den 26ten Apr
Mein theuerster Neveu
Sehr gern hätte ich schon früher an Sie geschrieben, um Ihnen freundlichen Dank zu sagen für die so schleunige Uebersendung der CommunionBücher, die ich auch beynahe alle verbraucht – Eine Reise aber nach Hagen, wo ich (von mehreren reformirten Colonisten, denen die doppelte Reise Sonnabend zur Vorbereitung und dann den Sonntag zum AbendMahl zu beschwerlich ist – ersucht) das AbendMahl gehalten vor einer sehr zahlreichen Versammlung, indem die Neugier auch viele Lutheraner herbeygezogen – auch der gute alte Teichert, ehemals Cantor bey hiesiger großen Schule und jetzt Prediger in AltenSorge der auch diese Colonien zu curiren hat, war mit seiner Frau und Tochter unter meinen Zuhörern – und die Anzahl der Communicanten war 41. – dieß und anderweitige Zerstreuungen waren Ursach, warum ich nicht sogleich Ihren Brief beantwortet |
Von dem literarischen Angriff, der gegen Sie in der Neuen Allgemeinen Deutschen Bibliothek ergangen, ist mir noch nichts zu Gesicht gekomen, und aus Ihrem Briefe kann ich auch nicht sehen, gegen was für eine Schrift derselbe gerichtet. Sollten ihre Reden für denkende Leser jetzt erst da recensirt seyn, das wäre doch zu spät – oder betrifft es etwa einen Aufsatz im Athenäum. Es ist freylich schon seit geraumer Zeit unter uns Deutschen der Ausdruck „wieder ein Recensentenstreich“ zum Sprichwort geworden. Aber anjetzt treffen doch warlich manche Recensentenstreiche sehr ins Alberne
Jetzt ist seit dem 18ten unser Sohn hier, und wird zu Ende dieser Woche seinen Posten in Reppen antreten, und Mama wird nach dem Pfingstmarkt auch hin, um ihm seine Junggesellenwirthschaft etwas einzurichten. Sie wünschen daß die ChargenJura sich recht hoch belaufen mögen, und haben dabey gewiß zur Absicht, ihm eine recht einträgliche Stelle anzuwünschen. Er ist mit dem Betrag seiner Stelle ganz zufrieden, die auf 360 bis 380 rth. berechnet wird – aber für eine solche Stelle sind deucht mir doch 100 rth. als so hoch sich die Chargenjura nebst Stempelgebühr und annexis belaufen – fast ein bischen allzuviel. I
Und nun empfangen Sie auch meinen herzlichen Dank für das schöne Geschenk Ihrer Predigten, daß Sie Zueignung und Vorrede so geschickt mit einander verbunden haben, ist mir ganz recht. Die Predigt am Bettage las ich zuerst, da ich sie eben als ich aus der Kirche kam, erhielt, und hier fand ich eine ungemein große Uebereinstimmung in unseren Vorstellungen über diesen Gegenstand, die übrigen werde ich gewiß mit eben so viel Vergnügen durchlesen – Ihnen aber auch, weil Sie es verlangen, mein Urtheil darüber ganz unbefangen mittheilen. Heute war unser Feldprediger bey mir, der sie sich gleich ausbat und dem ich sie auch nicht abschlagen konnte. Da war es mir denn sehr angenehm, daß ich durch ihn auch aufs neue versichert ward, daß Sie noch gewiß diesen Sommer zu uns komen werden, ward aber fast böse auf ihn, als er mir sagte, wie er Sie ersucht, ihre Reise so einzurichten, daß Sie bey seinem Kleinen Gevatter stehn könnten – ich denke aber doch, Sie werden selbige deshalb nicht bis zum September aussetzen. Nein! nehmen Sie lieber die guten Sommertage mit, und kommen Sie hübsch bald nach glücklich zurückgelegten Festarbeiten – Jetzt ist ja die angenehmste Zeit im Garten und zum Spazierengehen An die Benike hat unser Sohn gleich heute die Predigten gebracht, und sobald Mademoiselle Kersten die seit 14 Tagen verreiset ist, und alle Tage wieder hier erwartet wird, ankommt, soll sie die ihrigen auch erhalten. |
den 3ten May Gestern früh ist unser Sohn mit vollem Gepäk nach Reppen abgegangen. Da Mademoiselle Kersten schon am Donnerstag von ihrer kleinen Reise zurückgekomen, so hat sie auch gestern schon ihre Predigten erhalten, und läßt für Ihr gütiges Andenken ganz ergebenst danken – Unsere liebe Benike wird sich wohl schon selbst, wie ich vermuthe, schriftlich bedankt haben; Sie hat mir so manches Vortrefliche von dem Inhalt ihrer Predigten gesagt, daß ich in der That verdrießlich bin, daß ich sie dem Feldprediger habe mitgegeben da ich jetzt so gute Zeit hätte, sie durchzulesen, wenigstens morgen pp denn jetzt eben soll ich in Gesellschaft gehen
den 5ten Hier stellen sich zu gleicher Zeit die Besoldungsquittwn- gen ein damit Sie solche nach Zeit und Umständen einholen laßen können. Das heutige Porto ziehen Sie hübsch ab, die letztübersandten zwey Dutzend Formulare werden Sie wohl von den 3 rtb. für Mademoiselle Kersten haben berichtigen können
Leben Sie recht wohl vielmals gegrüßt von Mama und komen Sie fein bald ich bin, wie Sie wissen
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Mein theuerster Neveu
Sehr gern hätte ich schon früher an Sie geschrieben, um Ihnen freundlichen Dank zu sagen für die so schleunige Uebersendung der CommunionBücher, die ich auch beynahe alle verbraucht – Eine Reise aber nach Hagen, wo ich (von mehreren reformirten Colonisten, denen die doppelte Reise Sonnabend zur Vorbereitung und dann den Sonntag zum AbendMahl zu beschwerlich ist – ersucht) das AbendMahl gehalten vor einer sehr zahlreichen Versammlung, indem die Neugier auch viele Lutheraner herbeygezogen – auch der gute alte Teichert, ehemals Cantor bey hiesiger großen Schule und jetzt Prediger in AltenSorge der auch diese Colonien zu curiren hat, war mit seiner Frau und Tochter unter meinen Zuhörern – und die Anzahl der Communicanten war 41. – dieß und anderweitige Zerstreuungen waren Ursach, warum ich nicht sogleich Ihren Brief beantwortet |
Von dem literarischen Angriff, der gegen Sie in der Neuen Allgemeinen Deutschen Bibliothek ergangen, ist mir noch nichts zu Gesicht gekomen, und aus Ihrem Briefe kann ich auch nicht sehen, gegen was für eine Schrift derselbe gerichtet. Sollten ihre Reden für denkende Leser jetzt erst da recensirt seyn, das wäre doch zu spät – oder betrifft es etwa einen Aufsatz im Athenäum. Es ist freylich schon seit geraumer Zeit unter uns Deutschen der Ausdruck „wieder ein Recensentenstreich“ zum Sprichwort geworden. Aber anjetzt treffen doch warlich manche Recensentenstreiche sehr ins Alberne
Jetzt ist seit dem 18ten unser Sohn hier, und wird zu Ende dieser Woche seinen Posten in Reppen antreten, und Mama wird nach dem Pfingstmarkt auch hin, um ihm seine Junggesellenwirthschaft etwas einzurichten. Sie wünschen daß die ChargenJura sich recht hoch belaufen mögen, und haben dabey gewiß zur Absicht, ihm eine recht einträgliche Stelle anzuwünschen. Er ist mit dem Betrag seiner Stelle ganz zufrieden, die auf 360 bis 380 rth. berechnet wird – aber für eine solche Stelle sind deucht mir doch 100 rth. als so hoch sich die Chargenjura nebst Stempelgebühr und annexis belaufen – fast ein bischen allzuviel. I
Und nun empfangen Sie auch meinen herzlichen Dank für das schöne Geschenk Ihrer Predigten, daß Sie Zueignung und Vorrede so geschickt mit einander verbunden haben, ist mir ganz recht. Die Predigt am Bettage las ich zuerst, da ich sie eben als ich aus der Kirche kam, erhielt, und hier fand ich eine ungemein große Uebereinstimmung in unseren Vorstellungen über diesen Gegenstand, die übrigen werde ich gewiß mit eben so viel Vergnügen durchlesen – Ihnen aber auch, weil Sie es verlangen, mein Urtheil darüber ganz unbefangen mittheilen. Heute war unser Feldprediger bey mir, der sie sich gleich ausbat und dem ich sie auch nicht abschlagen konnte. Da war es mir denn sehr angenehm, daß ich durch ihn auch aufs neue versichert ward, daß Sie noch gewiß diesen Sommer zu uns komen werden, ward aber fast böse auf ihn, als er mir sagte, wie er Sie ersucht, ihre Reise so einzurichten, daß Sie bey seinem Kleinen Gevatter stehn könnten – ich denke aber doch, Sie werden selbige deshalb nicht bis zum September aussetzen. Nein! nehmen Sie lieber die guten Sommertage mit, und kommen Sie hübsch bald nach glücklich zurückgelegten Festarbeiten – Jetzt ist ja die angenehmste Zeit im Garten und zum Spazierengehen An die Benike hat unser Sohn gleich heute die Predigten gebracht, und sobald Mademoiselle Kersten die seit 14 Tagen verreiset ist, und alle Tage wieder hier erwartet wird, ankommt, soll sie die ihrigen auch erhalten. |
den 3ten May Gestern früh ist unser Sohn mit vollem Gepäk nach Reppen abgegangen. Da Mademoiselle Kersten schon am Donnerstag von ihrer kleinen Reise zurückgekomen, so hat sie auch gestern schon ihre Predigten erhalten, und läßt für Ihr gütiges Andenken ganz ergebenst danken – Unsere liebe Benike wird sich wohl schon selbst, wie ich vermuthe, schriftlich bedankt haben; Sie hat mir so manches Vortrefliche von dem Inhalt ihrer Predigten gesagt, daß ich in der That verdrießlich bin, daß ich sie dem Feldprediger habe mitgegeben da ich jetzt so gute Zeit hätte, sie durchzulesen, wenigstens morgen pp denn jetzt eben soll ich in Gesellschaft gehen
den 5ten Hier stellen sich zu gleicher Zeit die Besoldungsquittwn- gen ein damit Sie solche nach Zeit und Umständen einholen laßen können. Das heutige Porto ziehen Sie hübsch ab, die letztübersandten zwey Dutzend Formulare werden Sie wohl von den 3 rtb. für Mademoiselle Kersten haben berichtigen können
Leben Sie recht wohl vielmals gegrüßt von Mama und komen Sie fein bald ich bin, wie Sie wissen
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch