jungen Doniges zu einer in seinem Schulmeisterseminar erledigten Stelle vorgeschlagen. Kaum können Sie sich die Freude meines guten Cantors ob dieser Nachricht vorstellen; sehr bald fand er Gelegenheit mit des hiesigen Syndicus Sohn dorthin zu reisen um mit Herrn Holzendorf selbst zu sprechen – auf Ostern wird nun der Sohn dorthin, wo er denn doch mancherley Emolumente hat. Ich habe indeß dem Herrn Holzendorf ganz ehrlich geschrieben, daß er noch viel und mancherley nachzuhelfen finden würde, dagegen würde er aber auch einen sehr willigen und folgsamen Schüler haben – und das glaube ich mit gutem Gewissen versichern zu können. Der junge Mensch wird nun wohl lernen, daß zu einem guten brauchbaren Schulmeister etwas mehr erfordert werde, als er vielleicht bisher geglaubt haben mag Da komt der Vater nach den Liedern
den 2ten Februar
Dieser Brief sollte meiner Absicht nach eigentlich am vorigen Montag als Einschluß durch die Benike an Sie gelangen, welches aber durch ein seltsames je ne sais quoi rückgängig geworden. Und nun will ich lieber, da wir einmal doch schon im Februar sind, gleich die Besoldungsquittungen mitschicken, da Sie denn aber doch nebst den übrigen Auslagen – das Porto für diesen Brief abrechnen werden denn so habe ich es auch mit dem seeligen Lipten gehalten |
den 3ten
Gern möchte ich mich noch mit Ihnen unterhalten; allein die Pünktlein, wie Wilmsen zu sagen pflegte, sind für Morgen noch nicht gehörig arrangirt
Meine Beßren Empfehlungen an alle dortige Gönner, Freunde und Bekannte, vornemlich an Herrn Sack dessen Gedächtnißrede mich ungemein gerühret und erbauet hat, und durch die eigenhändige so freundschaftliche Erinnerung noch einen neuen Werth für mich erhält[.] Ich schriebe gern einmal selbst an ihn, besorge aber immer daß er zuviele Geschäfte habe[.] Aber schreiben Sie mir doch nächstens ob auch er – nicht mehr gewöhnlich im Dom predige? da Sie in Ihrem letztem nur 3 Hofprediger angeben, die noch in Thätigkeit seyen und klagt der gute liebe Sack noch immer – über Schwindel?
Und nun muß ich wohl im ganzen Ernst schließen[.] Leben Sie recht wohl – besonders auch bey dieser trübseeligen Witterung – und erfreuen Sie bald wieder mit recht ausführlichen Nachrichten
Ihren aufrichtig ergebenen Oheim
Stubenrauch
Viele herzliche Grüße von Mama und David, der der gütigen Erfüllung Ihres Versprechens entgegensieht
Was lange währt, wird gut! ist doch ein hübsches Sprüchlein von deßen Richtigkeit ich aufs neue überzeugt ward, als ich vorgestern Ihren lieben Brief erhielt, worauf ich allerdings schon einige Posttage geharret hatte – unter uns gesagt war ich – böse oder neidisch – als am Sonntage die Benike da sie mit einer kleinen Gesellschaft bey uns war, einen langen Brief von Ihnen erhielt – und ich nichts. Aber nun hat Ihr letzter Brief nebst Zubehör alles wieder gut gemacht, und ich will denn auch ein klein Brieflein gegen Sonntag Abend fertig machen
Die Nachrichten vom OberConsistorio und von dem gar schnakischen Wöllner haben mich sehr divertirt – die KabinetsOrdre hatte ich schon gelesen aber das sonderbare Benehmen des (ci-devant denn lange dürfte ers doch wohl hoffentlich nicht mehr seyn) Chefs waren mir dem größeren Theile nach noch unbekannt – und wenn Sie mir künftig noch Supplementa oder auch jenes Schreiben in extenso mittheilen können, so soll es mir sehr lieb und angenehm seyn
Die Jahrbücher der preußischen Monarchie haben schon durch die ausführliche Anzeige in dem hamburgischen Correspondenten wo auch einige Stücke angeführt waren – sehr meine Aufmerksamkeit rege gemacht, auch bin ich ihnen schon hier auf der Spur, nur daß vielleicht noch wohl 14 Tage vergehen, ehe ich sie habhaft werde[.] Wo ich mich nicht irre, so sind ja die Herren Kosmann und Heinsius auch die Herausgeber der vorher schon bestandenen Denkwürdigkeiten. Können Sie mir aber nicht auch besonders von dem ersteren einige nähere Nachricht geben[?] Jenes Urtheil Herr Kosmann den die Philosophen für einen Statistiker und die Statistiker für einen Philosophen halten – worauf beziehet sich das? |
Entweder es muß jetzt der Zugang zu König und Königin jedermann geöffnet seyn, – oder der Herr Kosmann muß – ich weiß selbst nicht wenn nemlich die Nachricht gegründet, die gleichwohl in öffentlichen Blättern stand, daß er von der Königin sich ihr Medaillon erbeten und erhalten, um den Kupferstich für sein Werkchen zu setzen. Sonst gehen hier so mancherley Nachrichten und Anecdoten herum die, wenn sie auch nicht alle ganz zuverläßig – doch dem größten Theil nach – sich sehr gut anhören laßen. Eine aber von einem lange verschwiegen gehalten – und nun endlich entdekten Schatz – scheint mir besonders zu den weniger zuverläßigen [zu] gehören – und da aus der älteren Brandenburgischen Geschichte die schöne Gießerin hervorgeholt ist als Pendant zur Gräfin so fiel mir ein ob nicht vielleicht der Schatz zu Angermünde zu jener Anecdote die Veranlaßung gegeben haben möchte.
Die CabinetsOrdre an die DepartementsChefs habe ich, wie Sie vermuthen, richtig von Cüstrin schon vor einigen Wochen erhalten aber – was mich sehr wunderte – nicht gedrukt, sondern geschrieben da doch sonst alle Befehle, die wir erhalten, uns gedrukt zugefertigt werden
Daß Sie mir die Schrift des Herrn Genz mitgeschickt – ist mir sehr lieb, ohnerachtet ich gar nicht das finde, was ich mir davon vorgestellt hatte – aber freilich habe ich auch nur erst darin geblättert – gleich der Anfang fiel mir sehr auf, wo er vom erheben seiner Stimme – und mehr dergleichen. Wie so ganz anders ist doch auch selbst der Ausdruck in Sacks Rede – von der Memorialpredigt kann ich heute noch nichts sagen Morgen ein mehreres. |
den 27.
Hatte ich doch bald vergessen Ihnen zu schreiben, welch eine neue Sonne unserem guten Doniges aufgehet oder aufgegangen ist. Vor etwa 14 Tagen erhielt ich von Stargard einen Brief vom dasigen Prediger Holzendorf mit Anzeige wie Ein hochpreißliches KirchenDirectorium ihm den jungen Doniges zu einer in seinem Schulmeisterseminar erledigten Stelle vorgeschlagen. Kaum können Sie sich die Freude meines guten Cantors ob dieser Nachricht vorstellen; sehr bald fand er Gelegenheit mit des hiesigen Syndicus Sohn dorthin zu reisen um mit Herrn Holzendorf selbst zu sprechen – auf Ostern wird nun der Sohn dorthin, wo er denn doch mancherley Emolumente hat. Ich habe indeß dem Herrn Holzendorf ganz ehrlich geschrieben, daß er noch viel und mancherley nachzuhelfen finden würde, dagegen würde er aber auch einen sehr willigen und folgsamen Schüler haben – und das glaube ich mit gutem Gewissen versichern zu können. Der junge Mensch wird nun wohl lernen, daß zu einem guten brauchbaren Schulmeister etwas mehr erfordert werde, als er vielleicht bisher geglaubt haben mag Da komt der Vater nach den Liedern
den 2ten Februar
Dieser Brief sollte meiner Absicht nach eigentlich am vorigen Montag als Einschluß durch die Benike an Sie gelangen, welches aber durch ein seltsames je ne sais quoi rückgängig geworden. Und nun will ich lieber, da wir einmal doch schon im Februar sind, gleich die Besoldungsquittungen mitschicken, da Sie denn aber doch nebst den übrigen Auslagen – das Porto für diesen Brief abrechnen werden denn so habe ich es auch mit dem seeligen Lipten gehalten |
den 3ten
Gern möchte ich mich noch mit Ihnen unterhalten; allein die Pünktlein, wie Wilmsen zu sagen pflegte, sind für Morgen noch nicht gehörig arrangirt
Meine Beßren Empfehlungen an alle dortige Gönner, Freunde und Bekannte, vornemlich an Herrn Sack dessen Gedächtnißrede mich ungemein gerühret und erbauet hat, und durch die eigenhändige so freundschaftliche Erinnerung noch einen neuen Werth für mich erhält[.] Ich schriebe gern einmal selbst an ihn, besorge aber immer daß er zuviele Geschäfte habe[.] Aber schreiben Sie mir doch nächstens ob auch er – nicht mehr gewöhnlich im Dom predige? da Sie in Ihrem letztem nur 3 Hofprediger angeben, die noch in Thätigkeit seyen und klagt der gute liebe Sack noch immer – über Schwindel?
Und nun muß ich wohl im ganzen Ernst schließen[.] Leben Sie recht wohl – besonders auch bey dieser trübseeligen Witterung – und erfreuen Sie bald wieder mit recht ausführlichen Nachrichten
Ihren aufrichtig ergebenen Oheim
Stubenrauch
Viele herzliche Grüße von Mama und David, der der gütigen Erfüllung Ihres Versprechens entgegensieht