Landsberg den 6ten Sept. 98.
Mein Gott wie bin ich überströmt von lauter Herrlichkeit und Freude von Berlin her. Sie im Thiergarten, Schlegel zurück und zum Überfluß sogar in Oranienburg, und unabhängig von allen Nachrichten Eure lieben schönen Briefe; es ist wahrlich fast zu viel. Ich weiß nicht warum ich Sie so früh nicht zurück erwartet hatte. Sie sind eigentlich sehr kurz in Lanke gewesen und haben doch so viel Entzücken eingesogen, und das schlechte Wetter ist nicht einmal ein Leiter gewesen, der Ihnen diese elektrische Fülle wieder abgezogen hätte? Führen Sie mich doch ein in die Mysterien Ihrer unbefriedigten Wünsche! Wir müssen wirklich etwas erfinden damit sich diese Elektricität nicht häuft und uns irgend wo einschlägt. Ach liebe; meine Saat steht so schön meine Wohnungen sind alle so niedlich und heimisch, daß mir wol vor dem | kleinsten Wölkchen bange seyn darf das irgendwo aufsteigt, und gar in Ihnen? Ich will einmal meine kalte und fühllose Seite herauskehren und Ihnen sagen daß ich gar nicht begreife was und wie’s Ihnen das Land thut. Sind wir etwa nicht mit in der großen Thätigkeit? Eigentlich giebt es doch keinen größeren Gegenstand des Wirkens als das Gemüth, ja überhaupt keinen andern, wirken Sie etwa da nicht? O Sie fruchtbare, Sie vielwirkende, eine wahre Ceres sind Sie für die innere Natur und legen einen so großen Akzent auf jene Thätigkeit in die Außenwelt, die so durchaus nur Mittel ist, wo der Mensch in dem allgemeinen Mechanismus sich verliert, von der so wenig bis zum eigentlichen Zweck und Ziel alles Thuns hingedeiht und immer tausendmal so viel unterweges verloren geht! Und jenes Thun und Treiben wobei sich der Mensch müht und schwitzt – was er doch eigentlich nie thun sollte – ist es nicht lärmend und tobend gegen unsre stille Thätigkeit? Wer vernimmt etwas von uns? was weiß die Welt von unsrer inneren Natur und ihren Bewegungen? ist ihr nicht alles Geheimniß? – Eine Priesterin der Venus Urania sollte nie der Isis dienen der ungestalten mit ihren tausend Brüsten an die sich alles nichts werthe anlümmelt. Jene Göttinn hat freilich nur zwei; aber sie sind der Sitz der Freundschaft und Liebe und sie deckt sie mit einem Händchen gegen die Blicke aller | Profanen der Welt. Da und nur da, wollen wir anbeten und vor diesem Altare werden Sie gewiß bekennen müssen, daß Sie an der rechten Stelle stehen. Sehen Sie nur was Sie gethan haben und noch thun und thun werden, und gestehen Sie daß dieses Thun und Bilden unendlich mehr ist, als alles was der Mensch über das große Chaos welches er sich zurecht machen soll gewinnen kann. – – Bin ich nicht recht dithyrambisch geworden und das aus lauter Polemik! Aber recht habe ich doch! und künftiges Jahr will ich wirklich die physikalische Reise machen und die große ElektrisirMaschine in Lanke besehen. Strafen Sie mich dann wie Sie können, ich will jeden Schlag aushalten, aber merken Sie wol nur aus jener Maschine (alle Leidener Flaschen mit eingeschlossen) und nicht aus Ihrer. [...]
Freitag den 8ten. Wir haben hier seit mehreren Tagen gar schönes Wetter, und wenn Sie es in Berlin noch besser haben – welches wohl zu erwarten ist, so werden Sie wol nicht dran denken vor meiner Ankunft in die Stadt zu ziehen. Ich freue mich gar stark darauf noch Wehetage zu haben, und zu Ihrem Kleinod eine Schleife zu geben soll mir kein kleiner Triumpf seyn. Die kleinen grauen Haare müssen sich freilich schlecht ausnehmen zwischen den schönen braunen von A. und V. – aber um desto mehr. Ach liebe Freundinn, ob ich verhetschelt bin weiß ich nicht, und mag’s warlich jetzt nicht untersuchen; aber Glück | habe ich doch gar gewaltig viel. Wie komme ich so in einem Jahr zwischen Ihre theuersten hinein? Wie haben Sie noch Plaz gehabt für mich, Sie mit einem solchen Freunde und einer solchen Freundinn? Sinn habe ich für den Platz meiner Haare und für ihre Umgebungen; aber das ist doch kein Verdienst, und ich verdiene in der That mein Glück nur dadurch, daß ich so gewaltig glücklich bin. Ich wollte wol ich könnte mich einmal aus eurem Standpunkte ansehen, ihr lieben Menschen; ich muß mich doch dort ganz anders ausnehmen als von innen heraus. Doch lassen wir das, Sie wissen wie’s in mir ist. [...]
Mein Gott wie bin ich überströmt von lauter Herrlichkeit und Freude von Berlin her. Sie im Thiergarten, Schlegel zurück und zum Überfluß sogar in Oranienburg, und unabhängig von allen Nachrichten Eure lieben schönen Briefe; es ist wahrlich fast zu viel. Ich weiß nicht warum ich Sie so früh nicht zurück erwartet hatte. Sie sind eigentlich sehr kurz in Lanke gewesen und haben doch so viel Entzücken eingesogen, und das schlechte Wetter ist nicht einmal ein Leiter gewesen, der Ihnen diese elektrische Fülle wieder abgezogen hätte? Führen Sie mich doch ein in die Mysterien Ihrer unbefriedigten Wünsche! Wir müssen wirklich etwas erfinden damit sich diese Elektricität nicht häuft und uns irgend wo einschlägt. Ach liebe; meine Saat steht so schön meine Wohnungen sind alle so niedlich und heimisch, daß mir wol vor dem | kleinsten Wölkchen bange seyn darf das irgendwo aufsteigt, und gar in Ihnen? Ich will einmal meine kalte und fühllose Seite herauskehren und Ihnen sagen daß ich gar nicht begreife was und wie’s Ihnen das Land thut. Sind wir etwa nicht mit in der großen Thätigkeit? Eigentlich giebt es doch keinen größeren Gegenstand des Wirkens als das Gemüth, ja überhaupt keinen andern, wirken Sie etwa da nicht? O Sie fruchtbare, Sie vielwirkende, eine wahre Ceres sind Sie für die innere Natur und legen einen so großen Akzent auf jene Thätigkeit in die Außenwelt, die so durchaus nur Mittel ist, wo der Mensch in dem allgemeinen Mechanismus sich verliert, von der so wenig bis zum eigentlichen Zweck und Ziel alles Thuns hingedeiht und immer tausendmal so viel unterweges verloren geht! Und jenes Thun und Treiben wobei sich der Mensch müht und schwitzt – was er doch eigentlich nie thun sollte – ist es nicht lärmend und tobend gegen unsre stille Thätigkeit? Wer vernimmt etwas von uns? was weiß die Welt von unsrer inneren Natur und ihren Bewegungen? ist ihr nicht alles Geheimniß? – Eine Priesterin der Venus Urania sollte nie der Isis dienen der ungestalten mit ihren tausend Brüsten an die sich alles nichts werthe anlümmelt. Jene Göttinn hat freilich nur zwei; aber sie sind der Sitz der Freundschaft und Liebe und sie deckt sie mit einem Händchen gegen die Blicke aller | Profanen der Welt. Da und nur da, wollen wir anbeten und vor diesem Altare werden Sie gewiß bekennen müssen, daß Sie an der rechten Stelle stehen. Sehen Sie nur was Sie gethan haben und noch thun und thun werden, und gestehen Sie daß dieses Thun und Bilden unendlich mehr ist, als alles was der Mensch über das große Chaos welches er sich zurecht machen soll gewinnen kann. – – Bin ich nicht recht dithyrambisch geworden und das aus lauter Polemik! Aber recht habe ich doch! und künftiges Jahr will ich wirklich die physikalische Reise machen und die große ElektrisirMaschine in Lanke besehen. Strafen Sie mich dann wie Sie können, ich will jeden Schlag aushalten, aber merken Sie wol nur aus jener Maschine (alle Leidener Flaschen mit eingeschlossen) und nicht aus Ihrer. [...]
Freitag den 8ten. Wir haben hier seit mehreren Tagen gar schönes Wetter, und wenn Sie es in Berlin noch besser haben – welches wohl zu erwarten ist, so werden Sie wol nicht dran denken vor meiner Ankunft in die Stadt zu ziehen. Ich freue mich gar stark darauf noch Wehetage zu haben, und zu Ihrem Kleinod eine Schleife zu geben soll mir kein kleiner Triumpf seyn. Die kleinen grauen Haare müssen sich freilich schlecht ausnehmen zwischen den schönen braunen von A. und V. – aber um desto mehr. Ach liebe Freundinn, ob ich verhetschelt bin weiß ich nicht, und mag’s warlich jetzt nicht untersuchen; aber Glück | habe ich doch gar gewaltig viel. Wie komme ich so in einem Jahr zwischen Ihre theuersten hinein? Wie haben Sie noch Plaz gehabt für mich, Sie mit einem solchen Freunde und einer solchen Freundinn? Sinn habe ich für den Platz meiner Haare und für ihre Umgebungen; aber das ist doch kein Verdienst, und ich verdiene in der That mein Glück nur dadurch, daß ich so gewaltig glücklich bin. Ich wollte wol ich könnte mich einmal aus eurem Standpunkte ansehen, ihr lieben Menschen; ich muß mich doch dort ganz anders ausnehmen als von innen heraus. Doch lassen wir das, Sie wissen wie’s in mir ist. [...]