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Friedrich Schleiermacher, Brenna de Lemos to Ehrenfried von Willich

B. d 28t. Febr 2.
Verzeih lieber Freund daß ich Dir Mittwoch nicht schrieb, und heute auch nur ein Paar Worte. Mittwoch wollte ich noch allerlei abwarten, und heute stehts sehr schlecht mit der Zeit. Leonore ist fest und brav. Ich schlug ihr, weil es mir Sack nicht sonderlich dringend machte in seiner Antwort, vor sie sollte bei ihrem Entschluß bleiben Stolpe aber wollte ich ausschlagen damit das Ganze weniger auffiele. Davon wollte sie nichts wissen sondern die ergriffene Idee fest halten und nun durch. Ich schrieb also Sack am Dienstag entscheidend, und weil er sich auf Einiges nicht einließ fügte ich hinzu, wenn es vielleicht etwas gäbe, was er lieber mündlich sagte, möchte er mir einen Wink geben, wann ich ihn besuchen sollte. Darauf lud er mich ein mir wie ehedem Donnerstag Abend ein freundschaftliches Butterbrodt gefallen [zu] lassen, und ich bin ordentlich dort gewesen. Alles war wie sonst und es war mir zu Muthe als wäre ich so lange verreist gewesen. Uebrigens wird wol in ein Paar Tagen das formelle entscheidende kommen. Leonore will ich soll nur ein Paar Wochen eher mein Amt verlaßen als ich abreise damit die Scheidung noch vor sich geht, und sie will diesen Sommer noch ihre Mutter bei sich haben. Dann soll ich so lange es nöthig ist in Stolpe allein bleiben. So ist es auch am vernünftigsten. Sie wird hier doch nicht ganz verlassen sein und soll auch mit Jette bis dahin noch auf | einen ordentlichen Fuß kommen. Aber Jette die Ärmste wird recht verlassen sein. Alexander wird als KammerDirektor nach Marienwerder versezt. Heute hat er es ihr gesagt. Nun denke Dir dieses beides so auf einmal und so plözlich. Es ist das härteste was der Armen begegnen konnte! Nimm Dich ihrer nur auch recht an, sie wird es brauchen. Mit ihrer Gesundheit ist es heute wieder gar nicht gut schon vor der Nachricht. Sie grüßt Dich herzlich Leonore auch. Deine Tablette und Petschaft habe ich Sara gegeben, die weiß immer Gelegenheiten und für die Post wüßte ich es nicht recht einzupaken. Empfiel mich der Gräfin; grüße Deinen Wilhelm und Wolf. – Alexander läßt Dir einige Complimente machen, und es thäte ihm leid daß er sich noch zulezt so heftiglich mit Dir gezankt hätte. Ich höre auf weil Brenna noch ein Paar Worte drunter schreiben will. Nächstens mehr.
[Brenna de Lemos:] Ich grüße Sie herzlich mein lieber Freund, danke für Ihren Gruß, und freue mich, daß Sie ein wenig lieb haben. Doch sagen Sie mir, wodurch ich Ihnen die letzte Tage lieber geworden bin? Nur Unbehülflichkeit war es von mir daß Sie mich die ersten Tage nicht schon lieber bekommen haben. Das klingt als ob ich mir auf meinen obigen Frage, selbst antworte, aber es ist doch nicht so.
Adieu.
B.
Metadata Concerning Header
  • Date: Sonntag, 28. Februar 1802
  • Sender: Friedrich Schleiermacher · , Brenna de Lemos
  • Recipient: Ehrenfried von Willich ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Prenzlau ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 5. Briefwechsel 1801‒1802 (Briefe 1005‒1245). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1999, S. 336‒337.

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