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Friedrich Schleiermacher to Henriette Herz

den 6ten April. früh Morgens.
Nichts habe ich gestern Abend arbeiten können, gar nichts. Ich war eigentlich fatiguirt vom Kranksein und vom Nichtgeschlafenhaben, und konnte keinen Perioden zu Stande bringen, und nicht einmal einen Gedanken ordnen um vorzuarbeiten. Es ist doch ein entsetzlicher Unterschied ob man eine Nacht gesund verwacht oder krank. Wie oft habe ich bis drei Uhr gearbeitet ohne den andern Abend zu merken, daß es mir an Schlaf gefehlt hätte. Ich sehe immer mehr daß es nicht wahr ist, daß der Geist den Körper angreift; aber dieser macht jenem sehr dumme Streiche: ich hoffe man wird | es noch dahin bringen körperlich zu schlafen und geistig zu wachen. Dann wird gute Zeit sein. [...]
[...] Thun Sie nur meinem lieben Spalding nicht Unrecht und den Menschen überhaupt nicht mit dem Trösten. Freilich die Meisten – aber ich denke doch jeder hält jedes liebe Andenken, schon aus bloßer Naturnothwendigkeit so lange fest als er sich selber fest hält. Daß aber die meisten so wenig an sich selbst haben und sich selbst so bald verlieren, sollte wohl nicht in Ihrem Schmerz sein: nicht in einem besonderen meine ich, denn es ist nur der allgemeine Schmerz: der Wenigen sind Sie sicher, und die Mittelsorte – an die muß man überall so wenig als möglich denken weil sie in jeder Rücksicht die allerbeschwerlichste ist. [...]
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  • Date: Samstag, 6. April 1799
  • Sender: Friedrich Schleiermacher ·
  • Recipient: Henriette Herz ·
  • Place of Dispatch: Potsdam · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 3. Briefwechsel 1799‒1800 (Briefe 553‒849). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1992, S. 69‒70.

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