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Friedrich von Schlegel, Dorothea von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Berlin, den 4ten Septemb.
Ich muß Dir doch nur mit ein paar Zeilen melden, lieber Freund, daß ich den lezten August hier mit der kleinen Levi und mit der Dorothea hier wieder angekommen bin, auf Deine Rückkunft sehnlich harre. Du weißt schon, daß ich auf der Veit ihrem Zimmer nicht viel zu schreiben pflege, wenigstens nicht viel kluges. Mein Verstand hat ohnedieß durch den Herbst[,] die Reise, die Levi, den Schnupfen, die Lectüre der Garveschen Gesellschaft sehr gelitten. Nur so viel, daß wir gestern recht lange mit der Herz spatziert sind, wo sie mir unter andern Evangelien auch das vom Fertigwerden Deiner Kritik der Moral verkündigt hat.
Mit dem Athenäum und mit Vieweg steht und geht alles so gut wie nur immer möglich. Mündlich das nähere.
Herzliche Grüße von allen Dresdnern. Ob sie kommen, diesen Herbst nämlich, weiß ich immer noch nicht gewiß. Che piu? – Lebe wohl und komm bald |
N. S. Ich habe vernommen daß Du nicht glauben willst, ich sey in Fluß gekommen, nämlich in Essayfluß. Darauf antworte ich Dir, wie man den Kindern sagt, daß sie fühlen sollen, wenn sie nicht hören wollen: Willst Du nicht glauben, so wirst Du sehen müssen.
[DV:] Was meinen Sie wohl? sollte ich es etwa so einrichten, daß der Herr etwas klügers hier auf meinem Zimmer schreibe? – Verdient haben Sie es nun wohl nicht so recht daß ich Ihnen schreibe mein schöner Freund aber ich werde Gnade vor Recht gelten laßen! Wißen Sie also – daß ich seit acht Tagen ungefähr von einer Freude zur andern geführt werde – erst kam das Bild, über dem Ihr alle ein so heiliges gottseeliges Stillschweigen beobachtet habt, daß ich mir dagegen entsetzlich schwatzhaft vorkomme, nach und mit dem Bilde, kamen Verkündigungen vom bald wiederkommen, und früher noch als ich hoffen durfte Er selbst! – Glauben Sie aber nicht daß mir der lebendige Friedrich den gemahlten entbehrlich macht, jezt sehe ich es erst, wie mir der gemahlte auch notwendig ist! – Vom | gestrigen Spaziergang hat Ihnen nun Schlegel geschrieben vermutlich wird es die Herz noch etwas ausführlicher thun. – Das medaillon ist recht schön lieber Schleyermacher und sie trägt es nicht an der Kette, sondern am Halsband. Die Herz hat mir erzählt von der Krankheit Ihrer Cousine, armer Schleyer! Doch ist die Krankheit selbst, so schrecklich Ihnen auch der Anblick war, nichts gegen das zerreißende des Gedankens wenn Sie erst wieder fort sind – Können Sie ihr keine Diätregeln geben die das Uebel vielleicht nach und nach mildern? sind Sie zufrieden mit dem Arzt? Es scheint als sollten Sie recht geübt werden, beym Krankenbett Ihrer Freundinen zu leiden, und zu trösten! – Kommen Sie nicht zu spät wieder jezt sind wir noch alle zusammen hier, wenn uns das Wetter aber nicht hold bleibt – so werden wir denn auch wieder nach die Stadt getrieben – und gern hätte ich, Sie hörten den Dorotheen Brief noch hier mitten unter uns; ich freue mich darauf daß Sie ihn lesen werden und die Herz – Sie werden denken daß es eitel ist, meine Apotheose so himmelhoch zu erheben – mag auch wohl – doch zu meinem Ruhm sei es gesagt, ich gab mir beim vorlesen alle ersinliche Mühe, mich selbst zu vergeßen – daß es aber nicht gieng – nun das ist nicht meine Schuld! Ist es aber nicht zum hinknieen – – doch was will ich Ihnen | alles erzählen – Sie müßen ihn lesen.
weiter weiß ich Ihnen aber gar nichts zu erzählen als daß Sie doch Recht hatten, Friedrich kam früher als ich es prophezeyte – wozu gebe ich mich auch mit dem prophezeyen ab?
Ich kann nicht sagen kommen Sie früher wieder das wäre unbarmherzig – aber ich darf doch hoffen daß Sie nicht später wiederkommen.
DV.
Metadata Concerning Header
  • Date: Dienstag, 4. September 1798
  • Sender: Friedrich von Schlegel · , Dorothea von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Landsberg (Warthe) · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 2. Briefwechsel 1796‒1798 (Briefe 327‒552). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1988, S. 403‒405.

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