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Samuel Ernst Stubenrauch to Friedrich Schleiermacher

Landsb. a. d. W. d. 12ten Merz 798.
Daß Sie diesmal, lieber Neveu, erst so spät auf Ihren Brief Antwort erhalten, wird Sie wohl nicht befremden, wenn ich Ihnen sage, daß ich seit 14 Tagen einige Bruchkinder zur Praeparation habe, denen ich – außer meinen übrigen Stunden, noch 3 bis 4 Stunden Unterricht gebe; wozu denn auch noch die Nachrichten von dem unglüklichen Brandt in Halle kamen, die meine gute Frau herzlich angegriffen haben. Zwar sind seine Bücher und Landkarten nicht wie Sie schrieben – mit verbrannt, sondern alle gerettet, dagegen hat er seine Frau eingebüßet, deren treue Pflege er wohl sehr vermissen wird Daß ich die übersandte Besoldung wohl und richtig erhalten habe, wird Ihnen hoffe ich die Benike geschrieben haben. Daß der PostSecretair das Geld in einem einfachen Beutel nicht hat annehmen wollen, kann ich ihm wohl eigentlich nicht verdenken
Für die überschriebenen Nachrichten danke ich Ihnen recht sehr. Die Jahrbücher der preußischen Monarchie erhalte ich durch Herrn Werkmeister und bekomme sie – wenigstens bis jetzt – ziemlich zeitig – in dem Merzstück las ich gestern die Nachricht vom großen WaisenHause, da sind mir denn auch einige Stücke aufgefallen, worüber ich mich wohl mit Ihnen unterhalten möchte. Etwas übertrieben schienen mir gleich die Vorwürfe, welche jener Anstalt im Februarstück gemacht wurden – aber wer sind denn die beyden reformierten Lehrer jetzt bey dieser Anstalt – und besonders derjenige – „der als Conrector beym Werderschen Gymnasio seine Geschiklichkeit öffentlich bewährt hat“ wie ist der Mann dazu gekomen, daß er jene ConrectorStelle gegen eine Praeceptorstelle am Friedrichs Waisen Hause vertauscht hat? Das Ding ist mir etwas zu hoch, auch kann ichs mir gar nicht erklären |
Und so dürften wohl noch eine ganze Reihe Fragen folgen, denn seit einiger Zeit habe ich angefangen, besonders wenn ich in den Jahrbüchern p lese mir sogleich die Fragen zu notiren, um deren Auflösung ich Sie ersuchen will. Da fand ich nun in der Allgemeinen Literatur Zeitung vom December vorigen Jahres eine Recension von dem bey Unger erschienenen Lyceum der schönen Künste einen Aufsatz von Friedrich Schlegel unter dem Titel „Georg Forster Fragment einer Charakteristik der deutschen Klassiker“ – und dann in dem Intelligenzblatt n. 163 eine Anzeige, worin der genannte Friedrich Schlegel anzeigt, daß der Beschluß des im 2ten Stück angefangenen Aufsatzes über Lessing – in jenem Journale nicht erscheinen könne, weil er mit dem Herausgeber nicht mehr in Verbindung stehe
Quaero Ist dieses der Herr Schlegel, der ihr Freund und jetziger Hausgenoße? wäre dies, so würden Sie vermuthlich auch wissen, wer der Herausgeber jenes Journals
3. Wissen Sie etwa, wer der Herr S. von dem im 1ten Stück der Jahrbücher – die Ansicht von Europa
4. Letzthin schrieben Sie mir schon etwas von dem jetzigen Geheimen KabinettsRath Mencke – dadurch sowol als durch mehrere von ihm wahrscheinlich aufgesetzte KabinetsOrdres ist meine Neugier erregt, und ich wünschte zu erfahren: Ob er schon lange im Kabinet und wo er vorher angestellt gewesen? |
Und weil ich noch bey den Notaten aus meiner Lectüre bin, so fällt mir eben eine Bemerkung aus Lavaters Vermächtniß [ein] welches sonst – nach den Auszügen zu urtheilen – ein gar schaales Schriftchen seyn mag – die ich uns beyden zur Beherzigung wohl empfehlen möchte. Bey Gelegenheit eines etwas unleserlich geschriebenen Briefes, worüber er sich gewaltig erdreist, schließt er mit den Worten Gebet dem Kayser, was des Kaysers ist – und dem i das Tüppelchen das ihm gebührt
Und nun genug vor heute. Der Wächter ruft zwölf
den 13ten
Da ist mir ein fataler Streich mit einem Brief von Herrn Prediger Wilmsen begegnet, den ich bereits am Ende des vorigen Jahres erhielt, und worauf ich auch sehr bald antwortete – nun aber findet sich der nicht ganz geendigte Brief unerwartet unter meinen Papieren. Also muß ich nun wohl nach mehr als 8 Wochen einen andern schreiben, den ich zu gütiger Besorgung beylege nebst Bitte die 18 gr praenumeration in meinem Namen Vorschußweise beyzulegen, da ich eine solche Kleinigkeit nicht mit der Post schicken mag. Da komen eben meine BruchCatechumenen
den 14ten
Gestern wollte sich keine Zeit finden laßen, und nun ists mir recht lieb, daß ich diesen Brief nicht gestern schon geschloßen und weggeschickt habe, da ich so eben, als meine BruchCatechumenen sich empfohlen, den Brief nebst Päklein für die liebe Benike erhalte[.] Ich werde diesmal nicht, wie im vorigen Jahre, Ihr Geschenk selbst ihr einhändigen können, sondern es durch unsern Sohn thun laßen müssen |
Wie angenehm ihr das übersandte Geschenk – können Sie leicht erachten, ihren Dank wird sie Ihnen wohl mit dieser nemlichen Post selbst abstatten. Emilie ist diese ganze Woche Krankheit halber zu Hause geblieben, vermuthlich ists nur von Erkältung, denn sie liegt ja fast immer auf der Straße
Da ich jetzt Ihren Brief nochmals durchlese, fällt mir bey dem Namen Schroetter ein, daß ich mich letzthin gar sehr geärgert, da ich in der hamburgischen Zeitung das Schreiben des Königs an den Minister Schroetter in Königsberg fand, worin der König wünscht, daß derselbe doch in der Stille und unter der Hand es möchte zu verhindern suchen, daß man sich dort nicht wegen der bevorstehenden Huldigung in unnöthige Kosten setze. So weislich diese Maaßregel ist – so unbesonnen finde ich es daß man dergleichen – vorher schon – in öffentlichen Blättern ausposaunt und ich denke der unberufene ZeitungsTräger, der berlinische Correspondent sey dafür immer sehr verantwortlich
Können Sie mir nicht etwas umständlicher wissen laßen, was das für eine Untersuchung in welcher die beyden Hermes Hilmer begriffen?
Daß Sie wegen der Vorrede sich jetzt in einer so unangenehmen Verlegenheit befinden, bedaure ich sehr. Recht viele Empfehlungen an meinen lieben Sack und an den alten Vetter Weinhardt von uns allen. Wissen Sie nicht – frägt Mama – ob Frau Räthin Pauli aus Halle sich jetzt in Berlin aufhalte – ihre Tochter (oder eigentlich Stieftochter) in Hamburg will ja ein Bändchen ihrer Gedichte im Druck erscheinen laßen Und nun gebietet mich wohl mein Papier zu schließen – denn der Sonnabend will nicht erlauben, ein neues Blatt anzulegen Viele herzliche Grüße von Mama und David, der heute mit Herrn Benike nach Hohenwalde gereiset ist Ich bin jederzeit
Ihr aufrichtig ergebener Oheim
St.
den 17ten Merz 98.
Da haben wir jezt mit dem KirchenDirectorio unsre liebe Noth – was muß denn das doch wohl für ein junger Herr Rath seyn, der allenthalben Schwierigkeiten macht. Wenn das so fortgehen sollte, so werde ich hier sehr darauf halten, daß gar kein Capital ausgethan werde, sondern alles nach der Bank – dabey würde dann aber freilich unsere ArmenCasse sehr leiden. Das mögen dann die verantworten, die uns so schurigeln wollen –
Metadata Concerning Header
  • Date: 12. bis 17. März 1798
  • Sender: Samuel Ernst Stubenrauch ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Landsberg (Warthe) · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 2. Briefwechsel 1796‒1798 (Briefe 327‒552). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1988, S. 293‒298.

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