Landsb. a. d. W. d. 6ten Jul. 1798
Das ist mir warlich ein ganz unauflösliches Räthsel, wie es in aller Welt zugegangen, daß ich in so erstaunlich langer Zeit an Sie, mein lieber Neveu, nicht geschrieben habe. Doch, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr kome ich auch von meinem Erstaunen zurück; denn als ich Ihren letzten Brief erhielt hieß es noch Sie würden gleich nach dem Pfingstfeste herkomen – dann kam so manches im Garten zu thun – und dann so manche andere Vorfälle davon mündlich ein mehreres
Jetzt will ich also lieber – ohne mich weiter zu verwundern – ungesäumt ein klein Brieflein schreiben, wie ich der guten Benike noch vorgestern versprochen habe. Daß diese jetzt so sehr oft mit Krämpfen behaftet ist, will mir gar nicht gefallen, und ich rechne sehr darauf, daß wenn Sie den Rath des Arztes unterstützen, die Sache wohl durchgehen werde
Warum jetzt Ihre Anherkunft wegen ausgesetzter Communion so weit verschoben werden muß, kann ich der Benike die mich sehr ängstlich darüber befragte, nicht erklären, weil ich nicht näher davon unterrichtet bin.
Daß ich jetzt Strohwittwer bin, indem meine gute Frau Montag nach Drossen gereiset, hat Ihnen die Benike vielleicht auch geschrieben ich war am Mittwoch mit Bethens bey ihr, der arme Mann ist noch immer kränklich – und gestern lernte ich den Prediger Wenck und seine Frau dort kennen, an ihm fand ich einen sehr einsichtsvollen belebten und gesprächigen Mann. So weit vor heut, denn ich bin etwas müde von einer Promenade, und es geht auf 12. |
Sonnabend den 7ten
Zu sagen von hiesigen Neuigkeiten, die für Sie interessant seyn könnten weiß ich nichts, was nicht die liebe Benike Ihnen gewiß schon geschrieben. Zu fragen hätte ich wohl mancherley, dazu müßte ich aber erst da mein Gedächtniß mir sehr untreu wird, meinen Fragenzettel zu Rathe ziehen, und da ich den jetzt gerade nicht bey der Hand habe, so will ich, da ich zumal nicht weiß, ob ich auf diesen Brief noch schriftliche Antwort erhalten kann, es lieber zur mündlichen Unterredung aufsparen, und Ihnen jetzt nur sagen, daß Sie mir durch die übersandten Fawcett- schen Predigten manche durch lehrreiche Unterhaltung sehr angenehme Stunde verschafft haben, wofür ich Ihnen recht sehr verbunden bin
Wegen der Werderschen Stelle werde ich wohl mündlich das nähere erfahren, hier muß ich diesen Brief schließen theils weils Sonnabend, theils weil ich so unruhig bin, da ich nicht weiß, wie ich meine gute Frau bey dem regnichten Wetter auf eine sichere Weise wieder zurückerhalten soll.
Allen die sich meiner erinern bitte mich beßtens zu empfehlen, besonders Vetter Reinhardt und meinem theuren Sack. Je suis, & serai toujours
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Das ist mir warlich ein ganz unauflösliches Räthsel, wie es in aller Welt zugegangen, daß ich in so erstaunlich langer Zeit an Sie, mein lieber Neveu, nicht geschrieben habe. Doch, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr kome ich auch von meinem Erstaunen zurück; denn als ich Ihren letzten Brief erhielt hieß es noch Sie würden gleich nach dem Pfingstfeste herkomen – dann kam so manches im Garten zu thun – und dann so manche andere Vorfälle davon mündlich ein mehreres
Jetzt will ich also lieber – ohne mich weiter zu verwundern – ungesäumt ein klein Brieflein schreiben, wie ich der guten Benike noch vorgestern versprochen habe. Daß diese jetzt so sehr oft mit Krämpfen behaftet ist, will mir gar nicht gefallen, und ich rechne sehr darauf, daß wenn Sie den Rath des Arztes unterstützen, die Sache wohl durchgehen werde
Warum jetzt Ihre Anherkunft wegen ausgesetzter Communion so weit verschoben werden muß, kann ich der Benike die mich sehr ängstlich darüber befragte, nicht erklären, weil ich nicht näher davon unterrichtet bin.
Daß ich jetzt Strohwittwer bin, indem meine gute Frau Montag nach Drossen gereiset, hat Ihnen die Benike vielleicht auch geschrieben ich war am Mittwoch mit Bethens bey ihr, der arme Mann ist noch immer kränklich – und gestern lernte ich den Prediger Wenck und seine Frau dort kennen, an ihm fand ich einen sehr einsichtsvollen belebten und gesprächigen Mann. So weit vor heut, denn ich bin etwas müde von einer Promenade, und es geht auf 12. |
Sonnabend den 7ten
Zu sagen von hiesigen Neuigkeiten, die für Sie interessant seyn könnten weiß ich nichts, was nicht die liebe Benike Ihnen gewiß schon geschrieben. Zu fragen hätte ich wohl mancherley, dazu müßte ich aber erst da mein Gedächtniß mir sehr untreu wird, meinen Fragenzettel zu Rathe ziehen, und da ich den jetzt gerade nicht bey der Hand habe, so will ich, da ich zumal nicht weiß, ob ich auf diesen Brief noch schriftliche Antwort erhalten kann, es lieber zur mündlichen Unterredung aufsparen, und Ihnen jetzt nur sagen, daß Sie mir durch die übersandten Fawcett- schen Predigten manche durch lehrreiche Unterhaltung sehr angenehme Stunde verschafft haben, wofür ich Ihnen recht sehr verbunden bin
Wegen der Werderschen Stelle werde ich wohl mündlich das nähere erfahren, hier muß ich diesen Brief schließen theils weils Sonnabend, theils weil ich so unruhig bin, da ich nicht weiß, wie ich meine gute Frau bey dem regnichten Wetter auf eine sichere Weise wieder zurückerhalten soll.
Allen die sich meiner erinern bitte mich beßtens zu empfehlen, besonders Vetter Reinhardt und meinem theuren Sack. Je suis, & serai toujours
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch