Mein lieber Herr Neveu
Recht vielen Dank für die so schleunige Zusendung der Besoldungen. Sie müssen bey Herrn Köne zu einer glücklichen Stunde geschickt haben, oder er muß ganz besonders ihr Freund seyn. Aber das haben Sie nicht gut gemacht, daß Sie das Briefporto nicht abgezogen haben Auch Mademoiselle Kersten läßt sich vielmals bedanken. Für die auch ihr zugeschickte Predigten, glaube ich schon in meinem letzten ihre Danksagung für Ihr freundschaftliches Andenken Ihnen geschrieben zu haben. Daß Sie dieselben dem König oder seiner Gemalin nicht überschickt kann ich nicht mißbilligen, ohnerachtet es zum Ton unseres Zeitalters zu gehören scheint, denn es vergeht ja fast keine Woche, daß man nicht hier und da lieset, daß ein Prediger seine Predigten überreicht und ein allergnädigstes Danksagungsschreiben erhalten habe. Aber bey dieser Gelegenheit eine Frage: Was ist denn das für ein Einfall, daß H. eine Himelfahrtspredigt im neuen Jahrhundert 8 oder wohl gar 14 Tage vor Himelfahrt drucken ließ? Glaubt denn der Mann, daß das neue Jahrhundert auch auf dieses Fest einen Einfluß habe? |
Für die mancherley Neuigkeiten in Ecclesiasticis bin ich ebenfalls Ihnen sehr verbunden – über manches aber will ich mir noch einige Erläuterungen ausbitten. Welches sind denn wohl die Ursachen warum die Lindauer gegen Herrn Muzel eingekommen – haben sie etwa einen Andern gewünscht und sich etwa ein Wahlrecht (wie jetzt – bey den Lutherischen wenigstens – Mode zu werden scheint) anmaaßen wollen? Dann kann ich den Ort, wohin der bisherige Domkandidat Schmid kommen soll – ich weiß Sie haben mir einmal von einem Prediger, der aus dem Westphälischen wegen der Revolution seine Stelle verloren, aber ich kann den Ort nicht finden, ohnerachtet ich mehrere von ihren Briefen nachgesehen – so wie mir auch jetzt nicht [einfällt] wer an Herrn Stosch Stelle nach Crossen kommt
Und von Ihrer Prenzlowschen Reise haben Sie mir zwar manches geschrieben, jedoch das nicht, was mich am meisten interessirte, wer nemlich die Freunde sind, um derentwillen Sie eigentlich diese kleine Ausflucht unternomen – und dann wünschten wir auch wohl die Zeit ihrer Anherkunft etwas näher zu wissen. Bis zum September wollen Sie sie nicht aussetzen – das ist etwas, aber bis dahin sind noch 3 Monat, bald nach dem Fest reiset Mama nach Reppen | könnten Sie es so einrichten, daß Sie in der Zeit auch nach Reppen kämen, und dann mit meiner Frau und mir hieher führen? Und dann noch eine Bitte die französische WerderGemeinde hat gestern vor 8 Tage ihr Jubiläum bey welcher Gelegenheit eine kleine französische Schrift aber keine Predigt, sondern GeschichtsNachricht von der Werderschen Kirche die wünschte meine Frau wohl zu lesen – und so bitte ich Sie uns solche mitzubringen
Und nun muß ich für dießmal schließen denn ich muß nun an meine morgende Predigt denken[.] Wenn man so oft schon über jene Festmaterie gepredigt, so fält es – bey mir wenigstens – etwas [schwer] wieder eine neue Ansicht aufzufinden. Recht viele herzliche Empfehlungen an Herrn Vetter Reinhard mit den aufrichtigsten Versicherungen daß wir an seinen GroßVaterfreuden den herzlichsten Antheil nehmen
Viele Grüße von Mama[.] Laßen Sie bald wieder etwas von sich zu uns komen – oder komen Sie bald selbst. Ich bin wie Sie wissen, jederzeit
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Landsb a d. W. den 24ten May 1801
Recht vielen Dank für die so schleunige Zusendung der Besoldungen. Sie müssen bey Herrn Köne zu einer glücklichen Stunde geschickt haben, oder er muß ganz besonders ihr Freund seyn. Aber das haben Sie nicht gut gemacht, daß Sie das Briefporto nicht abgezogen haben Auch Mademoiselle Kersten läßt sich vielmals bedanken. Für die auch ihr zugeschickte Predigten, glaube ich schon in meinem letzten ihre Danksagung für Ihr freundschaftliches Andenken Ihnen geschrieben zu haben. Daß Sie dieselben dem König oder seiner Gemalin nicht überschickt kann ich nicht mißbilligen, ohnerachtet es zum Ton unseres Zeitalters zu gehören scheint, denn es vergeht ja fast keine Woche, daß man nicht hier und da lieset, daß ein Prediger seine Predigten überreicht und ein allergnädigstes Danksagungsschreiben erhalten habe. Aber bey dieser Gelegenheit eine Frage: Was ist denn das für ein Einfall, daß H. eine Himelfahrtspredigt im neuen Jahrhundert 8 oder wohl gar 14 Tage vor Himelfahrt drucken ließ? Glaubt denn der Mann, daß das neue Jahrhundert auch auf dieses Fest einen Einfluß habe? |
Für die mancherley Neuigkeiten in Ecclesiasticis bin ich ebenfalls Ihnen sehr verbunden – über manches aber will ich mir noch einige Erläuterungen ausbitten. Welches sind denn wohl die Ursachen warum die Lindauer gegen Herrn Muzel eingekommen – haben sie etwa einen Andern gewünscht und sich etwa ein Wahlrecht (wie jetzt – bey den Lutherischen wenigstens – Mode zu werden scheint) anmaaßen wollen? Dann kann ich den Ort, wohin der bisherige Domkandidat Schmid kommen soll – ich weiß Sie haben mir einmal von einem Prediger, der aus dem Westphälischen wegen der Revolution seine Stelle verloren, aber ich kann den Ort nicht finden, ohnerachtet ich mehrere von ihren Briefen nachgesehen – so wie mir auch jetzt nicht [einfällt] wer an Herrn Stosch Stelle nach Crossen kommt
Und von Ihrer Prenzlowschen Reise haben Sie mir zwar manches geschrieben, jedoch das nicht, was mich am meisten interessirte, wer nemlich die Freunde sind, um derentwillen Sie eigentlich diese kleine Ausflucht unternomen – und dann wünschten wir auch wohl die Zeit ihrer Anherkunft etwas näher zu wissen. Bis zum September wollen Sie sie nicht aussetzen – das ist etwas, aber bis dahin sind noch 3 Monat, bald nach dem Fest reiset Mama nach Reppen | könnten Sie es so einrichten, daß Sie in der Zeit auch nach Reppen kämen, und dann mit meiner Frau und mir hieher führen? Und dann noch eine Bitte die französische WerderGemeinde hat gestern vor 8 Tage ihr Jubiläum bey welcher Gelegenheit eine kleine französische Schrift aber keine Predigt, sondern GeschichtsNachricht von der Werderschen Kirche die wünschte meine Frau wohl zu lesen – und so bitte ich Sie uns solche mitzubringen
Und nun muß ich für dießmal schließen denn ich muß nun an meine morgende Predigt denken[.] Wenn man so oft schon über jene Festmaterie gepredigt, so fält es – bey mir wenigstens – etwas [schwer] wieder eine neue Ansicht aufzufinden. Recht viele herzliche Empfehlungen an Herrn Vetter Reinhard mit den aufrichtigsten Versicherungen daß wir an seinen GroßVaterfreuden den herzlichsten Antheil nehmen
Viele Grüße von Mama[.] Laßen Sie bald wieder etwas von sich zu uns komen – oder komen Sie bald selbst. Ich bin wie Sie wissen, jederzeit
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Landsb a d. W. den 24ten May 1801