den 31ten Januar
Das war eine rechte Freude, als am Montag endlich lieber Neveu Ihr längst ersehnter Brief eintraf, und der Almanach war Mütterchen um so angenehmer, da er so ganz unvermuthet ankam denn sie hatte schon geglaubt daß er wohl nicht eher als mit der Besoldung eintreffen würde. Daß der Besuch des Herrn Schlegel wohl die Ursach Ihres längeren Stillschweigens, hatte ich wohl vermuthet
Als ich in den Zeitungen las, daß Scholz in Spandau todt, dachten wir gleich an Sie ob diese Stelle so ganz in der Nähe von Berlin nicht für Sie. Aber es scheint wohl, daß sein bisheriger Adjunct gleich cum spe succedendi angestellt worden – Nun in Königsberg sind ja alle 3 Prediger ziemlich alt Braumüller der jüngste ist doch ein paar Jahr älter als ich, und Anders muß gewiß über 70 seyn – Aber nun ehe ich das übrige Ihres beantworte – eine Frage[.] Ist Ihnen eine Schrift bekannt: Monologen – Eine Neujahrsgabe. Ich werde vom Feldprediger der vielmals grüßen läßt, von Prediger Kieter und andern verschiedentlich gefragt: Ob Sie der Verfasser derselben? Ich habe bisher immer geantwortet daß Sie da Sie mir doch sonst Nachrichten von ihren Beschäftigungen gegeben, niemals von einer solchen Schrift mir das Geringste geschrieben – und werde auch stets bey dieser Aussage bleiben, auch wenn diese Schrift wirklich von Ihnen seyn sollte, und Sie etwa wünschten die Anonymität zu behaupten – Ist Sie aber nicht von Ihnen, und ist solche Ihnen bekannt, oder wißen Sie den | Verfasser, so zeigen Sie ihn mir gefälligst an, damit ich endlich einmal des Fragens los werde – in der Allgemeinen Literatur Zeitung habe ich jene Monologen, nicht recensirt gefunden, und mit der Allgemeinen Deutschen Bibliothek bin ich noch ziemlich zurück, da der XLVIIIte Band der neueste, den ich gelesen
Eben kommt Mama mit einer andern Frage: Obs wahr ist, daß Sie Bräutigam – und mit wem? – ich habe darauf geantwortet daß diese Nachricht vermuthlich auch zu den Klatschereyen und falschen Gerüchten, weshalb unser Landsberg so berühmt ist, gehöre, da der eine halb, der andre falsch hört, und dann gleich eine Geschichte bildet. Mama hatte auch die Benike deshalb befragt, weil sie glaubte, daß Sie ihr wohl schon dieß Geheimniß entdeckt haben würden; allein die Benike versicherte, daß sie nichts davon wisse, es auch gar nicht glaube
den 2ten Februar Für die Nachricht von der Schrift, an der Sie jetzt arbeiten, danke ich Ihnen verbindlichst, nur bedaure ich, daß Sie vielleicht sich allzusehr anstrengen, da Sie solche schon zu einer bestimmten Zeit zu liefern versprochen haben. Ich hätte gewünscht, daß Sie lieber gleich mit Eintritt des Frühjahrs hätten zu ihrer guten Schwester reisen können, deren anhaltende Unpäßlichkeit wir herzlich bedauern, und die sich wohl nach ihrem lieben Bruder gewiß recht sehnen wird – Sie würden dann eine kleine Erholung haben, und wenn Sie die Rückreise aus Schlesien über Landsberg machen wollten; so könnten Sie dann hier mit desto emsigerem Fleiß arbeiten, wozu ich Ihnen sehr gern den Aufenthalt bey uns anbiete und recht sehr darum ersuche, da Sie hier gewiß weit weniger gestört werden würden, als bey Beneckens |
Herr Benicke befindet sich jetzt Gottlob wieder ganz munter, ich konnte es mir gar nicht erklären, wie Sie darauf gekomen, daß die Nachricht von der Krankheit seines nunmehr verstorbenen Bruders Einfluß auf seine Hypochondrie gehabt – ich hatte wenigstens dazu auch nicht einmal einen entfernten Anlaß gegeben; denn ich erinnere mich noch sehr gut, was ich Ihnen von seiner Krankheit geschrieben habe
Am vorigen Sonntag ist hier in Schi[ra]s Hause eine zahlreiche Redoute gewesen, auf welcher mehr als 300 Masken. Daß wir nicht dabey waren, werden Sie leicht erachten, auch Kinder sind maskirt erschienen. Ueber diese wichtige Angelegenheit ward schon 3 Wochen vorher in allen Gesellschaften gesprochen, und bis jetzt wird noch davon erzählt.
Die gute Mademoiselle Kersten ist krank, klagt besonders daß sie nicht schlafen kann, auch keinen Appetit habe – Anfangs glaubte man daß es eine Anlage zur Brustwassersucht sey, welches mir jedoch, da sie so ruhig im Bette liegen kann, gar nicht wahrscheinlich ist. Mit Herrn D Stisser habe ich noch nicht darüber sprechen können
Hierbey empfehlen sich unsere Quittungen zur gütigen Besorgung. Benikens laßen sämtlich vielmals grüßen nebst Dr Stisser. Nach vielen freundschaftlichen Grüßen von Mama und unter herzlichen Wünschen bald erfreulichere Nachrichten von Ihrer lieben Schwester zu vernehmen, verbleibe jederzeit
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Landsb a. d W. den 6ten Febr. 1802.
Das war eine rechte Freude, als am Montag endlich lieber Neveu Ihr längst ersehnter Brief eintraf, und der Almanach war Mütterchen um so angenehmer, da er so ganz unvermuthet ankam denn sie hatte schon geglaubt daß er wohl nicht eher als mit der Besoldung eintreffen würde. Daß der Besuch des Herrn Schlegel wohl die Ursach Ihres längeren Stillschweigens, hatte ich wohl vermuthet
Als ich in den Zeitungen las, daß Scholz in Spandau todt, dachten wir gleich an Sie ob diese Stelle so ganz in der Nähe von Berlin nicht für Sie. Aber es scheint wohl, daß sein bisheriger Adjunct gleich cum spe succedendi angestellt worden – Nun in Königsberg sind ja alle 3 Prediger ziemlich alt Braumüller der jüngste ist doch ein paar Jahr älter als ich, und Anders muß gewiß über 70 seyn – Aber nun ehe ich das übrige Ihres beantworte – eine Frage[.] Ist Ihnen eine Schrift bekannt: Monologen – Eine Neujahrsgabe. Ich werde vom Feldprediger der vielmals grüßen läßt, von Prediger Kieter und andern verschiedentlich gefragt: Ob Sie der Verfasser derselben? Ich habe bisher immer geantwortet daß Sie da Sie mir doch sonst Nachrichten von ihren Beschäftigungen gegeben, niemals von einer solchen Schrift mir das Geringste geschrieben – und werde auch stets bey dieser Aussage bleiben, auch wenn diese Schrift wirklich von Ihnen seyn sollte, und Sie etwa wünschten die Anonymität zu behaupten – Ist Sie aber nicht von Ihnen, und ist solche Ihnen bekannt, oder wißen Sie den | Verfasser, so zeigen Sie ihn mir gefälligst an, damit ich endlich einmal des Fragens los werde – in der Allgemeinen Literatur Zeitung habe ich jene Monologen, nicht recensirt gefunden, und mit der Allgemeinen Deutschen Bibliothek bin ich noch ziemlich zurück, da der XLVIIIte Band der neueste, den ich gelesen
Eben kommt Mama mit einer andern Frage: Obs wahr ist, daß Sie Bräutigam – und mit wem? – ich habe darauf geantwortet daß diese Nachricht vermuthlich auch zu den Klatschereyen und falschen Gerüchten, weshalb unser Landsberg so berühmt ist, gehöre, da der eine halb, der andre falsch hört, und dann gleich eine Geschichte bildet. Mama hatte auch die Benike deshalb befragt, weil sie glaubte, daß Sie ihr wohl schon dieß Geheimniß entdeckt haben würden; allein die Benike versicherte, daß sie nichts davon wisse, es auch gar nicht glaube
den 2ten Februar Für die Nachricht von der Schrift, an der Sie jetzt arbeiten, danke ich Ihnen verbindlichst, nur bedaure ich, daß Sie vielleicht sich allzusehr anstrengen, da Sie solche schon zu einer bestimmten Zeit zu liefern versprochen haben. Ich hätte gewünscht, daß Sie lieber gleich mit Eintritt des Frühjahrs hätten zu ihrer guten Schwester reisen können, deren anhaltende Unpäßlichkeit wir herzlich bedauern, und die sich wohl nach ihrem lieben Bruder gewiß recht sehnen wird – Sie würden dann eine kleine Erholung haben, und wenn Sie die Rückreise aus Schlesien über Landsberg machen wollten; so könnten Sie dann hier mit desto emsigerem Fleiß arbeiten, wozu ich Ihnen sehr gern den Aufenthalt bey uns anbiete und recht sehr darum ersuche, da Sie hier gewiß weit weniger gestört werden würden, als bey Beneckens |
Herr Benicke befindet sich jetzt Gottlob wieder ganz munter, ich konnte es mir gar nicht erklären, wie Sie darauf gekomen, daß die Nachricht von der Krankheit seines nunmehr verstorbenen Bruders Einfluß auf seine Hypochondrie gehabt – ich hatte wenigstens dazu auch nicht einmal einen entfernten Anlaß gegeben; denn ich erinnere mich noch sehr gut, was ich Ihnen von seiner Krankheit geschrieben habe
Am vorigen Sonntag ist hier in Schi[ra]s Hause eine zahlreiche Redoute gewesen, auf welcher mehr als 300 Masken. Daß wir nicht dabey waren, werden Sie leicht erachten, auch Kinder sind maskirt erschienen. Ueber diese wichtige Angelegenheit ward schon 3 Wochen vorher in allen Gesellschaften gesprochen, und bis jetzt wird noch davon erzählt.
Die gute Mademoiselle Kersten ist krank, klagt besonders daß sie nicht schlafen kann, auch keinen Appetit habe – Anfangs glaubte man daß es eine Anlage zur Brustwassersucht sey, welches mir jedoch, da sie so ruhig im Bette liegen kann, gar nicht wahrscheinlich ist. Mit Herrn D Stisser habe ich noch nicht darüber sprechen können
Hierbey empfehlen sich unsere Quittungen zur gütigen Besorgung. Benikens laßen sämtlich vielmals grüßen nebst Dr Stisser. Nach vielen freundschaftlichen Grüßen von Mama und unter herzlichen Wünschen bald erfreulichere Nachrichten von Ihrer lieben Schwester zu vernehmen, verbleibe jederzeit
Ihr aufrichtig treuer Oheim
Stubenrauch
Landsb a. d W. den 6ten Febr. 1802.