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Lotte Schleiermacher to Friedrich Schleiermacher

Gdfr d 13 Merz 1798
Eine angenehmere – lieblichere und so höchst unerwartete Ueberraschung gab es seit manchen Jahren nicht für mich, als heute, Deine liebe Epistel, die ich eben erhielt als ich zu unsrer lieben Zimmermann gehen wolte – nur flüchtig übersah und jezt erst durchgelesen habe – iniger herzlicher Dank und biedern Händedruk im Geist – für diese mir so wolthuende und heilsame Erquikung – Du siehst es ganz was es heist – wenn ich Dir sage, daß gestern früh meine inigstgeschezte Louise abreiste – und zu diesem TrenungsGefühl sich noch einige andre höchst trübseelige Fatas fanden, meine Person zwar gar nicht betreffend – aber andre doch! die ich sehr liebe – Du weist ja aus eigner Erfahrung wie sich Theilnahme für Bekante und Freunde in unser eignes ich verwebt! – Dazu kam noch daß dis auch die Abreisende von manche Seite berührt hätte; noch einmahl einen recht freundtschaftlichen Dank! und Bitte mich bald wieder zu erfreun – für heute genug! ich gehe diesen Abend zur Comtesse Posadowsky.
den 24ten
Ehe ich zur weitern Beantwortung Deines lieben Briefes schreite, muß ich Dir sagen, daß seit 8 Tagen der Winter sich von der rauhesten Seite bei uns zeigt; wie mag es nur in Berlin sein? recht merkwürdig war mirs daß auch Du den 3ten dieses als so einen herrlichen Tag anmerkst – der so ganz dazu gemacht zu sein schien – neue Lust dem Menschen einzuflößen und die schwersten Dissonanzen des Gemüts aufzulösen – als Du nach einem nicht finden Deiner Herz mit Schlegel im MondSchein spazieren giengst – die beiden vorhergehenden Tage, aber war es nicht minder vortreflich – da ich besonders Donerstags als den 1ten einen ganz herlichen VormittagsSpaziergang that – an welchem ich gleichsam in einer Stunde alle meine LieblingsPläze besuchte – und die | fernen – aus einem lieblichen Standtpunkt betrachtete – und mit Vergnügen darauf weilte – bald waren es jene unauslöschliche Denkmähler die sich der unvergeßliche Vater hier gestiftet – – oder wo ich mit – Dir – dann wieder mit Charles gewesen – dann die Pläze wo ich mit meinen Kleinen gewandert und sie so schuldloos vor mir her springen, oder um mich herum sizen sah –. Andre Örter die dem traulichen Gespräch mit Lotten oder sonst der Freundtschaft gewidmet – hier kan man recht sagen und Du stimst gewiß mit ein: Herz Du hast Deine eignen – der Vernunft unerfindbare ungenießbare ungedenkbare Freuden.
Heut vor 8 Tagen – nahm ich welches jezt Schwachheit halber sehr selten vorkomt – Abends einen The bei Lotten ein, da ich ihr denn – oder vielmehr sie selbst Deinen Brief mir vorlas, denn so hintereinander zu peroriren halte ich jezt gar nicht mehr aus – die Lecture war ihr dismahl außerordentlich angenehm – vielleicht ist mein Gedächtniß mir so treu – dann bekomst Du gewiß noch ein besondres Blätchen mit Anmerkungen die sie bei manchen Stellen gemacht; nachher spielte sie mir noch einige Arien die mir theils für sich, und auch der ersten Eindrüke wegen – sehr lieb sind – und endigte mit einer herrlichen Fantasie, die ganz nach meinen Wünschen ausfiel – ich möchte gern wißen ob sie Dir bekant sind, das erste von Mattison Noch einmahl möcht ich ehe in die Schatten Welt Elisiums – die Überschrift heist Wunsch an Salis; von Bürde – Alles was Othem hat liebe den Herrn! Lieben ist eure Seeligkeit – komt in jedem Vers vor es hat sehr was feierliches; von Goethe, Füllest wieder Busch und Thal still mit Nebelglanz – lösest endlich auch einmahl meine Seele ganz. |
Alle die Berührungen die Dein inres ich, von wegen den lieben Donas empfunden – kan ich mir sehr gut vorstellen, ich müste nicht das fühlende Herz bei den Freuden oder Leiden meiner MitMenschen haben, welches bei denen die mir vorzüglich nahe noch subtilere Seiten hat – in mir schlagen fühlen – wenn ich nur irgend etwas von diesem allem was Dich bei dem Zusamenfluß der Dinge so mächtig ergriff – als das natürlichste inigste Theilnehmen mir auslegen solte – dabei kann ich nicht bergen, daß, da ich Deine vorigen Verhältniße so genau kenne, ich auch schon öfters an eine wahrscheinliche partie dieser Beiden doch so verschiednen interressanten Sujets gedacht – mir Deinetwegen etwas bangte – daß, dieses so zusamentraf – ach! dergleichen hat viel Einfluß auf die Nerven und Deine scheinen mir nicht die stärksten zu sein; eignes Leiden greift mich (seit ich denken und empfinden kan) nicht halb so an, als die Vorkomenheiten Andrer! Das Wesen des Grafen kan auch noch dazu – das ist ja ein ganzes doppeltes Trio! von Liebenden – Gott gebe! daß alles zu wahrer dauernder Liebe und Achtung hinleitet wenn ihre Wünsche in Erfüllung gehen – ich hoffe daß Du das alles volkomner und beßer fühlst und verstehst, als es hier steht – denn es fehlt mir jezt gar sehr an ordentlichen Ausdrüken über der Benike ihre Verhältniße – von denen Du auch so mitgenomen steht ein wahres Dunkel! es mögen wohl nur FamilienVerhältniße sein; von der Dame bei der Eichmann deren Nahmen ich nicht ganz lesen kann – habe noch nie etwas gehört! – |
den 3ten Aprill
In diesem ZwischenRaum meines lezten Schreibens hatte ich der kranken und schwachen Tage wieder so manche, da ich nicht im Stande gewesen eine Zeile zu schreiben – ob ich schon oft und viel an Dich gedacht und mich Deines innigen Theilnehmens an meinem peinlichen Zustand geschmeichelt – Medicin habe seit mehreren Wochen gar nicht genommen – nur BrustThe getrunken, weil doch eigentlich der Husten mir jezt nur Beschwerden macht – an Erquikungen verschiedner Art fehlt es mir wirklich nicht – da ich theils meine freundlichen Unterstüzungen dazu anwende, und auch von meiner gütigen Comtesse Posadowsky mütterlich mit gebaknen Obst – und dergleichen – auch Wein wenn ich ihn nur vertragen kan versorgt werde. Vor eingen Wochen sprach ich recht vertraulich wegen meiner Kränklichkeit mit, ihr, und die Edle kam wie ich gewünscht selbst auf den Einfall daß ich statt aller andrer Cur wohl einmahl eine Reise unternehmen möchte – so sehr man mir auch anderseits dazu rieth – fürchtete ich (da sie jezt die specielle Aufsicht über die Anstalt hat) einge Schwierigkeiten bei ihr – daher ich mich inigst freute – aber nicht geglaubt hätte – daß man mir schon am GeburtsTag den Vorschlag einer ziemlich wohlfeilen Reise nach Herrnhut thun würde – schon gestern war der 3te Feiertag zur Abreise bestimt – doch scheinen Umstände es wieder zu verzögern |
den 9ten Aprill
Ob ich schon zum 31ten wie Du es gütig versprachst keinen Brief erhalten habe so will ich doch Dir wie Du es wünschst von der kleinen Feyer dieses Tags erzählen. Tages vorher schon erhielt ich ohne Begleitung eines schriftlichen Grußes ein schönes ErbauungsBuch von der Aulock: zur Beförderung der reinen Tugend, als Fortsezung des von Sanders, der Verfaßer ist ungenant; Mittags war ich bei Peistels wo ich wie Du schon weist manche angenehme Stunde verbringe merkwürdig war mirs und bleibt mirs imer, daß Du wohl einge Jahre hintereinander mich frugst ob ich die Bekantschaft nicht fortsezte – und nun! doch weiter – früh Morgens hatte ich ein kleines Fest mit meinen StubenGespielen wobei ich ihre Liebe recht wohltuend inne wurde – ich besuchte die Predigt und gieng so schwach ich mich auch fühlte in die Anstalt – da ich denn die Freude hatte, von meinen Kleinen geschriebne Verse, oder Zeichnungen zu erhalten – welches mich recht aufheiterte – Nachmittags hatte ich ein kleines liebes Trio bei mir – die Schilden – Frize Graff und Julchen von Pfeil, die einzige der Töchter die noch bei der Gemeine ist – wir waren sehr vergnügt – Abends nach der GemeinStunde war ich bei Lotte Schlegel zum The, wo denn der gewöhnliche Creis zusamen war, ich war sehr matt, und wenig sprechbar. Tages darauf war ich bei unsrer lieben Ortsherschaft zu Tische und bis 4 uhr sehr traulich bei ihnen – o! die verständigen theilnehmenden Edlen! erst nach einigen Tagen hatte ich meine alten Collegen in der Anstalt mir zum Caffé gebeten; von Lotten erhielt ich am 31ten zwei recht niedliche Teller von Steingut von denen ich viel halte – und von meiner Frize Graff einen ArbeitsBeutel zwar einfach aber ganz nach meinem Geschmak.
Heute Abend war meine beste Lisette Pritwiz die ihren GeburtsTag heut feiert noch bei mir – da sie mir ihre herzliche Theilnahme an dem Inhalt Deines | interressanten Briefes bezeugte – sie hat viel Freude darüber – auch über die Schilderung von Herz und Veit – auch wünscht sie baldigst mehr von den Bräuten zu wißen – vorzüglich von Adolph.
den 10ten
ich muß mir wirklich jede Viertelstunde benuzen, da ich übermorgen wie es jezt bestimt abreise, und dieser Brief noch fort soll, sehr lieb wäre mirs noch Morgen einen von Dir zu erhalten – ganz besonders wäre es mir auch um nähere Aufklärung wegen des Geldes zu thun – doch habe ich das gute Zutrauen daß ich mir 10 Thaler davon borgen darf – wenn auch jedes von Euch ein Theil davon bekäme – es ist zwar eine wohlfeile Fuhre doch werden nächst dem was ich dort verzehre leicht die 25 Thaler drauf gehen – und denn kan ich mir gar nichts mitbringen – ich hoffe meine Lieben werden nichts dagegen haben. Wie sehr ich mich freue so manche meiner Lieben in Nisky und Herrnhut wieder zu sehn darf ich Dir nicht erst sagen – doch ists gut daß ich nur sehr mäßige Vorstellungen von Allem habe, da die meisten verheiratet – oder doch in einer sehr gebundnen Lage sich befinden, was dabei über meine Erwartungen komt, werde ich wohl dankbar annehmen; die guten Albertinis sind in Neuwid – doch körnen sie zu Anfang May wieder und ich hoffe stark über den 4ten zu bleiben. Gestern war seit einem Vierteljahr die Aulock wieder einmahl hier – sie kam eigentlich zu der Music die aufgeführt wurde wobei Leininger ihr Hofmeister vortreflich sang – ich freute mich inigst sie wieder zu sehn, ob ich schon wenig mit ihr sprechen konte – sie grüst Dich und meint Du würdest Dich über meine Reise sehr freuen – | sie sagte recht drollig ich werde doch gewiß mit Swertner sprechen, weil sie schon öfters aus Deinen Briefen ersehn wie sehnlich Du es wünschest |
Gnadenfrei den 25ten Juny 1798
Eine solche lange Pause hat bei unserm Briefwechsel wohl kaum je Stat gefunden als wir Beide seit Februar gemacht haben, und am Ende bist Du Lieber Friz! mir doch zuvorgekomen, ob ich schon meine große Schuld fühlte seit Anfang Aprill keine Zeile geschrieben zu haben, entschuldigte ich mich doch gar zu gern mit meiner Kränklichkeit – die täglich anhaltender wird – und mich zu allem Schreiben und Lesen gar sehr unfähig macht – gar herzlich hast Du mich mit Deinem lieben Briefe erfreut – freilich ist abermahls keiner von Charles dabei, nach deßen eigenhändiger Nachricht ich mich doch so herzlich sehne – nun im Geist eine recht dankvolle Umarmung und biedern Händedruk – am Sonnabend als ich ihn erhielt den 23ten dieses, war es eben 5 Wochen, daß ich von Hernhut wieder hier bin – ein andermahl mehr – mein peinigendes NervenKopfweh erlaubt mirs nicht länger.
den 26ten
Von meinem gemachten Besuch in Hernhut (welches ich zum erstenmahl gesehen) wirst Du wohl gern etwas wißen wollen, und natürlich zuerst, ob ich von Swertner gebraucht habe, ja wohl! und es bekam mir da ich dort ganz geschäftslos war recht gut – 8 Tage war das Wetter schlecht da muste ich freilich das BitterWaßer aussezen – Pillen thaten auch ihre gewünschte Wirkung – habe mir auch das recept von diesen und den BeruhigungsPulvern geben [lassen] unterdeß aber da ich nun schon wieder eine geraume Zeit hier bin | haben sich seit dem so manche andre Dinge dazu gefunden, daß ich eben heute – des schon oft wiederholten BlutAuswurf wegen mit Kretschmer gesprochen, der mir in diesem Jahr die erste Medicin verschrieben – denn für den Husten der mich seit deßen Anfange begleitet habe ich noch nichts als kleine HausMittel gebraucht – und wenn das Kopfweh zu arg wird HirschhornGeist; Swertner bleibt mir nun schon der liebste – er fühlte mein Zutrauen stets also auch in Sachsen, ohne Worte, und wünschte sehr mich länger dort behalten zu könen, um mich ganz auszuwarten – allein der Schulen wegen, war das nicht möglich – Bruder Scheueri, von deßen WitwerStande ich schon längst erwähnte, hat es beliebt sich eine von den Lehrerinnen aus der Anstalt zu holen, nehmlich die Schweizern Descombes – die Trauung war unterdeßen – und Du kanst Dir vorstellen, daß alles in der grösten confusion war – auch ist ihre Stelle noch nicht besezt – doch die Schulen so gut es geht eingerichtet – hätte Deine arme Lotte mehr Kraft, sie hätte noch mehr als gewöhnlich nehmen müßen – ich werde nun schon nicht wieder herein ziehen, auch macht mir niemand für jezt diese Zumutung wofür ich sehr froh bin; so viel für heute. |
den 28ten Juny
Heute wieder eine Seite
Noch etwas von meinem gemachten Besuch in Herrnhut, wovon ich stets ein liebliches Andenken behalten werde; ich seze vest, daß Du auch ehemals zum Besuch dort warst; daher Du also leicht glauben wirst – wie außerordentlich überraschend – wenn man aus der dürren Heide und buschigten Gegend von Nisky auf einmahl in jene herrlichen Lustgefilde versezt wird – und nun das Hineinfahren in den großen volkreichen Ort – vor das SchwesternHaus welches von außen einem fürstlichen Palais gleicht – die Vorstellung, daß, da ich nur im Ort, aber nicht im Hause Freunde oder Bekante habe, mich niemand bewilkomnen würde – denn was meine Geselschafterin angeht kann ich mir nicht zurechnen – und nun die herzliche Freude und Theilnahme so vieler Schwestern an meiner Ankunft und Kränklichkeit – die liebevolle ungezwungne freundliche Aufnahme der dortigen Arbeiter – kurz das ganze Wesen, in welches ich nach 3 Tagen ganz herlich verstanden war; meine gute Arndt sähe ich erst den folgenden Tag – ein recht sanftes iniges Gefühl waltete bei diesem Wiedersehn – nur sehr sparsam konten wir uns bei ihrer Lage genießen da sie sehr gebunden – aber ganz in ihrem Fache lebt – ein Frühstük wurde je zuweilen in Geselschaft der Dir bekanten Louise Rosenbaum eingenommen – da trauliche Gespräche oder | auch eine kleine Lectüre es würzte – auch war ich 2mahl in Geselschaft ihrer allerliebsten Eleven – Töchter des General Badberg – mit ihr auf dem vortreflichen HeinrichsBerge – O! wie schön ist der angelegt! und welche manichfaltige Pläze zum ausruhen, mit eben so verschiednen An, und Aussichten – o! wie habe ich mich auf dem GottesAker erquikt und Oben auf dem Berge an der götlichen Aussicht – ach wie oft denke ich mich hin an alle die nahen vortreflichen SpazierGänge – wenn mirs jezt etwas mühsam wird auf den Glazhof zu gehen – hier muß ich schon wieder abbrechen.
den 29ten.
Daß ich die Krasting geb. Mariechen Struensee – besucht ist ohne Frage – sie lebt recht glüklich – ist aber noch imer etwas unordentlich hat eine Tochter von 3 Jahren, zu deren Erziehung sie aber leider keine Gabe hat – da möchtest Du zu rechte helfen, noch immer sehr lustig wie sonst – erinerte sich auch Deiner und die Zeit war viel zu kurz um alles was sie wißen wolte zu erzehlen – sie grüßet Dich recht freundtschaftlich. Bei Schlegels, den Eltern meiner Lotte, war ich auch einge mahl – es war mir sehr wohl bei den lieben Leutgens ich habe keine Ausdrüke um Dir das so recht zu beschreiben – so viel weiß ich nur, daß ich die mir erwiesne achtungsvolle Freundtschaft nicht in dem Grade verdiene. |
den 30ten Juny
Da liegen die Blätter noch so wie ich sie vor meiner Abreise verließ – ganz und gar hatte ich dis leere Blatt vergeßen, welches nun den Schluß des Briefes ausmachen muß – verzeihe diese Confusion. Und nun, zuerst einen Gruß von der Aulock – bei welcher ich am 13ten dieses einige recht trauliche Stunden verlebt – Sie war Tages vorher hier um von Scheuerl (der mit seiner Frau, in die dortige Pension (Montmiraill) einen Ruf als Director bekommen) Abschied zu nehmen; wir äußerten Beide den Wunsch uns wieder einmahl ausführlich zu sprechen – Sie schien dis in der Abwesenheit ihres Mannes zu wünschen – da ich es auf einen ganzen Tag der Schulen wegen nicht möglich machen konte, fuhr ich hier nach 11 uhr weg – und kam glüklich noch zur Suppe zurecht – O! wie schnell schwanden die Stunden bis, 6, im Creis ihrer lieben Kleinen – in freundtschaftlichen Mittheilungen – und ihrem treflichen Clavier spielen, wozu Leininger sehr gut sang; unter andern sagte sie mir, sie hätte in einem berlinischen Bericht einer reisenden Dame, gelesen; daß die JudenWeiber daselbst eine große Epoche machten – und besonders – von der jungen Eleganz und Gelehrten fleißig heimgesucht würden – natürlich wärest Du ihr bald eingefallen, sie wüste aber nicht – unter welche von den beiden Classen Du zu zählen wärst |
den 2ten July
Nur noch einige Worte mein Bester! weil dieses Geschmiere heute noch auf die Post soll, um Dich nicht länger warten zu laßen, ich hoffe Du wirst mir jezt bald wieder schreiben. Sehr merkwürdig waren mir Deine Anmerkungen über Wilhelm Meister – die ich wohl schon beim lesen – so, erwartete; Lisette Pritwiz hatte während meiner Abwesenheit gesucht – dieses – Deine Lecture mit der Herz auch theilhaftig zu werden und bewilkomete mich bei meiner retour damit, freilich muste ich es nur flüchtig lesen – und das ist mir jezt in vieler Absicht sehr unangenehm – ins ganze genomen ist aber das Stük sehr interressant – und meisterhaft geschrieben, manche Stellen wünschte ich – unter meinen Auszügen zu haben – daß mir der Harveniste und Mignon gleich anzüglich waren darf ich Dich nicht erst versichern – eine große Freude köntest Du mir machen, wenn Du mir die beiden Arien, kenst Du das Land wo die Citronen blühn? Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen – abgeschrieben zuschiken woltest wenn dis nehmlich nach Empfang dieses noch in Deiner oder auch der Herz Macht steht – bitte sie darum in meinem Nahmen, es gefält mir und andern lieben Leuten gar sehr. Lebe wohl! treibe den Charles an mir bald zu schreiben –
Deine kränkliche
Lotte |
In Nisky hatte ich die Freude meine gute Koelbing als Weib und Mutter mit ihrem Frühauf und einem allerliebsten Mädchen recht glüklich zu sehn. |
Der Veit ihre Muthmaßung – gründete sich wohl auf Leidenschaft gegen Schlegel. |
Sehr angenehm wäre mirs wenn das Atheneum bald in meine Hände käme |
Schreib doch bald, ob die Comtessen jezt verheiratet sind – Du erwähnst gar nichts |
Daß ich ohngeachtet des herlichen Straußes – in Hernhut noch manches auch wohlriechendes Blümgen am Wege gepflükt versteht sich –
Metadata Concerning Header
  • Date: 13. März bis 2. Juli 1798
  • Sender: Lotte Schleiermacher ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Gnadenfrei ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 2. Briefwechsel 1796‒1798 (Briefe 327‒552). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1988, S. 298‒307.

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