Gnädige Frau
Was sagen Sie dazu, daß Sie auf einmal den wohlbekannten kleinen Schleiermacher nach Stolpe bekommen? Schon eher würde ich Ihnen den Wunsch geäußert haben, daß es Ihnen einige Freude machen möchte: allein ich habe erst vor wenigen Tagen von einem pausbakigen Kadetten erfahren daß Sie Sich in Stolpe aufhalten; denn ich hatte mir, ich weiß nicht warum, fest eingebildet, Sie wären nach Breslau zurükgegangen. Wiewol es mir werth ist, Sie, gnädige Frau, dort zu finden, darf ich Ihnen nicht erst sagen. An einem mir ganz fremden Ort eine so alte Freundin der Meinigen wiederzusehen, die mich fast von den Kinderjahren her kennt, die mir mit Rath und That an die Hand gehen kann, und es auch gewiß gern wollen wird; das ist an sich gar eine vortrefliche Sache: und nebenbei giebt es mir eine gute Meinung von meinem | künftigen Bestimmungsort, daß Sie nicht abgeneigt gewesen sind, ihn zu Ihrem beständigen Aufenthalt zu wählen.
Mit dem guten Rath, theuerste gnädige Frau, können Sie immer gleich ein wenig den Anfang machen; ich wenigstens eile gleich Sie darum zu bitten, damit Sie sehen es ist mir ein rechter Ernst mich Ihrer Gewogenheit zu empfehlen. Ich weiß nicht ob Sie von meinen Verhältnissen in Stolpe genau unterrichtet sind und wissen, daß ich im ersten Jahre noch nicht einmal zum vollen Besiz meiner reichen Pfründe gelangen, sondern mich mit einer Entschädigung für das, was ich hier verliere begnügen muß. Deshalb und aus mehreren Gründen bin ich nun gar nicht gesonnen mir gleich eine ordentliche Oekonomie einzurichten, und da möchte ich Sie nun fragen, wie ich mich mit Essen und Aufwartung am wohlfeilsten bequemsten und sorglosesten einrichten könnte? Meine unmaaßgebliche Idee war, aus einem Speisehause zu essen, dergleichen es doch des Militairs wegen dort geben muß; und eben so auch mir einen verständigen Husaren der etwa bei einem Officier | gedient hat zum Aufwärter zuzulegen, und eine bejahrte Frau zu den nöthigsten weiblichen Diensten beide ohne sie als eigentliches Gesinde zu mir zu nehmen. Wollten Sie mir nun sagen, ob das so angeht, oder was Sie den dortigen Umständen nach für das Beste halten, das wäre eine vortrefliche Sache; und wenn Sie die Gnade haben wollten, Sich nach einem solchen dienstbaren Geschöpf, wie Sie es am Besten finden im Voraus etwas umzuthun, das wäre noch vortreflicher. Ein anderer Punkt, der mir sehr auf dem Herzen liegt, sind die Meublen. Die größeren bringe ich freilich mit, denn ich bin zu sehr an sie gewöhnt, um sie im Stiche zu lassen. Aber ein Duzend Stühle, und einige ordinaire Tische schlecht und recht, nicht zierlicher als sie sein müssen und nicht schlechter als sie sein dürfen, könnte ich die wohl dort gemacht bekommen? und hätten Sie vielleicht die große Gefälligkeit, sie mir zu bestellen, wenn ich verspräche mit Ihrer gütigen Ausrichtung vollkommen zufrieden und recht herzlich dankbar zu sein? Ein dritter Punkt, der mir so eben einfällt sind Betten. Wenn ich wüßte daß gute Federn dort beträchtlich wohlfeiler wären als hier, und leicht zu haben so hätte ich nicht üble Lust mir nur Inlette und Ueberzüge von hier | mitznehmen, um einen Bettsack und einigen Transport zu ersparen. würden Sie dies rathsam finden oder nicht? Das wenige Porzellan was ich brauche thue ich wohl am Besten mitzunehmen; aber wie mag es mit Gläsern und mit dem auch in meiner Junggesellenwirthschaft unentbehrlichen Küchengeräthe sein?
Sie sehen gnädige Frau, wenn ich mich auch sonst nicht sehr verändert habe, wie ich es denn nicht glaube, etwas unverschämt bin ich wenigstens geworden. Und doch füge ich noch eine unverschämte Bitte hinzu, nemlich mir Ihren gütigen Rath nicht lange vorzuenthalten, damit ich demselben gemäß noch hier meine Einrichtungen treffen kann: denn ich gedenke den 31ten Mai von hier abzureisen und mein kleines Gepäk wird sich wohl noch vierzehn Tage früher auf den Weg machen müssen. Fände ich in Ihrer Antwort außer den Versicherungen Ihrer Güte und Gewogenheit irgend einen Auftrag, den Sie hier ausgerichtet wünschten, so würde ich mich unendlich freuen Ihnen auch irgend einen kleinen Dienst leisten zu können. Es fehlt mir nicht an guten Freundinnen, die auch weibliche Angelegenheiten vortreflich besorgen würden. Ich würde mir lächerlich vorkommen gnädige Frau, wenn ich Sie bitten wollte mir meine Dreistigkeit zu verzeihen denn ich hoffe ja Sie sollen weit mehr thun als mir verzeihen. Aber um Ihre Gewogenheit und Freundschaft bitte ich Sie nochmals sehr dringend, und versichere Sie der vollkommensten Hochachtung
Ihres
ganz unterthänigen Dieners
Schleiermacher
Berlin d. 12t. Apr. 1802.
Was sagen Sie dazu, daß Sie auf einmal den wohlbekannten kleinen Schleiermacher nach Stolpe bekommen? Schon eher würde ich Ihnen den Wunsch geäußert haben, daß es Ihnen einige Freude machen möchte: allein ich habe erst vor wenigen Tagen von einem pausbakigen Kadetten erfahren daß Sie Sich in Stolpe aufhalten; denn ich hatte mir, ich weiß nicht warum, fest eingebildet, Sie wären nach Breslau zurükgegangen. Wiewol es mir werth ist, Sie, gnädige Frau, dort zu finden, darf ich Ihnen nicht erst sagen. An einem mir ganz fremden Ort eine so alte Freundin der Meinigen wiederzusehen, die mich fast von den Kinderjahren her kennt, die mir mit Rath und That an die Hand gehen kann, und es auch gewiß gern wollen wird; das ist an sich gar eine vortrefliche Sache: und nebenbei giebt es mir eine gute Meinung von meinem | künftigen Bestimmungsort, daß Sie nicht abgeneigt gewesen sind, ihn zu Ihrem beständigen Aufenthalt zu wählen.
Mit dem guten Rath, theuerste gnädige Frau, können Sie immer gleich ein wenig den Anfang machen; ich wenigstens eile gleich Sie darum zu bitten, damit Sie sehen es ist mir ein rechter Ernst mich Ihrer Gewogenheit zu empfehlen. Ich weiß nicht ob Sie von meinen Verhältnissen in Stolpe genau unterrichtet sind und wissen, daß ich im ersten Jahre noch nicht einmal zum vollen Besiz meiner reichen Pfründe gelangen, sondern mich mit einer Entschädigung für das, was ich hier verliere begnügen muß. Deshalb und aus mehreren Gründen bin ich nun gar nicht gesonnen mir gleich eine ordentliche Oekonomie einzurichten, und da möchte ich Sie nun fragen, wie ich mich mit Essen und Aufwartung am wohlfeilsten bequemsten und sorglosesten einrichten könnte? Meine unmaaßgebliche Idee war, aus einem Speisehause zu essen, dergleichen es doch des Militairs wegen dort geben muß; und eben so auch mir einen verständigen Husaren der etwa bei einem Officier | gedient hat zum Aufwärter zuzulegen, und eine bejahrte Frau zu den nöthigsten weiblichen Diensten beide ohne sie als eigentliches Gesinde zu mir zu nehmen. Wollten Sie mir nun sagen, ob das so angeht, oder was Sie den dortigen Umständen nach für das Beste halten, das wäre eine vortrefliche Sache; und wenn Sie die Gnade haben wollten, Sich nach einem solchen dienstbaren Geschöpf, wie Sie es am Besten finden im Voraus etwas umzuthun, das wäre noch vortreflicher. Ein anderer Punkt, der mir sehr auf dem Herzen liegt, sind die Meublen. Die größeren bringe ich freilich mit, denn ich bin zu sehr an sie gewöhnt, um sie im Stiche zu lassen. Aber ein Duzend Stühle, und einige ordinaire Tische schlecht und recht, nicht zierlicher als sie sein müssen und nicht schlechter als sie sein dürfen, könnte ich die wohl dort gemacht bekommen? und hätten Sie vielleicht die große Gefälligkeit, sie mir zu bestellen, wenn ich verspräche mit Ihrer gütigen Ausrichtung vollkommen zufrieden und recht herzlich dankbar zu sein? Ein dritter Punkt, der mir so eben einfällt sind Betten. Wenn ich wüßte daß gute Federn dort beträchtlich wohlfeiler wären als hier, und leicht zu haben so hätte ich nicht üble Lust mir nur Inlette und Ueberzüge von hier | mitznehmen, um einen Bettsack und einigen Transport zu ersparen. würden Sie dies rathsam finden oder nicht? Das wenige Porzellan was ich brauche thue ich wohl am Besten mitzunehmen; aber wie mag es mit Gläsern und mit dem auch in meiner Junggesellenwirthschaft unentbehrlichen Küchengeräthe sein?
Sie sehen gnädige Frau, wenn ich mich auch sonst nicht sehr verändert habe, wie ich es denn nicht glaube, etwas unverschämt bin ich wenigstens geworden. Und doch füge ich noch eine unverschämte Bitte hinzu, nemlich mir Ihren gütigen Rath nicht lange vorzuenthalten, damit ich demselben gemäß noch hier meine Einrichtungen treffen kann: denn ich gedenke den 31ten Mai von hier abzureisen und mein kleines Gepäk wird sich wohl noch vierzehn Tage früher auf den Weg machen müssen. Fände ich in Ihrer Antwort außer den Versicherungen Ihrer Güte und Gewogenheit irgend einen Auftrag, den Sie hier ausgerichtet wünschten, so würde ich mich unendlich freuen Ihnen auch irgend einen kleinen Dienst leisten zu können. Es fehlt mir nicht an guten Freundinnen, die auch weibliche Angelegenheiten vortreflich besorgen würden. Ich würde mir lächerlich vorkommen gnädige Frau, wenn ich Sie bitten wollte mir meine Dreistigkeit zu verzeihen denn ich hoffe ja Sie sollen weit mehr thun als mir verzeihen. Aber um Ihre Gewogenheit und Freundschaft bitte ich Sie nochmals sehr dringend, und versichere Sie der vollkommensten Hochachtung
Ihres
ganz unterthänigen Dieners
Schleiermacher
Berlin d. 12t. Apr. 1802.