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Friedrich Schleiermacher to Henriette Herz

den ersten May 1799.
Was Ihr Seckendorf von Göthe sagt, darüber kann man wohl eigentlich nichts sagen, wir nemlich, die wir den Menschen Göthe nicht kennen. Es giebt doch in Schriften nur Etwas – aber in diesem Augenblick wenigstens kann ich es nicht beschreiben – woraus man selbst bei einem Dichter mit Sicherheit auf den Menschen schließen kann: ist das grade im Göthe? ich für mein Theil glaube nicht. Trivial und gemein sein das ist auch noch ein sehr vieldeutiger Ausdruck; aber gar wol kann ich mir denken daß Göthe im gemeinen (d. h. im unkünstlerischen, unliterarischen und unministeriellen) Leben, eine gewisse Liebhaberei fürs triviale und gemeine haben kann. Geben Sie sich nur eine recht lebhafte Anschauung von seinem Verhältniß mit der Vulpius. Poetisiren Sie das wie Sie wollen, es bleibt immer gemein. Von dem jungen Menschen bleibt es übrigens immer arrogant dergleichen zu sagen (ich meine es im ganzen Ernst, und arrogant im wahren Sinn) und so lassen Sie ihn nur etwas gegen die Arroganz in Pausch und Bogen brauchen.
Metadata Concerning Header
  • Date: Mittwoch, 1. Mai 1799
  • Sender: Friedrich Schleiermacher ·
  • Recipient: Henriette Herz ·
  • Place of Dispatch: Potsdam · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 3. Briefwechsel 1799‒1800 (Briefe 553‒849). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1992, S. 102‒103.

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