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Friedrich Schleiermacher to Henriette Herz

Sonntag den 3ten Merz Abends.
[...] Heute habe ich die größte Hälfte des Phädon gelesen und nur zwei Seiten Religion gemacht; ich habe aber nur noch 6 dergleichen zu machen und hoffe also immer noch Dienstag fertig zu werden. Im Ernst aber merke ich, daß hier alles nach und nach schlechter wird, und wenn die folgenden Reden nicht gar erbärmlich werden sollen, so muß ich schon aus Religion um der Religion willen nach Berlin kommen – aus Religion denn warlich ich will das Universum in Ihnen schauen. In jeder Rücksicht hab ichs nöthig mir einmal gütlich zu thun. Es ist so viel Bedürfniß in meinem Wunsch Sie zu sehen, als in Ihrem unmöglich sein kann; das können Sie mir immer lassen, Ihrer ist nur desto schöner. – Das Athenäum habe ich bekommen und heute viel in den Gemälden geblättert die doch gar schön sind. Auch im Hülsen habe ich geblättert, das ist aber nur Zeitverderb, man muß ihn ordentlich lesen und noch mehr als lesen. Klar ist er eben nicht und ich hoffe daß meine Religion wenigstens etwas mehr hierin leistet.
Es scheint mir als ob Sie die Veit wenig sähen da Sie weder Schlegel’s Nichtwohlbefinden noch des Aufsatzes erwähnt haben, den ihm Hülsen doch schon vor mehren Tagen geschickt hat und der so gar religiös und heilig sein soll. Es ist aber Natur|religion und da weiß ich nicht ob es mir viel thun wird. Meine Religion ist so durch und durch Herzreligion daß ich für keine andre Raum habe.
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  • Date: Sonntag, 3. März 1799
  • Sender: Friedrich Schleiermacher ·
  • Recipient: Henriette Herz ·
  • Place of Dispatch: Potsdam · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 3. Briefwechsel 1799‒1800 (Briefe 553‒849). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1992, S. 30.

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