Sehr werthgeschätzter Herr Neveu
Wir haben von einer Zeit zur andern auf Briefe von Ihnen geharret, aber leider! bisher noch immer vergebens. Die letzte Nachricht von Ihnen schrieb mir unser Sohn, der Sie bey seiner Durchreise zwar nicht besucht hat wegen der zu großen Entfernung, aber doch durch einen glücklichen Zufall bey seiner Abreise Sie in der Gegend vom Zeughause ansichtig worden ist und mit Ihnen gesprochen hat. Die arme gute Benike ist ganz trostlos und kann sich gar nicht beruhigen daß Sie – in sechs Wochen gar nicht an sie geschrieben haben. Ich habe sie zwar dadurch zu beruhigen versucht, daß ich nach dem Intelligenzblatt ihr versichert, daß Sie am Sonntag vor 8 Tagen wirklich gepredigt hätten aber auch diese Versicherung war fruchtlos. Seyen Sie denn ja doch so bald als möglich so gefällig, selbige aus dieser Verlegenheit zu retten. Sie ist ohnehin jetzt in mehr als einer Rücksicht sehr zu bemitleiden. Der gute Benike kränkelt wieder, geht zwar noch imer auf das Rathaus, klagt aber doch daß ihm das arbeiten sehr sauer werde; dazu kommt, daß hier Nachrichten sind, daß sein Bruder der BürgerMeister in Schoenfließ an der Auszehrung krank liege und wohl schwerlich davon komen werde. Da erwacht denn doch die fast verloschne, wenigstens bisher mir nicht sehr sichtbar oder merklich gewesene Bruderliebe, und was noch sonst bey einem von der Hypochondrie nicht ganz freyen für andere Gedanken und Vorstellungen erweckt werden mögen |
Hierbey erhalten Sie unsere Besoldungsquittungen zur gefälligen Besorgung, zugleich auch die Quittung von Mademoiselle Kersten die sich Ihnen bestens empfiehlt – ich habe diesmal nicht vergessen die Quittung gehörig zu attestiren[.] Wir schicken diesmal so früh, damit Sie nun die bequemste Zeit die Gelder einzuheben auswählen können
Neuigkeiten, die Sie interessiren könnten, wüßte ich von hier Ihnen nicht zu melden, außer etwa daß Doctor Lange den RegimentsChirurgus Riesenbeck beym Ober Colleio Medico verklagt[.] Ob er daran recht gethan, darüber sind die Meynungen noch etwas getheilt, viele welche die Sache nicht gehörig untersuchen und beurtheilen können, sind und bleiben der Meynung, daß doch nur Neid und Misgunst ihn zu dieser Anklage verleitet habe Den Feldprediger habe ich in langer Zeit nicht gesehen, er ist verreiset gewesen, ich weiß aber nicht wohin. Durch seine neuere Schrift über das Schulwesen hat er sich hier viel Feinde gemacht, und ich glaube er würde es sehr gern sehen, wenn er bald befördert würde. Wie stehts um die Sophienkirche? |
Von unserm Sohn soll ich Ihnen viele herzliche Grüße bestellen. Seine Rückreise hat er glücklich vollendet, weil er aber erst spät zu Mittag in Berlin eintraf, hat er sich dort fast gar nicht aufgehalten, daher auch niemanden besuchen können
Mama grüßet vielmals. Wir bitten alle recht sehr, daß Sie ja bald uns Nachricht von sich geben Ich bin und bleibe
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Landsb. a d. W. den 3ten Novb.
Wir haben von einer Zeit zur andern auf Briefe von Ihnen geharret, aber leider! bisher noch immer vergebens. Die letzte Nachricht von Ihnen schrieb mir unser Sohn, der Sie bey seiner Durchreise zwar nicht besucht hat wegen der zu großen Entfernung, aber doch durch einen glücklichen Zufall bey seiner Abreise Sie in der Gegend vom Zeughause ansichtig worden ist und mit Ihnen gesprochen hat. Die arme gute Benike ist ganz trostlos und kann sich gar nicht beruhigen daß Sie – in sechs Wochen gar nicht an sie geschrieben haben. Ich habe sie zwar dadurch zu beruhigen versucht, daß ich nach dem Intelligenzblatt ihr versichert, daß Sie am Sonntag vor 8 Tagen wirklich gepredigt hätten aber auch diese Versicherung war fruchtlos. Seyen Sie denn ja doch so bald als möglich so gefällig, selbige aus dieser Verlegenheit zu retten. Sie ist ohnehin jetzt in mehr als einer Rücksicht sehr zu bemitleiden. Der gute Benike kränkelt wieder, geht zwar noch imer auf das Rathaus, klagt aber doch daß ihm das arbeiten sehr sauer werde; dazu kommt, daß hier Nachrichten sind, daß sein Bruder der BürgerMeister in Schoenfließ an der Auszehrung krank liege und wohl schwerlich davon komen werde. Da erwacht denn doch die fast verloschne, wenigstens bisher mir nicht sehr sichtbar oder merklich gewesene Bruderliebe, und was noch sonst bey einem von der Hypochondrie nicht ganz freyen für andere Gedanken und Vorstellungen erweckt werden mögen |
Hierbey erhalten Sie unsere Besoldungsquittungen zur gefälligen Besorgung, zugleich auch die Quittung von Mademoiselle Kersten die sich Ihnen bestens empfiehlt – ich habe diesmal nicht vergessen die Quittung gehörig zu attestiren[.] Wir schicken diesmal so früh, damit Sie nun die bequemste Zeit die Gelder einzuheben auswählen können
Neuigkeiten, die Sie interessiren könnten, wüßte ich von hier Ihnen nicht zu melden, außer etwa daß Doctor Lange den RegimentsChirurgus Riesenbeck beym Ober Colleio Medico verklagt[.] Ob er daran recht gethan, darüber sind die Meynungen noch etwas getheilt, viele welche die Sache nicht gehörig untersuchen und beurtheilen können, sind und bleiben der Meynung, daß doch nur Neid und Misgunst ihn zu dieser Anklage verleitet habe Den Feldprediger habe ich in langer Zeit nicht gesehen, er ist verreiset gewesen, ich weiß aber nicht wohin. Durch seine neuere Schrift über das Schulwesen hat er sich hier viel Feinde gemacht, und ich glaube er würde es sehr gern sehen, wenn er bald befördert würde. Wie stehts um die Sophienkirche? |
Von unserm Sohn soll ich Ihnen viele herzliche Grüße bestellen. Seine Rückreise hat er glücklich vollendet, weil er aber erst spät zu Mittag in Berlin eintraf, hat er sich dort fast gar nicht aufgehalten, daher auch niemanden besuchen können
Mama grüßet vielmals. Wir bitten alle recht sehr, daß Sie ja bald uns Nachricht von sich geben Ich bin und bleibe
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Landsb. a d. W. den 3ten Novb.