Gdfr d 15ten Merz 1800
Schon seit langer Zeit hatte ich keine so richtige Ahndung von der Ankunft eines Briefes aus Berlin, als von Deinem lezteren ich konte kaum den PostBothen erwarten so gewiß war es mir daß er von Dir was mitbrächte – ein sehr lebhaftes wünschen, und zuversichtliches Hoffen Du werdest mich bald wißen laßen, was Du über Charles wunderbaare Idée denkst – würkte freilich mit. Also auch hier sind wir Eins wie bei der Ueberraschung – Dank Dir Lieber! daß Du mir auch über seine Ankunft bestimtere Nachricht geben wilst – ist mir wegen dem vorher bestellen im GemeinLogis sehr lieb.
den 1ten Aprill Heute möchte ich wohl durch meine Ahndungen oder vielmehr Wünsche irre geleitet werden – wenn ich ihnen zu sehr nachhienge[;] gestern war kein Posttag natürlich erwartete ich keine Briefe freute mich aber heimlich auf heute – daß etwas von Deiner Theilnahme zum 31ten Merz erscheinen würde – denn alles Schreiben zu laßen bis Charles komt – kanst – und wirst Du nicht thun, da Du selbst mir versprochen noch von seiner Abreise mir etwas bestimtes zu melden – wahrscheinlich hast Du in diesen Tagen viel an mich gedacht – das heitere Wetter welches mir auch von unten erlaubte in Gottes freie Luft zu gehen trug viel zu meinem Vergnügen bei – und die ungeheuchelte Liebe vieler guten Seelen die sie mir erzeugten munterte mich zum Streben nach Demuth und Gegenliebe auf. |
den 2ten Aprill Auch der heutige Posttag ist vorbei! und nichts von Berlin eingelaufen ich hofte noch heimlich wenn ich von Baron Seidliz komen würde, wo ich mit einigen andern GeburtstagsSchwestern den meinen – nachgefeiert habe – Briefe zu finden – vielleicht auf den Sonabend wenn das nicht so glaube ich fast Du läst mich warten bis Charles komt – es klingt in der That recht eigenmächtig und eigenliebisch daß ich durchaus noch einen Brief verlange ehe ich Dir den Deinen beantwortet – aber es komt mir diesesmahl ganz billig vor – Du hast mich zu Anfange des Deinen mit einer äußerst interessanten Nachricht die Comtesse Friderique betreffend erfreut – ich eile deswegen Dich auch wegen einer NahmensSchwester von ihr zu beruhigen – die lange schon eine Furcht wegen Gnadenfeld mit sich herum trug – nun aber davon befreit ist – die gütige – Posadowsky – mit welcher ich so wie mit Niemanden von Bedeutung davon gesprochen – hat mein banges Ahnden errathen, und mir es am 30ten gesagt – daß man schon für diese Besezung gesorgt – und daß Alle, die mich kenten, so wie ich glaubten daß beständiges Wohnen bei den Kindern mich zu sehr anstrengen, würde, ich brauche Dir nicht zu sagen daß ich bei dieser Unterhaltung viel sehr viel an Dich dachte und mich Deiner Theilnahme freute! nun noch etwas | vom 31ten – Briefe von entfernten Freunden konten weil es kein Posttag war nicht erscheinen – sind auch noch nicht – da – ich meine von Hernhut – aber meine gütige Aulock – die seit einigen Wochen geschwiegen auch meine Berliner Briefe imer noch hatte – überraschte mich mit einigen liebevollen Zeilen, und einem treflichen Buche von Ewald den wir Beide sehr schäzen – Betrachtungen auf jeden – Tag – wie inig sie mich damit erfreut, da es täglich ihre GeistesNahrung ist – kann ich Dir nicht beschreiben – Du wirst es fühlen – es ist schwarz eingebunden mit gelben Schnitt, und machte eine rechte Zierde auf meinem Tisch – schon 3 Bücher von dem Verfaßer in derselben Gestalt, habe ich von dieser herrlichen Frau! wenn der Weg beßer wird – komt sie zu mir – da wir recht traulich sein wollen. Von der Comtesse Posadowsky – und einigen meiner Schülerinen bekam ich Wein – der wahrscheinlich bis Charles Ankunft dauern wird – Aepfel habe ich ihm auch aufgehoben[;] wenn er mich täuscht – werde ich nicht leicht darüber beruhigt ich hoffe aber – er wird sich besinnen – ich habe bei meinen Geschäften der Veränderungen so wenige – solte ich auch – diese Freude entbehren? nein! das will der liebe Vater dort oben nicht. |
den 5ten Aprill
Lache nur recht herzlich über mich! ohngeachtet ich recht gern glaube daß Charles vielleicht erst nach Ostern komt – so glaubte ich ihn gestern Abend schon hier – die Post blies kurz vor 10 uhr und ich schmeichelte mir mit der Hofnung – heute früh bald nach 7 einen Ruf ins Gemeinlogis zu bekommen – ich beschäftigte mich in meinem Bett lange damit – und habe wirklich nicht eine Stunde geschlafen – schlumerte ich ein so hatte ich, ihn, Dich – und unsre Eltern vor mir – und komt es so weit auch nur im Traum dan bin ich mir so gegenwärtig – daß ich nicht mehr schlafen kann – die Nacht vor meinem GeburtsTag giengs mir eben so – ich hatte Euch Alle um mich her – und war am Morgen von süßer Wehmuth recht matt; – diese Nacht mochte auch noch das darzu kommen, daß es heute 17 Jahre daß wir Alle hier anlangten! natürlich war mein ganzes inres damit erfüllt. – hier fält mir ein Vers von Clamer Schmidt ein ich will ihn also nach alter Art hersezen – Du weist doch noch daß ich ehemals dergleichen viel einrükte
Ausgerufen alle Scenen
Hell und trübe sonst mit Euch getheilt
An die hellern nur das Herz zu lehnen
Wie mann sonst in schöner Gegend weilt
Auf der Hofnung Schwingen Lobgesang zu singen
Dem der auch im Tode nicht verläst
Dis ehrt Christen dis sei unser zweites TodtenFest |
Zum Theilnehmen kann ich Dir melden daß Lotte wieder so weit hergestelt ist daß sie in 14 Tagen eine Reise nach Sachsen zu ihren Eltern thun kann.
Schon seit langer Zeit hatte ich keine so richtige Ahndung von der Ankunft eines Briefes aus Berlin, als von Deinem lezteren ich konte kaum den PostBothen erwarten so gewiß war es mir daß er von Dir was mitbrächte – ein sehr lebhaftes wünschen, und zuversichtliches Hoffen Du werdest mich bald wißen laßen, was Du über Charles wunderbaare Idée denkst – würkte freilich mit. Also auch hier sind wir Eins wie bei der Ueberraschung – Dank Dir Lieber! daß Du mir auch über seine Ankunft bestimtere Nachricht geben wilst – ist mir wegen dem vorher bestellen im GemeinLogis sehr lieb.
den 1ten Aprill Heute möchte ich wohl durch meine Ahndungen oder vielmehr Wünsche irre geleitet werden – wenn ich ihnen zu sehr nachhienge[;] gestern war kein Posttag natürlich erwartete ich keine Briefe freute mich aber heimlich auf heute – daß etwas von Deiner Theilnahme zum 31ten Merz erscheinen würde – denn alles Schreiben zu laßen bis Charles komt – kanst – und wirst Du nicht thun, da Du selbst mir versprochen noch von seiner Abreise mir etwas bestimtes zu melden – wahrscheinlich hast Du in diesen Tagen viel an mich gedacht – das heitere Wetter welches mir auch von unten erlaubte in Gottes freie Luft zu gehen trug viel zu meinem Vergnügen bei – und die ungeheuchelte Liebe vieler guten Seelen die sie mir erzeugten munterte mich zum Streben nach Demuth und Gegenliebe auf. |
den 2ten Aprill Auch der heutige Posttag ist vorbei! und nichts von Berlin eingelaufen ich hofte noch heimlich wenn ich von Baron Seidliz komen würde, wo ich mit einigen andern GeburtstagsSchwestern den meinen – nachgefeiert habe – Briefe zu finden – vielleicht auf den Sonabend wenn das nicht so glaube ich fast Du läst mich warten bis Charles komt – es klingt in der That recht eigenmächtig und eigenliebisch daß ich durchaus noch einen Brief verlange ehe ich Dir den Deinen beantwortet – aber es komt mir diesesmahl ganz billig vor – Du hast mich zu Anfange des Deinen mit einer äußerst interessanten Nachricht die Comtesse Friderique betreffend erfreut – ich eile deswegen Dich auch wegen einer NahmensSchwester von ihr zu beruhigen – die lange schon eine Furcht wegen Gnadenfeld mit sich herum trug – nun aber davon befreit ist – die gütige – Posadowsky – mit welcher ich so wie mit Niemanden von Bedeutung davon gesprochen – hat mein banges Ahnden errathen, und mir es am 30ten gesagt – daß man schon für diese Besezung gesorgt – und daß Alle, die mich kenten, so wie ich glaubten daß beständiges Wohnen bei den Kindern mich zu sehr anstrengen, würde, ich brauche Dir nicht zu sagen daß ich bei dieser Unterhaltung viel sehr viel an Dich dachte und mich Deiner Theilnahme freute! nun noch etwas | vom 31ten – Briefe von entfernten Freunden konten weil es kein Posttag war nicht erscheinen – sind auch noch nicht – da – ich meine von Hernhut – aber meine gütige Aulock – die seit einigen Wochen geschwiegen auch meine Berliner Briefe imer noch hatte – überraschte mich mit einigen liebevollen Zeilen, und einem treflichen Buche von Ewald den wir Beide sehr schäzen – Betrachtungen auf jeden – Tag – wie inig sie mich damit erfreut, da es täglich ihre GeistesNahrung ist – kann ich Dir nicht beschreiben – Du wirst es fühlen – es ist schwarz eingebunden mit gelben Schnitt, und machte eine rechte Zierde auf meinem Tisch – schon 3 Bücher von dem Verfaßer in derselben Gestalt, habe ich von dieser herrlichen Frau! wenn der Weg beßer wird – komt sie zu mir – da wir recht traulich sein wollen. Von der Comtesse Posadowsky – und einigen meiner Schülerinen bekam ich Wein – der wahrscheinlich bis Charles Ankunft dauern wird – Aepfel habe ich ihm auch aufgehoben[;] wenn er mich täuscht – werde ich nicht leicht darüber beruhigt ich hoffe aber – er wird sich besinnen – ich habe bei meinen Geschäften der Veränderungen so wenige – solte ich auch – diese Freude entbehren? nein! das will der liebe Vater dort oben nicht. |
den 5ten Aprill
Lache nur recht herzlich über mich! ohngeachtet ich recht gern glaube daß Charles vielleicht erst nach Ostern komt – so glaubte ich ihn gestern Abend schon hier – die Post blies kurz vor 10 uhr und ich schmeichelte mir mit der Hofnung – heute früh bald nach 7 einen Ruf ins Gemeinlogis zu bekommen – ich beschäftigte mich in meinem Bett lange damit – und habe wirklich nicht eine Stunde geschlafen – schlumerte ich ein so hatte ich, ihn, Dich – und unsre Eltern vor mir – und komt es so weit auch nur im Traum dan bin ich mir so gegenwärtig – daß ich nicht mehr schlafen kann – die Nacht vor meinem GeburtsTag giengs mir eben so – ich hatte Euch Alle um mich her – und war am Morgen von süßer Wehmuth recht matt; – diese Nacht mochte auch noch das darzu kommen, daß es heute 17 Jahre daß wir Alle hier anlangten! natürlich war mein ganzes inres damit erfüllt. – hier fält mir ein Vers von Clamer Schmidt ein ich will ihn also nach alter Art hersezen – Du weist doch noch daß ich ehemals dergleichen viel einrükte
Ausgerufen alle Scenen
Hell und trübe sonst mit Euch getheilt
An die hellern nur das Herz zu lehnen
Wie mann sonst in schöner Gegend weilt
Auf der Hofnung Schwingen Lobgesang zu singen
Dem der auch im Tode nicht verläst
Dis ehrt Christen dis sei unser zweites TodtenFest |
Zum Theilnehmen kann ich Dir melden daß Lotte wieder so weit hergestelt ist daß sie in 14 Tagen eine Reise nach Sachsen zu ihren Eltern thun kann.