Paris den 17. Mai 99.
Alle Hofnung hab’ ich aufgegeben, liebster Schleiermacher! daß Du je wieder zur alten Liebe und Einfalt zurückkehren werdest. Der Weltgeist und die neuere Filosofie hat Dich alle Bande vergessen lassen, die Dich einst in der Gemeine an die Freunde Deiner Jugend knüpfte.
Aus den beifolgenden Blättern wirst Du finden, daß ich jenem Hernhutischen Ideal viel näher komme. Einfältig sind gewiß manche dieser Elegien, und | so oft von Liebe darin die Rede ist, kann blos eine alte gemeint sein, da ich meineswissens noch in Paris in kein Weib verliebt worden bin.
Freilich möchte ich lieber Satiren gegen Dich schreiben, als Dir blos Elegien schicken; denn es ist unverantwortlich, wie sehr Du mich als ein – Nicht-Ich behandelst, allein da ich wenig Genie zur Satire habe – vorausgesezt wenigstens daß Falk sehr viel hat – so will ich mich | lieber nicht kompromittiren und Dich nur dem Schlangengift Deines eigenen Gewissens überlassen. Ich begreife zwar, daß die Dankbarkeit unter der Feder eines geistreichen Schriftstellers – zum Laster werden kan, aber ich sehe nicht ein, warum jener ein wahres Verbrechen an der Freundschaft begehen muß, blos aus Furcht – daß ich sonst dankbar werden möchte. Das heißt doch auch mit pietistischer Aengstlichkeit für die Tugend seines Nebenchristen sorgen. |
Da mir nun an der Deinigen gar nichts gelegen ist, so will ich gern erlauben, daß Dich meine ununterbrochene Grosmut so gar bis zu Thränen rühre, wenn Du nur diese hernach durch eine chemische Operazion in Dinte auflösest, und mir Dein Sündenregister hernach Schwarz auf Weiß übersendest.
Sprecher der seinem Vaterland nun endlich die lezte Ehre erzeigt hat, und auf Anweisung seiner Arbeiter, das Begräbnis der Graubündtischen Freiheit der hiesigen Aeltesten Konferenz gemeldet – läßt Dich herzlich grüssen; und reist dieser Tage wieder zurück.
Dein
B.
Alle Hofnung hab’ ich aufgegeben, liebster Schleiermacher! daß Du je wieder zur alten Liebe und Einfalt zurückkehren werdest. Der Weltgeist und die neuere Filosofie hat Dich alle Bande vergessen lassen, die Dich einst in der Gemeine an die Freunde Deiner Jugend knüpfte.
Aus den beifolgenden Blättern wirst Du finden, daß ich jenem Hernhutischen Ideal viel näher komme. Einfältig sind gewiß manche dieser Elegien, und | so oft von Liebe darin die Rede ist, kann blos eine alte gemeint sein, da ich meineswissens noch in Paris in kein Weib verliebt worden bin.
Freilich möchte ich lieber Satiren gegen Dich schreiben, als Dir blos Elegien schicken; denn es ist unverantwortlich, wie sehr Du mich als ein – Nicht-Ich behandelst, allein da ich wenig Genie zur Satire habe – vorausgesezt wenigstens daß Falk sehr viel hat – so will ich mich | lieber nicht kompromittiren und Dich nur dem Schlangengift Deines eigenen Gewissens überlassen. Ich begreife zwar, daß die Dankbarkeit unter der Feder eines geistreichen Schriftstellers – zum Laster werden kan, aber ich sehe nicht ein, warum jener ein wahres Verbrechen an der Freundschaft begehen muß, blos aus Furcht – daß ich sonst dankbar werden möchte. Das heißt doch auch mit pietistischer Aengstlichkeit für die Tugend seines Nebenchristen sorgen. |
Da mir nun an der Deinigen gar nichts gelegen ist, so will ich gern erlauben, daß Dich meine ununterbrochene Grosmut so gar bis zu Thränen rühre, wenn Du nur diese hernach durch eine chemische Operazion in Dinte auflösest, und mir Dein Sündenregister hernach Schwarz auf Weiß übersendest.
Sprecher der seinem Vaterland nun endlich die lezte Ehre erzeigt hat, und auf Anweisung seiner Arbeiter, das Begräbnis der Graubündtischen Freiheit der hiesigen Aeltesten Konferenz gemeldet – läßt Dich herzlich grüssen; und reist dieser Tage wieder zurück.
Dein
B.