Sehr werthgeschätzter Herr Neveu
Ich erschrecke ordentlich, als ich jetzt nachsehe, wie lange es schon her, daß ich Ihren Brief erhalten, und ihn noch nicht beantwortet habe. Krank bin ich Gottlob! nicht gewesen, und Mama ist auch noch so ziemlich, einige Unpäßlichkeiten der Jahreszeit abgerechnet, – also dieß hat mich nicht abgehalten. Aber was denn sonst? Ja warlich, ich weiß es selbst nicht will also auch lieber keine Entschuldigungsgründe hervor suchen, die doch wohl am Ende nur leerer Vorwand seyn dürften. Sie wissen ja wohl, wie es manchmal zu gehen pflegt. Man nimmt sich oft eine Sache vor, und sie unterbleibt doch; so ist mirs denn dießmal auch gegangen |
Durch die liebe Benike habe ich denn doch auch von Zeit zu Zeit gute Nachrichten von ihrem Wohlbefinden erhalten, nur daß Sie auch manchmal sehr lange auf Briefe warten laßen und uns auch wegen ihrer Herkunft zu uns immer noch so in einer schwankenden Ungewißheit schweben laßen. Vor etwa 14 Tagen fragte sie mich sehr ängstlich: Ob ich nicht Briefe von Ihnen? sie hatte schon seit 14 Tagen, und imer noch vergebens darauf gehoffet – da fiel mir ein: Ob Sie vielleicht uns unvermuthet überraschen wollten – oder vielleicht den Merz zu ihrer Herreise bestimmt und man unrichtig davor May gelesen – da ward gleich der Brief hervorgelangt, worin freylich May ganz deutlich. Nun aber haben Sie in ihrem letzten wieder etwas unbestimmt geschrieben daß sie im Sommer herkomen würden
Sie sehen hieraus, daß wenn ich auch dießmal etwas nachläßig im Schreiben gewesen, wir doch oft uns von Ihnen unterhalten
Von unserem Sohn haben wir nun die erfreuliche Nachricht, daß er Stadtsecretär in Reppen werden soll, und vor ein paar Tagen von der | Regierung der Bericht nach Berlin zur Bestätigung abgegangen sey. Das wird uns nun freilich anfangs neue Kosten machen, am fatalsten für mich die liebwerthen Chargen-Jura – indeß sind wir doch imer sehr froh, daß er nun versorgt ist, und ich glaube, daß er für ein solch kleines Städtchen am beßten sich schicken werde
Hier muß ich schon schließen, weil ich eben abgerufen werde, und da ich noch mehr Briefe heute schreiben muß so möchte mir wohl die Zeit zu kurz werden
Mama grüßet vielmals und ich bin und bleibe
Ihr treuergebenster Oheim
Stubenrauch
Landb. a d. W den 31ten Merz 1801
Ich erschrecke ordentlich, als ich jetzt nachsehe, wie lange es schon her, daß ich Ihren Brief erhalten, und ihn noch nicht beantwortet habe. Krank bin ich Gottlob! nicht gewesen, und Mama ist auch noch so ziemlich, einige Unpäßlichkeiten der Jahreszeit abgerechnet, – also dieß hat mich nicht abgehalten. Aber was denn sonst? Ja warlich, ich weiß es selbst nicht will also auch lieber keine Entschuldigungsgründe hervor suchen, die doch wohl am Ende nur leerer Vorwand seyn dürften. Sie wissen ja wohl, wie es manchmal zu gehen pflegt. Man nimmt sich oft eine Sache vor, und sie unterbleibt doch; so ist mirs denn dießmal auch gegangen |
Durch die liebe Benike habe ich denn doch auch von Zeit zu Zeit gute Nachrichten von ihrem Wohlbefinden erhalten, nur daß Sie auch manchmal sehr lange auf Briefe warten laßen und uns auch wegen ihrer Herkunft zu uns immer noch so in einer schwankenden Ungewißheit schweben laßen. Vor etwa 14 Tagen fragte sie mich sehr ängstlich: Ob ich nicht Briefe von Ihnen? sie hatte schon seit 14 Tagen, und imer noch vergebens darauf gehoffet – da fiel mir ein: Ob Sie vielleicht uns unvermuthet überraschen wollten – oder vielleicht den Merz zu ihrer Herreise bestimmt und man unrichtig davor May gelesen – da ward gleich der Brief hervorgelangt, worin freylich May ganz deutlich. Nun aber haben Sie in ihrem letzten wieder etwas unbestimmt geschrieben daß sie im Sommer herkomen würden
Sie sehen hieraus, daß wenn ich auch dießmal etwas nachläßig im Schreiben gewesen, wir doch oft uns von Ihnen unterhalten
Von unserem Sohn haben wir nun die erfreuliche Nachricht, daß er Stadtsecretär in Reppen werden soll, und vor ein paar Tagen von der | Regierung der Bericht nach Berlin zur Bestätigung abgegangen sey. Das wird uns nun freilich anfangs neue Kosten machen, am fatalsten für mich die liebwerthen Chargen-Jura – indeß sind wir doch imer sehr froh, daß er nun versorgt ist, und ich glaube, daß er für ein solch kleines Städtchen am beßten sich schicken werde
Hier muß ich schon schließen, weil ich eben abgerufen werde, und da ich noch mehr Briefe heute schreiben muß so möchte mir wohl die Zeit zu kurz werden
Mama grüßet vielmals und ich bin und bleibe
Ihr treuergebenster Oheim
Stubenrauch
Landb. a d. W den 31ten Merz 1801