Gdfr d 2t Jan. 1802.
Der Wechsel des Jahres ist vorüber und noch bin ich in Erwartung der mir verheißnen Briefe aus Berlin – ich hoffe aber Du werdest das vorige Jahr nicht beschloßen haben ohne auf jene ungeheure Epistel doch etwas zu erwiedern – auch sagtest Du selbst daß noch manches von denen vorigen übrig wäre.
Viel sehr viel habe ich die Zeit her an Dich gedacht – da ich bald nach Abgang meines leztern Gelegenheit fand – mich als wahre theilnehmende thätige Freundin meiner Pritwiz zu beweisen.
Den 8ten Februar Eine sehr lange Pause während welcher ich noch imer vergebens auf einen Brief von Dir gehoft habe – die Ursache meines Schweigens ist auch jezt noch nicht aus dem Grunde gehoben – denn ich leide seit dem 12ten Januar fast ununterbrochen an heftigen Reißen im Kopf – welches bei meinen kleinen Anstrengungen mit Fieber und Schwäche vergeselschaftet ist – ich brauche fast beständig – und fürchte mich schon im voraus auf den ApothekerZettel in Johany[;] der an Weinachten war 3 Reichsthaler – natürlich daß die fast unentbehrlichen KrankenBedürfniße halbjährlich eben so viel machen – doch wieder zu dem vorigen. Der kleine Moriz der wie Du weist bei den Großeltern erzogen wird – wurde 14 Tage vor Weinachten an einem Brustfieber sehr krank – die alte Mutter – die ohnedies sehr leidend ist – wurde an ihren Uebeln nun ganz betlägerig – so daß da die gröste Gefahr mit dem 9ten Tage mit Moriz vorüber war – mann nun fast noch | mehr in Sorgen wegen der alten von Pritwiz war – da hatte der theilnehmende Zuschauer mancherley mitzufühlen – bei gesunden oder erträglichen Tagen der Alten GroßMutter die außerordentliche Anstrengung mit welcher Sie den Moriz pflegte – und dann die große Zärtlichkeit meiner Lisette – deren mütterliche Aengstlichkeit in wahre Unthätigkeit ausartete – die hofnungslose Betrübniß des edlen von Pritwiz mit welcher Er den Sohn und die Mutter fast verzweifelnd hingab nicht zu fragen oder zu sehn sich getraute – bis er wirklich aus seinem lnern heraus wieder Hofnung schöpfen konte – sehr erbaulich war das patriarchalische Benehmen des alten von Pritwiz. Diese ganze Krankengeschichte traf eben wie unsre Weinachtsferien angiengen Lisette bat mich dem Moriz Bilder zu bringen – ich die ich nie dorthin gehe, überwand alle Bedenklichkeiten – und wurde dem Kleinen – der fast Niemanden außer seine Lieben leiden konte – unentbehrlich – so daß ich fast alle Tage einige Stunden dort zubrachte – und jezt da er wieder ganz munter ist – hat mich der liebe Junge in meiner Kränklichkeit schon einigemahl besucht – er hat für ein 8jähriges Kind viel Verstand – auch Wiz – ein vortrefliches Gedächtniß und sehr lebhafte VorstellungsKraft – sein Ansehen ist sehr ernsthaft – verbindet aber dabei ganz das liebhabende Wesen seiner Mutter[;] ob er künftig bei seinen Eltern erzogen – oder in eine Anstalt komen wird ist noch nicht entschieden – Ach! vielleicht gehn Sie Alle bald nach Oberschlesien. |
den 14ten Februar Seit gestern bin ich im Besiz des so sehnlich gewünschten Briefes – heute eile ich ihn zu beantworten – morgen muß der auf die Post um Dir meinen inigen Dank für den Bericht Deines jezigen Seins zu sagen, doch auch mit der Bitte die für mich gewiß so peinigend als sie Dir lästig werden muß – mir bald aus meiner Noth zu helfen – guter Bruder! es ist unmöglich daß Du Dich so in meine Laage hinein denken kanst in Ansehung des oeconomischen als wenn wir Uns nur eine halbe Stunde darüber sprechen könten, mein Vertrauen auf die Hülfe Gottes wenn ich oft keine 4 groschen Vorrath habe ist gewiß groß – auch habe ich schon auch in diesem Jahr manche Stillings Freuden (wenn Du dis verstehst) gehabt aber wenn ich schon kränklich bin – und ohnedis die alte Schuld 12 thaler im Laden steht, kan ich unmöglich auf neues conto nehmen – doch genug davon!
Eine Bemerkung erlaube mir ehe ich Deinen Brief beantworte, oder vielmehr eine Frage – mein Geschmiere ist gewiß seit einiger Zeit wieder fast ganz unleserlich – besonders auch da Deine Augen schmerzhaft sind ich schließe es daraus weil Du so mancher Dinge die sonst Dich sehr interreßirten gar nicht erwähnst – verschiednes, was mich betrift und wenn Du es lesen kanst Dein zartes sensorium gewiß ganz mit empfindet – und ach Theilnahme eines entfernten Freundes thut doch so wohl! Oder bin ich gar zu weitläuftig welches von jeher mein Fehler ist die Dinge nicht mit einer angenehmen Kürze vorzutragen – |
Das Ersehen mit Deinem Freund Hülsen – dem ich aus Deinen Erzählungen schon viel Achtung und Theilnahme geschenkt – hat mir viel Freude gemacht – ob ich dergleichen zwar schon lange nicht mehr genoßen und es auch nie ganz von der Art erfahren habe – so kann ich mich doch sehr in diese Gefühle hinein denken; Du schreibst von Ihm – „die Bewegung mit der Er von seiner Gattin spricht – wird ewig bleiben – aber sein Leben ist noch zerrißen – er hat noch keinen festen Punct“ Zum Gegenstük hiezu, oder wie soll ichs nennen, dient die Nachricht von Wenzels Verheiratung den 20ten vorigen Monats mit einer Fräulein von Wallenberg – die ich wirklich im ProvincialBlatt angezeichnet fand – ich kene auch diese – so wie die vorige Frau! das heist unsre Bekantschaft seit den Kinderjahren wurde bei ihrem Besuch vor 7 und vor 2 Jahren alhier wieder erneuert – eine 2te Verbindung habe ich zwar erwartet – aber jezt noch nicht – auch nicht mit, dieser, die ein recht liebenswürdiges Geschöpf ist – aber – nicht das gesezte – an sich haltende Wesen hat – Schade! daß es mir nicht so gut geworden, ihn, im Witwerstande zu sehen und zu sprechen – und in seiner Seele zu lesen – ich fürchte hier keinen Mißverstand – den ich freilich vor Menschen die mich weniger kenen als Du, vermuthen könte – vielleicht komen Sie dieses oder künftiges Jahr zum Besuche her – Julchen von Wallenberg ist auch musicalisch wie die gute Juschken – |
Den Besuch von Friedrich Schlegel – Deine Zuvorkommenheiten gegen Ihn das Belieben der Herz an Ihm – die Besorgniß gewißer Leute wegen des nachtheiligen Einflußes auf Dich – dis alles habe ich mir ausgemahlt – aber nichts ist mir so deutlich als die Lüken die Du diesesmahl auch mehr bemerkt und empfunden – desto wohlthätiger muste Dir der bald drauf erfolgte Besuch des sanften feinfühlenden und auch mir so behaglichen Willich sein, in deßen traulicher Nähe Du Dich jezt noch befindest – da Er am 19ten abreist und heute erst der 14te ist – denk ich mir Euch jezt es ist noch nicht 9 uhr Abends, bei der Herz – vielleicht auch bei Dir – nicht alle dergleichen Ersehen sind auf einen Schlag – also wird dieses wieder von andrer Art, als das in Prenzlau sein – vielleicht fließt aber doch die Seelen Harmonie wieder bei einem sanft ertönenden Clavier – in eins zusammen – die Herz schrieb Dir damals so allerliebst – so recht wie meine Aulock darüber – heut vor 14 Tagen las ich mir noch, diesen, und andre Deiner Briefe – Wenn alle diese Scenen wieder vorbei sind – dann schreibst Du mir doch recht ausführlich – und wenn es möglich – rüke doch einmahl eine mir faßliche Stelle von Schlegeln – oder sonst was schönes mit ein – vor Deiner Reise und Besuch hieher auf den ich mich mehr freue als Du Dir das denken kanst habe ich noch verschiednes Dir ins Andenken zu bringen – wovon ich freilich schon oft gesprochen habe. Nun gute Nacht – ich muß aufhören – das Spannen im Kopf wird imer schlimmer |
den 18ten Februar Von meiner Reise kan ich nichts bestimen weder hier dringender machen – noch mit Dir bereden – bis ich die Unterstützung der Hochbergen in Händen habe, die so viel ich weis mit ihrem Gemahl noch in Berlin ist – vor Ostern hoffe ich es zu erhalten – und dann werde ich mich gleich melden – und Dir dann auch die nötige Auskunft geben – hoffentlich wenn dem guten biedren Charles nichts dazwischen komt wird er zu Ostern hier sein worauf ich mich auch recht herzlich freue – diese Hofnung des Wiedersehns ist die nächste – denn wenn ich reisen soll und darf – glaube ich werde ich gleich im May – oder erst im Herbst reisen – Der guten Schlegeln ihre Kraftlosigkeit wird wohl darüber entscheiden denn die soll eine BadeCur und Reise, beides unternehmen – was die Comtesse Posadowsky nun da für Einrichtungen treffen wird steht dahin – ich finde mich in Alles wenn ich nur erst Geld hätte – für künftige Woche muß ich wenn ich mir nichts borgen will zu den unentbehrlichsten Ausgaben 1 Thaler für privat Schulen vorauszahlen laßen – beides ist mir höchst unangenehm – ach ich wolte ja nicht davon reden – und doch ist es eine höchst traurige Warheit daß ich seit geraumer Zeit, ohne das eigentliche Kostgeld 8 groschen die Woche — alle Wochen einen Gulden brauche – ohne Caffe Zuker – oder Wurst – auch Wein – alles dis wenn ich was brauche – ist noch besonders und mit allen meinen Privat Schulen habe ich nur 1 rth 4 groschen die Woche. |
Ob Du mich lieber Bruder – wirklich so finden wirst – so äußerst interressant wie Du mich Dir jezt ausmahlst, weis ich nicht – ich dächte Du stimtest Deine Erwartungen herunter – Du möchtest zu sehr getäuscht werden – daß mir aber bei aller meiner Schwächlichkeit der Unterricht mit der Jugend besonders mit den ganz Kleinen, mit denen ich die Woche 7 Stunden mich beschäftige sehr angenehm ist – und mich für manche so unangenehme tägliche Uebungen in meiner Stube reichlich schadlos hält – dient Dir auch zu theilnehmender Nachricht.
Deine Lenore die mir auf alle Art in jeder Rük und Hinsicht äußerst theilnehmend – bitte recht freundtschaftlich zu grüßen – wenn Du herkomst wirst Du vielleicht irgend jemand finden – die mit ihr auch nur dem äußern nach zu vergleichen ist. Erlaube mir hier einige Worte die mir auf Leonore und Schleiermacher sehr treffend so wie auf alle in ähnlichen Laagen und Empfindungen, „Nie habe ich vergeßen was Du mir so oft wiederholtest theurer Lehrer!! Daß die leisen heimlichen Tränen der Phantasie das Herz schwächer machen als die heftigste Leidenschaft. Diese erschütert das Herz ohne es zu schwächen, aber die Phantasie wiegt es in eine entnervende Bebung – und nimt ihm heimlich alle Waffen, das sagtest Du, und dennoch träume ich fort, troz den mutigsten Entschlüßen – die Rosenfeßeln meiner verderbenden Phantasie zu zerreißen“ – das weitere könte beleidigen – daß Du mir aber einfallen kontest findest Du doch wohl natürlich – und fühlest nichts widriges gegen Deine
Lotte.
Der Wechsel des Jahres ist vorüber und noch bin ich in Erwartung der mir verheißnen Briefe aus Berlin – ich hoffe aber Du werdest das vorige Jahr nicht beschloßen haben ohne auf jene ungeheure Epistel doch etwas zu erwiedern – auch sagtest Du selbst daß noch manches von denen vorigen übrig wäre.
Viel sehr viel habe ich die Zeit her an Dich gedacht – da ich bald nach Abgang meines leztern Gelegenheit fand – mich als wahre theilnehmende thätige Freundin meiner Pritwiz zu beweisen.
Den 8ten Februar Eine sehr lange Pause während welcher ich noch imer vergebens auf einen Brief von Dir gehoft habe – die Ursache meines Schweigens ist auch jezt noch nicht aus dem Grunde gehoben – denn ich leide seit dem 12ten Januar fast ununterbrochen an heftigen Reißen im Kopf – welches bei meinen kleinen Anstrengungen mit Fieber und Schwäche vergeselschaftet ist – ich brauche fast beständig – und fürchte mich schon im voraus auf den ApothekerZettel in Johany[;] der an Weinachten war 3 Reichsthaler – natürlich daß die fast unentbehrlichen KrankenBedürfniße halbjährlich eben so viel machen – doch wieder zu dem vorigen. Der kleine Moriz der wie Du weist bei den Großeltern erzogen wird – wurde 14 Tage vor Weinachten an einem Brustfieber sehr krank – die alte Mutter – die ohnedies sehr leidend ist – wurde an ihren Uebeln nun ganz betlägerig – so daß da die gröste Gefahr mit dem 9ten Tage mit Moriz vorüber war – mann nun fast noch | mehr in Sorgen wegen der alten von Pritwiz war – da hatte der theilnehmende Zuschauer mancherley mitzufühlen – bei gesunden oder erträglichen Tagen der Alten GroßMutter die außerordentliche Anstrengung mit welcher Sie den Moriz pflegte – und dann die große Zärtlichkeit meiner Lisette – deren mütterliche Aengstlichkeit in wahre Unthätigkeit ausartete – die hofnungslose Betrübniß des edlen von Pritwiz mit welcher Er den Sohn und die Mutter fast verzweifelnd hingab nicht zu fragen oder zu sehn sich getraute – bis er wirklich aus seinem lnern heraus wieder Hofnung schöpfen konte – sehr erbaulich war das patriarchalische Benehmen des alten von Pritwiz. Diese ganze Krankengeschichte traf eben wie unsre Weinachtsferien angiengen Lisette bat mich dem Moriz Bilder zu bringen – ich die ich nie dorthin gehe, überwand alle Bedenklichkeiten – und wurde dem Kleinen – der fast Niemanden außer seine Lieben leiden konte – unentbehrlich – so daß ich fast alle Tage einige Stunden dort zubrachte – und jezt da er wieder ganz munter ist – hat mich der liebe Junge in meiner Kränklichkeit schon einigemahl besucht – er hat für ein 8jähriges Kind viel Verstand – auch Wiz – ein vortrefliches Gedächtniß und sehr lebhafte VorstellungsKraft – sein Ansehen ist sehr ernsthaft – verbindet aber dabei ganz das liebhabende Wesen seiner Mutter[;] ob er künftig bei seinen Eltern erzogen – oder in eine Anstalt komen wird ist noch nicht entschieden – Ach! vielleicht gehn Sie Alle bald nach Oberschlesien. |
den 14ten Februar Seit gestern bin ich im Besiz des so sehnlich gewünschten Briefes – heute eile ich ihn zu beantworten – morgen muß der auf die Post um Dir meinen inigen Dank für den Bericht Deines jezigen Seins zu sagen, doch auch mit der Bitte die für mich gewiß so peinigend als sie Dir lästig werden muß – mir bald aus meiner Noth zu helfen – guter Bruder! es ist unmöglich daß Du Dich so in meine Laage hinein denken kanst in Ansehung des oeconomischen als wenn wir Uns nur eine halbe Stunde darüber sprechen könten, mein Vertrauen auf die Hülfe Gottes wenn ich oft keine 4 groschen Vorrath habe ist gewiß groß – auch habe ich schon auch in diesem Jahr manche Stillings Freuden (wenn Du dis verstehst) gehabt aber wenn ich schon kränklich bin – und ohnedis die alte Schuld 12 thaler im Laden steht, kan ich unmöglich auf neues conto nehmen – doch genug davon!
Eine Bemerkung erlaube mir ehe ich Deinen Brief beantworte, oder vielmehr eine Frage – mein Geschmiere ist gewiß seit einiger Zeit wieder fast ganz unleserlich – besonders auch da Deine Augen schmerzhaft sind ich schließe es daraus weil Du so mancher Dinge die sonst Dich sehr interreßirten gar nicht erwähnst – verschiednes, was mich betrift und wenn Du es lesen kanst Dein zartes sensorium gewiß ganz mit empfindet – und ach Theilnahme eines entfernten Freundes thut doch so wohl! Oder bin ich gar zu weitläuftig welches von jeher mein Fehler ist die Dinge nicht mit einer angenehmen Kürze vorzutragen – |
Das Ersehen mit Deinem Freund Hülsen – dem ich aus Deinen Erzählungen schon viel Achtung und Theilnahme geschenkt – hat mir viel Freude gemacht – ob ich dergleichen zwar schon lange nicht mehr genoßen und es auch nie ganz von der Art erfahren habe – so kann ich mich doch sehr in diese Gefühle hinein denken; Du schreibst von Ihm – „die Bewegung mit der Er von seiner Gattin spricht – wird ewig bleiben – aber sein Leben ist noch zerrißen – er hat noch keinen festen Punct“ Zum Gegenstük hiezu, oder wie soll ichs nennen, dient die Nachricht von Wenzels Verheiratung den 20ten vorigen Monats mit einer Fräulein von Wallenberg – die ich wirklich im ProvincialBlatt angezeichnet fand – ich kene auch diese – so wie die vorige Frau! das heist unsre Bekantschaft seit den Kinderjahren wurde bei ihrem Besuch vor 7 und vor 2 Jahren alhier wieder erneuert – eine 2te Verbindung habe ich zwar erwartet – aber jezt noch nicht – auch nicht mit, dieser, die ein recht liebenswürdiges Geschöpf ist – aber – nicht das gesezte – an sich haltende Wesen hat – Schade! daß es mir nicht so gut geworden, ihn, im Witwerstande zu sehen und zu sprechen – und in seiner Seele zu lesen – ich fürchte hier keinen Mißverstand – den ich freilich vor Menschen die mich weniger kenen als Du, vermuthen könte – vielleicht komen Sie dieses oder künftiges Jahr zum Besuche her – Julchen von Wallenberg ist auch musicalisch wie die gute Juschken – |
Den Besuch von Friedrich Schlegel – Deine Zuvorkommenheiten gegen Ihn das Belieben der Herz an Ihm – die Besorgniß gewißer Leute wegen des nachtheiligen Einflußes auf Dich – dis alles habe ich mir ausgemahlt – aber nichts ist mir so deutlich als die Lüken die Du diesesmahl auch mehr bemerkt und empfunden – desto wohlthätiger muste Dir der bald drauf erfolgte Besuch des sanften feinfühlenden und auch mir so behaglichen Willich sein, in deßen traulicher Nähe Du Dich jezt noch befindest – da Er am 19ten abreist und heute erst der 14te ist – denk ich mir Euch jezt es ist noch nicht 9 uhr Abends, bei der Herz – vielleicht auch bei Dir – nicht alle dergleichen Ersehen sind auf einen Schlag – also wird dieses wieder von andrer Art, als das in Prenzlau sein – vielleicht fließt aber doch die Seelen Harmonie wieder bei einem sanft ertönenden Clavier – in eins zusammen – die Herz schrieb Dir damals so allerliebst – so recht wie meine Aulock darüber – heut vor 14 Tagen las ich mir noch, diesen, und andre Deiner Briefe – Wenn alle diese Scenen wieder vorbei sind – dann schreibst Du mir doch recht ausführlich – und wenn es möglich – rüke doch einmahl eine mir faßliche Stelle von Schlegeln – oder sonst was schönes mit ein – vor Deiner Reise und Besuch hieher auf den ich mich mehr freue als Du Dir das denken kanst habe ich noch verschiednes Dir ins Andenken zu bringen – wovon ich freilich schon oft gesprochen habe. Nun gute Nacht – ich muß aufhören – das Spannen im Kopf wird imer schlimmer |
den 18ten Februar Von meiner Reise kan ich nichts bestimen weder hier dringender machen – noch mit Dir bereden – bis ich die Unterstützung der Hochbergen in Händen habe, die so viel ich weis mit ihrem Gemahl noch in Berlin ist – vor Ostern hoffe ich es zu erhalten – und dann werde ich mich gleich melden – und Dir dann auch die nötige Auskunft geben – hoffentlich wenn dem guten biedren Charles nichts dazwischen komt wird er zu Ostern hier sein worauf ich mich auch recht herzlich freue – diese Hofnung des Wiedersehns ist die nächste – denn wenn ich reisen soll und darf – glaube ich werde ich gleich im May – oder erst im Herbst reisen – Der guten Schlegeln ihre Kraftlosigkeit wird wohl darüber entscheiden denn die soll eine BadeCur und Reise, beides unternehmen – was die Comtesse Posadowsky nun da für Einrichtungen treffen wird steht dahin – ich finde mich in Alles wenn ich nur erst Geld hätte – für künftige Woche muß ich wenn ich mir nichts borgen will zu den unentbehrlichsten Ausgaben 1 Thaler für privat Schulen vorauszahlen laßen – beides ist mir höchst unangenehm – ach ich wolte ja nicht davon reden – und doch ist es eine höchst traurige Warheit daß ich seit geraumer Zeit, ohne das eigentliche Kostgeld 8 groschen die Woche — alle Wochen einen Gulden brauche – ohne Caffe Zuker – oder Wurst – auch Wein – alles dis wenn ich was brauche – ist noch besonders und mit allen meinen Privat Schulen habe ich nur 1 rth 4 groschen die Woche. |
Ob Du mich lieber Bruder – wirklich so finden wirst – so äußerst interressant wie Du mich Dir jezt ausmahlst, weis ich nicht – ich dächte Du stimtest Deine Erwartungen herunter – Du möchtest zu sehr getäuscht werden – daß mir aber bei aller meiner Schwächlichkeit der Unterricht mit der Jugend besonders mit den ganz Kleinen, mit denen ich die Woche 7 Stunden mich beschäftige sehr angenehm ist – und mich für manche so unangenehme tägliche Uebungen in meiner Stube reichlich schadlos hält – dient Dir auch zu theilnehmender Nachricht.
Deine Lenore die mir auf alle Art in jeder Rük und Hinsicht äußerst theilnehmend – bitte recht freundtschaftlich zu grüßen – wenn Du herkomst wirst Du vielleicht irgend jemand finden – die mit ihr auch nur dem äußern nach zu vergleichen ist. Erlaube mir hier einige Worte die mir auf Leonore und Schleiermacher sehr treffend so wie auf alle in ähnlichen Laagen und Empfindungen, „Nie habe ich vergeßen was Du mir so oft wiederholtest theurer Lehrer!! Daß die leisen heimlichen Tränen der Phantasie das Herz schwächer machen als die heftigste Leidenschaft. Diese erschütert das Herz ohne es zu schwächen, aber die Phantasie wiegt es in eine entnervende Bebung – und nimt ihm heimlich alle Waffen, das sagtest Du, und dennoch träume ich fort, troz den mutigsten Entschlüßen – die Rosenfeßeln meiner verderbenden Phantasie zu zerreißen“ – das weitere könte beleidigen – daß Du mir aber einfallen kontest findest Du doch wohl natürlich – und fühlest nichts widriges gegen Deine
Lotte.