P. den 10. Octobr 1799.
Es ist wahrlich schlecht, liebster Schleiermacher daß ich so spät, und auch jezt nur so dürftig Deinen Brief vom 6. Juli beantworte. Ich bin aber die Zeit her so unangenehm beschäftigt gewesen, und dazwischen so unaufhörlich krank, ärgerlich und was Du willst, daß ich eher Mitleiden, als Zorn verdiene. Ausserdem enthielt Dein Leztes noch ein förmliches Versprechen eines baldigen viel ausführlichern Briefes, den ich Leider! noch immer mit Sehnsucht erwarte.
Mein heutiges Blatt soll auch nur dazu dienen uns wieder ein bischen in rapport zu sezen. – Ich schmachte und verschmachte hier in Literarischer Rücksicht, und da könntest Du wol ein | Werk der Barmherzigkeit thun, und mich über manches belehren. – Deine Religion muß ich durchaus haben. Diese Ideen interessiren mich immer fort, und durch das Medium Deines Genies betrachtet werden sie mir ein doppeltes Vergnügen machen. Thu mir doch die Liebe das Büchlein an die Levin zu geben, damit sie es, am besten vielleicht durch Gualtiery, besorge, so daß es an den Legazionsrath Rona adressirt mit einem Courier herkomme.
Was macht Schlegel. Wie viel ist von seiner griechischen Poesie heraus, und was überhaupt ausser dem Athenäum? Seine Abreise von Berlin muß Dir in mehr als einer Rücksicht fatal sein. Ein Wort, ich bitte Dich, über Fichte, über Voss, wenn Du ihn kennen gelernt. | – Die Herdersche Metakritik ist mir erst gestern zu Gesichte gekommen, aber sie zu studiren bin ich noch keinesweges entschlossen. Laß mich also durch ein Wort wissen, wie es damit beschaffen ist, und ob es mit der filosofischen Koalizion am Ende geht, wie mit den übrigen?
Ganz auf der Bärenhaut, mit Zembschen zu reden, lieg’ ich hier denn doch nicht; und Du wirst Dich wundern, daß ich recht eigentlich wieder Griechisch und Lateinisch lese. Indessen ist bei meiner unruhigen, und doch im Grunde sehr thätigen Existenz in kein ächtes Studiren eben zu denken.
Zu den Merkwürdigkeiten der Revoluzion gehört unstreitig auch ein | Französischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der deutsche Hexameter liest und macht, und eine Frau besizt, die sie inspirirt. Reinhards Ernennung ist die einzige glückliche Begebenheit für die ich dem Schicksal in Paris danken kann. Ich liebe sie beide recht sehr. – Bist Du nicht gegen Humboldts Versuche zu streng? Mir scheinen sie doch eigentlich in ihrer Art vortreflich. Ich liebe die Art nicht, Es sind anatomische Vorlesungen über die Ästhetik – aber ich ehre doch auch das Skalpel einer so geübten und sichern Hand. – Besuche doch Spalding Du bist gewiß lange nicht bei ihm gewesen. – Ich umarme Dich aufs herzlichste.
Dein
Br.
Es ist wahrlich schlecht, liebster Schleiermacher daß ich so spät, und auch jezt nur so dürftig Deinen Brief vom 6. Juli beantworte. Ich bin aber die Zeit her so unangenehm beschäftigt gewesen, und dazwischen so unaufhörlich krank, ärgerlich und was Du willst, daß ich eher Mitleiden, als Zorn verdiene. Ausserdem enthielt Dein Leztes noch ein förmliches Versprechen eines baldigen viel ausführlichern Briefes, den ich Leider! noch immer mit Sehnsucht erwarte.
Mein heutiges Blatt soll auch nur dazu dienen uns wieder ein bischen in rapport zu sezen. – Ich schmachte und verschmachte hier in Literarischer Rücksicht, und da könntest Du wol ein | Werk der Barmherzigkeit thun, und mich über manches belehren. – Deine Religion muß ich durchaus haben. Diese Ideen interessiren mich immer fort, und durch das Medium Deines Genies betrachtet werden sie mir ein doppeltes Vergnügen machen. Thu mir doch die Liebe das Büchlein an die Levin zu geben, damit sie es, am besten vielleicht durch Gualtiery, besorge, so daß es an den Legazionsrath Rona adressirt mit einem Courier herkomme.
Was macht Schlegel. Wie viel ist von seiner griechischen Poesie heraus, und was überhaupt ausser dem Athenäum? Seine Abreise von Berlin muß Dir in mehr als einer Rücksicht fatal sein. Ein Wort, ich bitte Dich, über Fichte, über Voss, wenn Du ihn kennen gelernt. | – Die Herdersche Metakritik ist mir erst gestern zu Gesichte gekommen, aber sie zu studiren bin ich noch keinesweges entschlossen. Laß mich also durch ein Wort wissen, wie es damit beschaffen ist, und ob es mit der filosofischen Koalizion am Ende geht, wie mit den übrigen?
Ganz auf der Bärenhaut, mit Zembschen zu reden, lieg’ ich hier denn doch nicht; und Du wirst Dich wundern, daß ich recht eigentlich wieder Griechisch und Lateinisch lese. Indessen ist bei meiner unruhigen, und doch im Grunde sehr thätigen Existenz in kein ächtes Studiren eben zu denken.
Zu den Merkwürdigkeiten der Revoluzion gehört unstreitig auch ein | Französischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der deutsche Hexameter liest und macht, und eine Frau besizt, die sie inspirirt. Reinhards Ernennung ist die einzige glückliche Begebenheit für die ich dem Schicksal in Paris danken kann. Ich liebe sie beide recht sehr. – Bist Du nicht gegen Humboldts Versuche zu streng? Mir scheinen sie doch eigentlich in ihrer Art vortreflich. Ich liebe die Art nicht, Es sind anatomische Vorlesungen über die Ästhetik – aber ich ehre doch auch das Skalpel einer so geübten und sichern Hand. – Besuche doch Spalding Du bist gewiß lange nicht bei ihm gewesen. – Ich umarme Dich aufs herzlichste.
Dein
Br.