Aus Eines Hochlöblichen Königlichen ArmenDirectorii an mich erlaßener Resolution vom 20ten Merz habe ich nicht ohne Befremden ersehen, wie Dasselbe mich auf meiner so gerechten Forderung abschläglich bescheidet und zur Ruhe verweiset. Da ich jedoch in demjenigen, was in dieser Resolution angeführt wird nichts finden kann, was einen solchen mein vorher eingestandenes Recht beeinträchtigenden neuern Entschluß motiviren könnte: so nehme ich mir die Freiheit Einem Hochlöblichen Königlichen ArmenDirectorio meine Meinung hierüber gehorsamst vorzutragen.
Was nemlich in gedachter Resolution gesagt wird: „daß die Verfügung vom 7ten November anni praeteriti auf den gegenwärtigen Fall gar nicht angewendet werden könne, indem ich jezt nicht auf eine kurze Zeit verreiset, sondern mit des Collegii Genehmigung in Amtsverrichtungen wofür ich anderweitig entschädiget werde, abwesend sei“ scheint mir den gemachten Unterschied gar nicht zu begründen. Daß es auf die Länge der Zeit gar nicht ankomme, geht schon daraus hervor weil in jener Verfügung von einer Zeitbestimmung gar nicht die Rede war; auch scheinen in den angezogenen Worten die „Amtsverrichtungen“ und die „anderweitige Entschädigung“ die Hauptsache zu sein. Hierauf nun gebe ich gehorsamst zu bedenken:
1.) Daß meine hiesigen Geschäfte, da es nicht Geschäfte des ArmenDirectorii sind, in Rüksicht auf mein Verhältniß zu Demselben als eine bloße Privatsache anzusehen sind. Ich mache eine Reise zu welcher des hohen Collegii Einwilligung gebührend nachgesucht worden ist, und der angeführte Endzwek kann wol dazu beigetragen haben mir einen so langen Urlaub zu verschaffen; aber es läßt sich nicht einsehn, wie ich deswegen, weil ich verreiset bin um die Geschäfte eines Königlichen Beamten eine Zeitlang zu versehen, weniger berechtigt sein sollte, Alles was zu meinem Gehalte gehört während dieser Zeit einzufordern, als wenn es eine Reise in PrivatAngelegenheiten oder zum Vergnügen wäre. Wenn sich also die Resolution bloß auf die „anderweitige Entschädigung“ gründet: so kann ich mich
2.) der Frage nicht enthalten, was denn Einem Hochlöblichen | ArmenDirectorio von dieser Entschädigung bekannt geworden, um die Forderung einer solchen Aufopferung zu veranlaßen? Wenn ich hierüber ins Detail gehn wolte so würde erhellen, daß mein hiesiger Aufenthalt weit entfernt mir Vortheil zu bringen noch mit mancherlei Unkosten für mich verbunden ist: ich bin aber der Meinung daß dieses Detail gar nicht zur gegenwärtigen Frage gehört, indem diese Entschädigung, sie sei groß oder gering eine bloße Privatsache ist, von der Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium schwerlich Notiz nehmen kann. Wenn ich eine Reise in FamilienAngelegenheiten mache wird Dasselbe gewiß keinen Beruf fühlen die Vortheile die ich etwa davon genieße in Erwägung zu ziehn und mir etwa unter dem Vorwand, daß ich dort einer freien Beköstigung genöße den für meine Abwesenheit bereits im Allgemeinen bewilligten Mittagstisch zu entziehn. Nun aber ist wol klar daß meine hiesigen Geschäfte Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium nicht näher interessiren oder mehr vor deßen Kenntniß gehören als meine PrivatAngelegenheiten thun könnten. Ich füge hinzu
3. Daß während derselben Zeit weder die Lieferung der Lichte, noch die Zahlung für den Abendtisch zurükgehalten worden ist, ohnerachtet meine Entschädigung sich auf diese Artikel auch erstrekt. Würde also das Collegium wenn der Mittagstisch ebenfalls in eine Geldzahlung verwandelt wäre diese fortgehn laßen, wie ich aus der Analogie mit dem Abendtisch schließen muß; warum nicht da er in natura gegeben wird, wo ich doch die Analogie der Lichte ebenfalls für mich habe?
4. Unter die von mir im vorigen Herbst angeführten und als gültig von Einem Hochlöblichen ArmenDirectorio anerkannten Gründe gehört auch der, daß der Antheil den die Aufwärter der Prediger an dem Uebrigbleibenden ihres Tisches haben schon lange als ein Theil ihrer Emolumente angesehen wird, den wir ihnen in Betracht ihres kärglichen Lohns und der Beschaffenheit des Eßens das ihnen selbst gereicht wird nicht entziehen können: ein Umstand der durch die besondere Beschaffenheit meiner gegenwärtigen Reise ganz keine Abänderung erleidet.
Auf diese Gründe mich stüzend, trage ich, im Fall nicht ganz andere mir unbekannte und in der mir ertheilten Resolution nicht berührte Gründe zum Gegentheil vorhanden sind ganz gehorsamst darauf an |
Daß die Verabfolgung des MittagEßens an die Aufwärter der Verfügung vom 7ten November anni praeteriti gemäß der Charité Administration sofort wiederum aufgegeben, mir aber für das nicht verabfolgte Eßen der ganze Werth desselben in Gelde angewiesen werde. Da Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium unsre beiden Tische auf 10 rth. monatlich taxirt und uns seitdem den Abendtisch mit 3 rth. monatlich bezahlt, so bleibt für den Mittagstisch ein monatlicher Werth von 7 rth. wornach denn das Eßen von allen Tagen an denen es nicht verabfolget worden ist zu berechnen sein wird.
Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium wird selbst geneigtest einsehn, daß wenn überall das Recht auf meiner Seite ist, ich auch auf dieser Nachzahlung bestehn muß, und mich mit der Erklärung: „es wolle zwar meinem Gesuch für die Zukunft willfahren, könne sich aber zu einer Nachzahlung nicht verstehen“ nicht wiederum und in je[dem] einzelnen Falle begnügen kann.
Mit vollkommenster Ehrfurcht habe ich die Ehre zu sei[n]
Eines Hochlöblichen Königlichen ArmenDirectorii
ganz gehorsamster
der Prediger Schleiermacher
Potsdam d 4t. Apr. 1799.
Was nemlich in gedachter Resolution gesagt wird: „daß die Verfügung vom 7ten November anni praeteriti auf den gegenwärtigen Fall gar nicht angewendet werden könne, indem ich jezt nicht auf eine kurze Zeit verreiset, sondern mit des Collegii Genehmigung in Amtsverrichtungen wofür ich anderweitig entschädiget werde, abwesend sei“ scheint mir den gemachten Unterschied gar nicht zu begründen. Daß es auf die Länge der Zeit gar nicht ankomme, geht schon daraus hervor weil in jener Verfügung von einer Zeitbestimmung gar nicht die Rede war; auch scheinen in den angezogenen Worten die „Amtsverrichtungen“ und die „anderweitige Entschädigung“ die Hauptsache zu sein. Hierauf nun gebe ich gehorsamst zu bedenken:
1.) Daß meine hiesigen Geschäfte, da es nicht Geschäfte des ArmenDirectorii sind, in Rüksicht auf mein Verhältniß zu Demselben als eine bloße Privatsache anzusehen sind. Ich mache eine Reise zu welcher des hohen Collegii Einwilligung gebührend nachgesucht worden ist, und der angeführte Endzwek kann wol dazu beigetragen haben mir einen so langen Urlaub zu verschaffen; aber es läßt sich nicht einsehn, wie ich deswegen, weil ich verreiset bin um die Geschäfte eines Königlichen Beamten eine Zeitlang zu versehen, weniger berechtigt sein sollte, Alles was zu meinem Gehalte gehört während dieser Zeit einzufordern, als wenn es eine Reise in PrivatAngelegenheiten oder zum Vergnügen wäre. Wenn sich also die Resolution bloß auf die „anderweitige Entschädigung“ gründet: so kann ich mich
2.) der Frage nicht enthalten, was denn Einem Hochlöblichen | ArmenDirectorio von dieser Entschädigung bekannt geworden, um die Forderung einer solchen Aufopferung zu veranlaßen? Wenn ich hierüber ins Detail gehn wolte so würde erhellen, daß mein hiesiger Aufenthalt weit entfernt mir Vortheil zu bringen noch mit mancherlei Unkosten für mich verbunden ist: ich bin aber der Meinung daß dieses Detail gar nicht zur gegenwärtigen Frage gehört, indem diese Entschädigung, sie sei groß oder gering eine bloße Privatsache ist, von der Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium schwerlich Notiz nehmen kann. Wenn ich eine Reise in FamilienAngelegenheiten mache wird Dasselbe gewiß keinen Beruf fühlen die Vortheile die ich etwa davon genieße in Erwägung zu ziehn und mir etwa unter dem Vorwand, daß ich dort einer freien Beköstigung genöße den für meine Abwesenheit bereits im Allgemeinen bewilligten Mittagstisch zu entziehn. Nun aber ist wol klar daß meine hiesigen Geschäfte Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium nicht näher interessiren oder mehr vor deßen Kenntniß gehören als meine PrivatAngelegenheiten thun könnten. Ich füge hinzu
3. Daß während derselben Zeit weder die Lieferung der Lichte, noch die Zahlung für den Abendtisch zurükgehalten worden ist, ohnerachtet meine Entschädigung sich auf diese Artikel auch erstrekt. Würde also das Collegium wenn der Mittagstisch ebenfalls in eine Geldzahlung verwandelt wäre diese fortgehn laßen, wie ich aus der Analogie mit dem Abendtisch schließen muß; warum nicht da er in natura gegeben wird, wo ich doch die Analogie der Lichte ebenfalls für mich habe?
4. Unter die von mir im vorigen Herbst angeführten und als gültig von Einem Hochlöblichen ArmenDirectorio anerkannten Gründe gehört auch der, daß der Antheil den die Aufwärter der Prediger an dem Uebrigbleibenden ihres Tisches haben schon lange als ein Theil ihrer Emolumente angesehen wird, den wir ihnen in Betracht ihres kärglichen Lohns und der Beschaffenheit des Eßens das ihnen selbst gereicht wird nicht entziehen können: ein Umstand der durch die besondere Beschaffenheit meiner gegenwärtigen Reise ganz keine Abänderung erleidet.
Auf diese Gründe mich stüzend, trage ich, im Fall nicht ganz andere mir unbekannte und in der mir ertheilten Resolution nicht berührte Gründe zum Gegentheil vorhanden sind ganz gehorsamst darauf an |
Daß die Verabfolgung des MittagEßens an die Aufwärter der Verfügung vom 7ten November anni praeteriti gemäß der Charité Administration sofort wiederum aufgegeben, mir aber für das nicht verabfolgte Eßen der ganze Werth desselben in Gelde angewiesen werde. Da Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium unsre beiden Tische auf 10 rth. monatlich taxirt und uns seitdem den Abendtisch mit 3 rth. monatlich bezahlt, so bleibt für den Mittagstisch ein monatlicher Werth von 7 rth. wornach denn das Eßen von allen Tagen an denen es nicht verabfolget worden ist zu berechnen sein wird.
Ein Hochlöbliches ArmenDirectorium wird selbst geneigtest einsehn, daß wenn überall das Recht auf meiner Seite ist, ich auch auf dieser Nachzahlung bestehn muß, und mich mit der Erklärung: „es wolle zwar meinem Gesuch für die Zukunft willfahren, könne sich aber zu einer Nachzahlung nicht verstehen“ nicht wiederum und in je[dem] einzelnen Falle begnügen kann.
Mit vollkommenster Ehrfurcht habe ich die Ehre zu sei[n]
Eines Hochlöblichen Königlichen ArmenDirectorii
ganz gehorsamster
der Prediger Schleiermacher
Potsdam d 4t. Apr. 1799.