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Friedrich Schleiermacher to Wilhelm Heinrich Maximilian zu Dohna-Schlobitten

Da haben wir beide vorigen Posttag schon einen Brief an Sie geschrieben: Gott weiß wo er geblieben ist – ein merkwürdiges Beispiel daß Briefe verloren gehen können ohne auf die Post zu kommen. Von Ihrer Reise werden die Nachrichten je länger je schöner. Jezt sind Sie in die rechte Art hineingekommen wie man das Reisen betreiben muß, wie einen Feldzug zu dem man zwar auch einen Plan im großen macht, aber ihn dann doch nach den Umständen modifizirt oder ganz umändert. Bei diesen Nebenoperationen scheinen Sie grade die schönsten Conquêten gemacht zu haben. Sie sollten wirklich außer Ihrem großen Journal auch kleine Memoiren für uns pour la bonne bouche aufsezen oder in deren Folge aus Ihren Briefen, deren ich wunderselten einen zu sehen bekomme zusammenschreiben. Mir ist unterdeß Sie alle diese schönen Menschen und Sachen gesehen zu haben, wunderwenig paßirt, außer daß Wilhelm Schlegel gekommen ist und mir seinen Bruder auf ein paar Monate weggenommen hat; und daß ich eine Zeitlang ein Dachs gewesen bin, von dem in der Fiebel steht: Drei Viertel seines Lebens verschläft der Dachs vergebens. Dieser Unterschied eine Zeitlang zu verschlafen, was ich sonst auf eben die Weise verwachte ist den Leuten so wichtig vorgekommen, daß ich unter Herzens ärztliche Tutel gekommen bin. Jezt wach ich wieder und bin fleißig hier, fleißiger als Ihr Bruder auf den der Staat ein entsezlich strenges Embargo gelegt hat.
Die Veitin läßt Sie grüßen und fragt ob Sie die flache Gegend an der Sie noch den lezten Abend so ein Aergerniß hatten glüklich vergeßen haben? Ich hoffe nicht so sehr daß Sie nicht Ihrem Vorsaz noch einige Tage herzukommen treu bleiben sollten. Laßen Sie Sichs bis dahin ferner so gut gehn, und wenn Sie etwa Bonaparte mit seiner Flotte begegnen sollten so grüßen Sie ihn von mir.
Schl.
Metadata Concerning Header
  • Date: Dienstag, 10. Juli 1798
  • Sender: Friedrich Schleiermacher ·
  • Recipient: Wilhelm Heinrich Maximilian zu Dohna-Schlobitten ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 2. Briefwechsel 1796‒1798 (Briefe 327‒552). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1988, S. 342‒343.

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