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Johann Gottlieb Fichte to Fritsch

Herrn Fritsch. –
Herr Schulze, der bis in das Jahr 87. mit Ihnen in Chur<sachsen> gefrohnt hat, u. den ich durch ein ohngefähr in NeufahrWaßer bey Danzig als <Cadetten> fand, u. der [Ihr] [...] enthusiastischer Freund ist, wie Sie’s verdienen, erinnerte mich an Sie, u. brachte mich auf eine Idee die ich Ihnen mittheile.
So viel ich mich errinnere ist nichts weniger in Ihrem Plane, als das HofmeisterLeben, u. dennoch thue ich Ihnen kühn einen Vorschlag der Art, weil ich sicher überzeugt bin, daß es Sie nie reuen würde, ihn anzunehmen. – Mein Brief geht durch die Hände des Hauses, welchem ich Sie, u. das ich Ihnen geben möchte, ich darf mich also meinem Enthusiasmus nicht überlaßen. Hören Sie aber das, was ich auf meine eigne Kosten sagen darf, u. wovon Sie in keinem Falle einen andern Gebrauch machen werden, als den, Ihren Entschluß dadurch zu bestimmen. Sie kennen mich zwar nicht durchaus, aber doch in so weit, um zu wißen, daß ich schon bey meinem lezten Aufenthalte in Leipzig des Hofmeister Lebens völlig überdrüßig war, – Sie wißen vielleicht, daß meine Laune von jeher etwas versalzen war. Meine nachherigen Schiksale trugen, weil [sie] mein Selbstgefühl nur zu sehr erhöhten, garnichts dazu bey sie sanfter u. sie dem fdl. Umgang mit Menschen gestimmter zu machen. In dieser Gemüts=Lage kam ich, wider Absicht u Willen, aber durch ein übereilt gegebnes Wort, das ich nicht zurükziehen wollte, als Hofmeister in das Haus des Kg. Prsch. Obrist, Gr. v. Krockow, des festen Entschlußes, die erste Gelegenheit zu ergreifen, um es wieder zu verlaßen. Aber es ging anders. Ich habe ein Jahr in diesem Hause gelebt, u. wenn ich heute stürbe, so könnte ich nun nicht sagen, nicht wenigstens ein Jahr meines Lebens glüklich gelebt zu haben, die Freuden des häußl. Lebens, den Vorgenuß der SeelenRuhe nicht geschmekt zu haben. – Dies war dieses Haus mir, bey meiner hypochondrischen Laune; was wird es Ihnen bey Ihrer heiteren seyn?
Wider meinen Willen, doch so daß mein Andenken in Ehren bleiben wird, wie ich hoffe, durch ein sonderbares Misverständniß <ging> ich daraus, u. das Andenken dieses Tages wird immer das traurigste meines Lebens seyn. Nichts tröstet mich als der Gedanke, daß dieses Haus einen weit beßern meines Standes verdient, u dieser beßere – dieser einzige, der es ganz werth ist, sind Sie.
Der Graf ist ein Mann, der grad u. ehrlich, u. der Freund deßen, den er liebgewonnen, <im> höchsten Grade ist. –
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 12. November 1792
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Fritsch
  • Place of Dispatch: Danzig · ·
  • Place of Destination: Leipzig · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 1: Briefe 1775‒1793. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1968, S. 354‒355.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 62
Language
  • German

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